Mittwoch, 30. Juli 2014

Tag 77: Moissac - Saint Antoine de-Pont-d'Arratz

Mein Tag begann mit einem Blick aus dem Zelt und der Erkenntnis, dass heute Nacht eine Schnecke über jeden der vier Schuhe gekrochen war und eine schleimige Spur hinterlassen hatte. Haben Schnecken nachts oder am frühen Morgen nichts Besseres zu tun?!

Wir packten unsere Sachen und liefen gemeinsam mit Lydia hinunter zur Kirche, um sie von innen ausgiebiger als gestern zu besichtigen, da hatte es nur für einen kurzen Blick gereicht, weil sie geschlossen wurde.

Danach liefen wir noch ein paar Meter gemeinsam und dann mussten wir uns von Lydia verabschieden. Johannes und ich verließen die Stadt und wanderten in den nächsten Stunden am Kanal entlang.
Diese Variante gefiel uns besser, weil sie etwas kürzer war und sich Anstiege spart. Zudem mögen wir Wasser.
Es war eine hübsche Strecke, die gemütlich zu laufen war.
Irgendwann verließen wir den Kanal und mussten ein paar Kilometer auf der Landstraße laufen. Wir kamen nach Espalais, wo am Ortseingang eine Herberge steht, in der man auch Pause machen darf. Wir schauten uns um und ich wäre am Liebsten gleich dort geblieben. Es war so gemütlich! Sofas, viel Holz, schöne Dekoration und großer Garten, mit Liegestühlen und einer Schaukel am Baum. 
Es war aber erst 14 Uhr und Johannes wollte noch weiter. Also machten wir uns bald wieder auf den Weg und kletterten den Berg nach Auvillar hinauf.

Dieser Ort gehört, es wird niemanden überraschen, zu den schönsten Orten Frankreichs. Und anscheinend muss ein Ort auf dem Berg liegen, um in diese Liste aufgenommen zu werden.
Der Ort erwies sich tatsächlich als sehr hübsch und wir gönnten uns eine Packung Mars-Eis und eine Flasche Cola.
Mir fiel ein winziges Stück Schokolade vom Eis auf die Stufe der Treppe und dieses rief in wenigen Minuten eine ganze Meute Ameisen auf den Plan, die ich lange beobachtete und ein paar Tropfen Cola spendierten wir ihnen auch noch.

Eine Gruppe Rentner lief an uns vorbei und fragte, ob wir Pilger seien. Als sie erfuhren, dass wir in Deutschland gestartet sind, wollten sie wissen, wie es unseren Füßen geht und dass wir keine Blasen haben konnten sie kaum glauben. Ich streckte ihnen stolz beide Füße entgegen, denn für mich ist es immer wieder ein Wunder, dass ich nach all den vielen Blasen auf den letzten Wegen blasenfrei laufen kann.
Aber damit keiner denkt, die Reise sei ein leichter Spaziergang, zeigte ich noch dramatisch auf mein aufgeschürftes Knie. 

Wir setzten unseren Weg fort und liefen nur kurz über Waldwege, danach leider Ewigkeiten auf und ab über Asphalt an der Landstraße entlang und in der prallen Sonne. Kein Geschenk.
Nach gefühlten 3 Stunden kamen wir endlich in Saint Antoine de-Pont-d'Arratz an und liefen zur Herberge L'oustal, in der man für 5€ zelten kann. Das ist der übliche Preis, wenn man an den Gites sein Zelt aufstellen möchte.
Wir wurden freundlich empfangen, bekamen ein Glas Wasser mit Sirup und checkten ein.
Ob wir auch duschen wollen, fragte uns die Frau. Bien sur Madame, wer will das nicht? Lächelnd sagte sie uns, dass das dann 5€ extra sind - pro Person! Wir lehnten (unsererseits nicht mehr so lächelnd) die Dusche ab und erfuhren, dass wir zusammen nur 5€ für die Übernachtung zahlen. Das hatten wir nicht verstanden, aber es brachte uns auch nicht dazu, 10€ für zwei Duschen zu zahlen.

In Garten zeltete bereits eine Familie, die mit Fahrrädern und 4 Kindern unterwegs ist. Der Zweitjüngste war etwa 4 Jahre alt und kam sofort strahlend herüber, um mit mir zu kuscheln. Er hat das Downsyndrom und schert sich nicht darum, ob ich verschwitzt bin, wo ich herkomme und überhaupt. Aber er entdeckte meine Wunde am Knie und pustete. Als ich Scrat aus den Rucksack zog, nahm er ihn in die Hand und stupste Scrats Nase gegen das Knie. Er pustete alle Schmerzen weg, bis seine Eltern ihn zurückholten.

Neben der Herberge ist ein Friedhof und da es dort fast immer einen Wasserhahn gibt, wuschen wir uns dort. Pah, ihr Herbergsleute, mit uns macht ihr so etwas nicht.

Frisch gewaschen liefen wir in das Dorf zurück und schauten uns die Kirche an, die ungewöhnlich aussah, fast etwas orientalisch und sie war wunderschön.
Den Rest des Abends lagen wir im Gras, genossen das schöne Wetter und gingen irgendwann schlafen, die Sonnenblumen neben uns hatten auch schon ihre Köpfe gesenkt und schliefen.

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