Mittwoch, 31. August 2022

Wie viel kostet der Camino?

Eine Frage, die sich viele Pilger vor ihrer ersten Reise stellen ist: 


Wie viel kostet der Camino eigentlich?


Allgemeingültig lässt sich das natürlich nicht beantworten, aber ich habe mal zusammengefasst, welche Erfahrung ich gemacht habe und was Ich weiß:


Ich sehe dieses Thema vor Allem als Anlaufstelle für angehende Pilger, hier können also gern Fragen gestellt sowie eigene Erfahrungen ergänzt werden. Denn das hier sind ja nur meine Erfahrungen und hier wurden ja schon unzählige Caminos beschritten. 


Meinen ersten Camino lief ich 2012 als Studentin. Kurz vor der Abreise bekam ich noch eine unerwartete Rechnung meiner Krankenkasse, weil ich durch zu viel Einspringen auf der Arbeit meinen Rahmen gesprengt hatte und satte 800€ nachzahlen musste. Somit war mehr als mein komplettes Budget kurz vor meiner Reise einfach verloren. Hätte ich die An- und Abreise nicht schon gebucht und bezahlt gehabt und nicht so viel Geld in Ausrüstung investiert wäre ich wohl zu Hause geblieben. Inzwischen bin ich ausgelernt, habe eine Festanstellung in Vollzeit und verdiene genug um meinen Camino zu gestalten wie ich möchte, ohne im Urlaub groß auf das Geld achten zu müssen, weil es im Budget ist.


Will sagen: Ich habe fast alles durch und kann glaube ich ganz gut einschätzen, wie man vor allem mit kleinem Budget pilgern kann, denn ich erlebe immer wieder, dass meine Mitmenschen kaum glauben können mit wie wenig Geld man auskommen kann, wenn man es muss oder möchte. Zudem habe ich aus meiner Studentenzeit eine kleine Macke beibehalten: Ich notiere bei fast jedem Camino die Kosten, um zu wissen wie viel der Weg gekostet hat. 


Vorab:

 

Zu den Kosten des Jakobswegs zählt natürlich nicht nur das Geld, das man auf dem Weg ausgibt, sondern auch die An- und Abreise sowie die Ausrüstung. Vor dem ersten Weg kann man Unmengen an Geld für Rucksack, Schuhe, Wandersocken, Schlafsack, Funktionskleidung, Regenschutz, Ultraleichtausrüstung, Jacke, Merinowäsche und so weiter ausgeben (nach dem ersten Weg kann man dann wieder ganz viel Geld in die Optimierung der Ausrüstung stecken). Diese Posten lasse ich hier mal weg, ich beziehe mich nur auf die Kosten auf dem Weg (wenn man in Spanien/ Portugal läuft). 


Schlafen:


Wer wirklich auf das Geld achten muss steuert am Besten die öffentlichen Herbergen an. Diese kosten derzeit in der Regel 8€ pro Nacht. 

Es gibt zudem (oft kirchliche) Herbergen auf Spendenbasis (Donativo), in denen man selbst entscheidet wie viel man gibt. 


Aber bitte:

Das heißt nicht, dass man da kostenlos oder für ein paar Euro schlafen sollte, wenn man es sich leisten kann einen angemessenen Betrag zu geben!

Oft gibt es dort Abendessen und Frühstück und das sollte man dann auch entsprechend mitzahlen. 

Eine Donativo- Albergue ist deshalb aus meiner Sicht nur eingeschränkt zu empfehlen, weil man bei fairer Bezahlung deutlich mehr Geld zahlt als in einer öffentlichen Herberge.


Ich hatte auf meinem ersten Camino ja kaum Geld, aber auch ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht das zahlen konnte, was ich gern gegeben hätte. 

Trotzdem: Diese Herbergen sind auch genau dafür da ebensolche Pilger zu beherbergen die wenig Geld haben. Wenn du dazu gehörst nutze es. Die großzügigen Gäste tragen deinen Anteil mit.


Ich schreibe das so ausführlich, weil es ein sensibles Thema ist und die Hospitaleros und Hospitaleras in den Herbergen nach einer vollbesetzten Nacht nicht selten vor fast leeren Spendenkassen stehen, weil zu viele Pilger:innen geizig sind und sich auf eine kostenlose oder sehr günstige Übernachtung freuen. 


Private Herbergen kosten unterschiedlich viel. 10-15€ muss man hier schon einplanen. Es lohnt sich also vorher Informationen einzuholen (im Führer oder oder in einer App/ auf einer Internetseite). 


Da man in den öffentlichen und spendenbasierten Herbergen in der Regel kein Bett reservieren kann sollte man etwas Puffer einbauen für den Fall, dass man in eine teurere, private Herberge gehen muss. Wer also hauptsächlich in die öffentlichen Herbergen geht (auf einem Camino mit entsprechendem Herbergsnetz) kann in der Planung etwa 10€ pro Nacht ansetzen (Achtung: Santiago, Finisterre und Muxia sind teurer).


Wer auch mal in Einzel- oder Doppelzimmer in einer privaten Herberge oder in eine Pensionen möchte muss natürlich deutlich mehr einplanen. Da lässt sich keine genaue Zahl sagen, aber ich habe viele Angebote um 25€ gesehen.


Achtung: In Santiago ist alles teurer, auch die Unterkünfte. Es gibt zwar Herbergen, in denen man für 12-15€ schlafen kann, aber wenn die Stadt voll ist kann es schnell teurer werden. Also gilt es sich rechtzeitig um ein Bett zu kümmern oder etwas mehr Geld einzuplanen. 


Verpflegung am Tag: 


Wer auf sein Geld achten muss, der trinkt Wasser aus der Leitung und hat sein Essen im Rucksack. Baguette, Käse/Wurst, Obst, Nüsse, was man eben mag. Hierfür muss man regelmäßig Supermärkte und kleine Läden ansteuern (hier gilt: Supermärkte sind natürlich günstiger als der kleine Dorfladen) und seine Vorräte aufstocken. Wer mag packt hier auch ein Kaltgetränk für die Mittagspause ein (nur ist es dann meistens nicht mehr besonders kalt wenn man es trinken möchte). 

Auf meinem ersten Camino habe ich vielleicht 5x meine Cola in einer Bar gekauft, im Supermarkt kostete sie ja nur einen Bruchteil. 

Das Mittagessen kommt dann auch aus dem Rucksack. 


Es gibt aber auf den meisten Etappen Bars. Dort kann man morgens für in der Regel 2-3€ etwas essen und trinken. Mittags kann es schon mal etwas mehr werden, wenn man etwas "richtiges" essen möchte. 


Heutzutage habe ich keine Getränkedose mehr im Rucksack, weil ich sie lieber eiskalt in einer Bar kaufe (oder etwas warmes trinke), dafür verpflege ich mich weiterhin meistens aus meinem Rucksack und kaufe höchstens mal ein Croissant in der Bar. Ich esse tagsüber nicht so viel als dass ich eine Tortilla in der Mittagspause schaffen würde, ich mag dann lieber ein paar Nüsse oder so. Aber was ich so mitbekomme zahlt man für eine Tortilla, Empanada, ein Bocadillo, eine Suppe oder Salat in der Regel weniger als 5€.


Man kann seinen Pilgertag also sehr günstig halten: Mehr als 2€ muss einen die Verpflegung nicht kosten. Nach oben hin sind natürlich nur wenig Grenzen gesetzt, aber bei einer Vollverpflegung über Bars sind überschlagen 3€ zum Frühstück, 6€ zum Mittag und nochmal 5€ für Getränke (also 14€) in anderen Pausen vermutlich mehr als ausreichend angesetzt.


Essen nach dem Pilgertag:


Auf meinem ersten Camino Frances habe ich mich mit meinem Mitpilgern fast ausschließlich selbst versorgt. Wir waren genau 3x extern essen. 

2x davon weil wir es wollten, 1x weil unsere Vorräte leer waren, wir keinen Laden gefunden haben und es nur die Bar neben der Herberge gab.

Ansonsten haben wir gekocht oder kalte Küche gehabt: Man kauft Baguette, Aufschnitt, Getränke und worauf man noch Lust hat plus: Jeder kramt aus dem Rucksack raus, was er noch so hat. 


Wer essen geht findet fast überall Pilgermenüs. Diese kosten aktuell glaube ich zwischen 10 und 12€. Darin enthalten sind Vor-, Haupt- und Nachspeise plus eine Flasche Wein/ ein Alternativgetränk. 

Natürlich kann man auch etwas Anderes essen und das kann dann deutlich günstiger sein (zB eine Portion Pommes) oder natürlich teurer. 


Sonstige Kosten:


Es können verschiedene sonstige Kosten auf dem Camino auf die Pilger zukommen, diese lassen sich teilweise recht schwer vorher planen. 


Beispiele:

- Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr, um vom Flughafen oder Bahnhof zum Startpunkt und auch zum Rückreiseort zu kommen 

- Nahverkehrsticket oder Taxikosten, falls man unterwegs (aus welchen Gründen auch immer) mal nicht zu Fuß an sein Ziel kommen kann

- Ausgaben in einer Apotheke

- Eintrittsgelder in Kathedralen, Museen,...

- Souvenirs

- Ausrüstungsergänzung

- Kosten am Bankautomaten, wenn man neues Bargeld braucht

- Corona- Schnelltest, neues Desinfektionsmittel, Masken

- Bus nach Finisterre/ Muxia (hin oder hin und zurück)


Fazit:


Wie viel der Camino einen kostet ist also sehr individuell, aber durchaus planbar. 


Wenn du nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hast solltest du trotzdem mit mindestens 10-12€ pro Tag planen, damit du dir in Santiago auch noch ein Bett leisten kannst.


Um sich einen Überblick über die Übernachtungskosten zu verschaffen helfen verschiedene Medien: 

Reiseführer, Internetseiten wie gronze.com und booking.com, aber auch Apps wie "Camino Ninja" oder "Buen Camino". Dort findet man immer die aktuellen Preise der einzelnen Herbergen.


Die Preiseinschätzungen sind nur von mir, vielleicht melden sich hier auch Andere mit ganz anderen Erfahrungen. Ich übernehme natürlich auch keine Garantie dafür, dass man damit auf jeden Fall hinkommt. Bei mir und für mich hat es so gut geklappt. 

Zudem beziehen sich diese Einschätzungen auf Ende 2021. Wer das hier in 2 Jahren liest fragt sich vielleicht, wo es bitte eine Herbege für 8€ geben soll. Die Preise ändern sich natürlich.


P.S. September 2022:


Durch die Inflation und das verlängerte heilige Jahr kann es sein, dass die Preise spürbar angestiegen sind, dazu habe ich noch keine verlässlichen Informationen.