Sonntag, 27. Juli 2014

Tag 74: Cahors - Lascabanes

Da wir uns heute morgen noch etwas in Cahors umschauen wollten, brachen Johannes und ich zeitig auf. Immerhin mussten wir noch eine gute halbe Stunde bis in die Stadt laufen.
Alles lag noch im Nebel und die Morgenluft war frisch. So etwas hat seinen ganz eigenen Zauber.
In Cahors trafen wir Lydia und wir gingen noch einmal in die gute Boulangerie-Patisserie von gestern.  Die Törtchen standen schon bereit und wir hätten gern wieder welche gekauft... Ich entdeckte eine große Tüte mit Backwaren vom Vortag für 2€ und die nahmen wir gern. Es war eine ganze Menge drin und alles schmeckte herrlich. 
Wir verließen die Stadt über die alte Brücke, für die Cahors bekannt ist (sie ist auf jeder Postkarte). Dahinter mussten wir einen sehr steilen Anstieg bewältigen.  Beim Blick nach oben sah es fast senkrecht aus. Der Abschnitt nannte sich verheißungsvoll "passage sportif".
Es ging mächtig schweißtreibend nach oben über hohe Stufen und ein Ende war vorerst nicht in Sicht. Aber immer wieder konnten wir zurückblicken und die Sicht auf Cahors und die hübsche Brücke genießen.  Die Ausblicke werden ja glücklicherweise immer schöner,  je höher man kommt.
Bald waren wir dann oben und liefen ein Stück auf der Höhe. Danach schnell ging es bergab bis ganz nach unten, um den nächsten Berg wieder voll mitnehmen zu können.  Es war ein auf und ab.
In Les Matthieux gibt es eine Herberge, die einen Picknickplatz mit Wasserstelle für Pilger bereithält. Hier ist eine Tafel angebracht mit Höhenprofil und Entfernungen bis nach St.-Jean-pied-de-Port.
Den Höhenprofilen, die wir so sehen, vertrauen wir schon lange nicht mehr,  aber wenn es einigermaßen hinkommt,  dann laufen wir auch weiterhin viel auf und ab.
Die nächsten 4 km ging es jedenfalls ordentlich bergauf, über Schotterwege und in der prallen Sonne.
Heute gab sich die Sonne wieder alle Mühe,  uns zu beweisen, dass es in Südfrankreich sehr wohl heiß sein kann.
(Hoppla, Südfrankreich!  Das klingt ziemlich weit weg! Wir sind doch in Nordrhein-Westfalen gestartet!)
Wir flüchteten im nächsten Ort unter einen Baum,  der seinen Schatten großzügig auf die Wiese warf. Ein Hund gesellte sich zu uns und hoffte, etwas von unserem Essen zu bekommen. 
Den Rest des Tages liefen wir über helle und steinige Wege zwischen Bäumen in karger Landschaft (Wald wäre übertrieben) und unzählige Zikaden machten einen unbeschreiblichen Lärm!
Seit einiger Zeit sitzen sie schon am Wegesrand und feuern die Pilger an und manchmal sind sie wirklich ungemütlich laut.
Wir erreichten Lascabanes relativ spät,  da wir hier und da noch kleine Päuschen einlegten. Die erste Gite im Ort hatte einen schönen großen Garten und wir durften hier zelten.  Lydia musste leider zur anderen Gite (wo wir nicht zelten durften, weil die Bäder den Zimmern angeschlossen sind und wir dann ja in ein Zimmer reinmüssten...) und auf einer Liege in der Küche schlafen,  da alles Andere belegt war. Sie hatte dort erst am Nachmittag angerufen und zum Glück war der Platz in der Küche da noch frei.
Wir verabredeten uns für 19 Uhr, um gemeinsam zu essen.
Wir suchten uns einen schönen Platz für das Zelt, ich streichelte die Hunde, die am Nachbarbaum an langen Ketten angebunden waren und zwei Opis jenseits der 90 saßen auf Plastikstühlen im Garten und als einer der beiden hörte,  dass ich aus Deutschland komme, fing er an, über Hitler zu reden. Der andere Opi schlug sich die Hand vor den Kopf und bat ihn, aufzuhören.
Die Duschen waren angenehm, endlich konnte ich die Klamotten mal sicher ablegen und musste nicht  (wie auf den Campingplätzen) alles auf wenige Haken verteilen und aufhängen. Außerdem zog hier auch kein kühler Wind durch.

Im Flur stand ein gemütliches Sofa,  es gab Internet und kalte Getränke,  die wir uns trotz der hohen Preise gönnten,  denn wir schlafen hier für nur 3€.
Wir fanden einen großen toten Käfer mit langen Fühlern auf der Wiese, den wir zur Begrüßung auf Lydias Platz legten, als wir uns an dem Tisch vor ihrer Herberge installierten.
Als sie kam, warf sie nur einen kurzen Blick auf das Monster und sagte "aha, das ist aber nett". Schade, dass sie nicht geschrien hat und auf den Tisch gesprungen ist,  das wäre lustig gewesen. 
Wir teilten unsere Habseligkeiten, aßen uns satt und ließen den Abend auf den gemütlichen Stühlen ausklingen.
Die Abende auf dem Camino entschädigen für alles, was einen am Tage auch immer aufregen mag.  Anstrengende Auf- und Abstiege, Regen,  hässliche Industriegebiete oder stundenlanges wandern unter der prallen Sonne.  Die Abende sind einfach schön!

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