Mittwoch, 31. August 2022

Wie viel kostet der Camino?

Eine Frage, die sich viele Pilger vor ihrer ersten Reise stellen ist: 


Wie viel kostet der Camino eigentlich?


Allgemeingültig lässt sich das natürlich nicht beantworten, aber ich habe mal zusammengefasst, welche Erfahrung ich gemacht habe und was Ich weiß:


Ich sehe dieses Thema vor Allem als Anlaufstelle für angehende Pilger, hier können also gern Fragen gestellt sowie eigene Erfahrungen ergänzt werden. Denn das hier sind ja nur meine Erfahrungen und hier wurden ja schon unzählige Caminos beschritten. 


Meinen ersten Camino lief ich 2012 als Studentin. Kurz vor der Abreise bekam ich noch eine unerwartete Rechnung meiner Krankenkasse, weil ich durch zu viel Einspringen auf der Arbeit meinen Rahmen gesprengt hatte und satte 800€ nachzahlen musste. Somit war mehr als mein komplettes Budget kurz vor meiner Reise einfach verloren. Hätte ich die An- und Abreise nicht schon gebucht und bezahlt gehabt und nicht so viel Geld in Ausrüstung investiert wäre ich wohl zu Hause geblieben. Inzwischen bin ich ausgelernt, habe eine Festanstellung in Vollzeit und verdiene genug um meinen Camino zu gestalten wie ich möchte, ohne im Urlaub groß auf das Geld achten zu müssen, weil es im Budget ist.


Will sagen: Ich habe fast alles durch und kann glaube ich ganz gut einschätzen, wie man vor allem mit kleinem Budget pilgern kann, denn ich erlebe immer wieder, dass meine Mitmenschen kaum glauben können mit wie wenig Geld man auskommen kann, wenn man es muss oder möchte. Zudem habe ich aus meiner Studentenzeit eine kleine Macke beibehalten: Ich notiere bei fast jedem Camino die Kosten, um zu wissen wie viel der Weg gekostet hat. 


Vorab:

 

Zu den Kosten des Jakobswegs zählt natürlich nicht nur das Geld, das man auf dem Weg ausgibt, sondern auch die An- und Abreise sowie die Ausrüstung. Vor dem ersten Weg kann man Unmengen an Geld für Rucksack, Schuhe, Wandersocken, Schlafsack, Funktionskleidung, Regenschutz, Ultraleichtausrüstung, Jacke, Merinowäsche und so weiter ausgeben (nach dem ersten Weg kann man dann wieder ganz viel Geld in die Optimierung der Ausrüstung stecken). Diese Posten lasse ich hier mal weg, ich beziehe mich nur auf die Kosten auf dem Weg (wenn man in Spanien/ Portugal läuft). 


Schlafen:


Wer wirklich auf das Geld achten muss steuert am Besten die öffentlichen Herbergen an. Diese kosten derzeit in der Regel 8€ pro Nacht. 

Es gibt zudem (oft kirchliche) Herbergen auf Spendenbasis (Donativo), in denen man selbst entscheidet wie viel man gibt. 


Aber bitte:

Das heißt nicht, dass man da kostenlos oder für ein paar Euro schlafen sollte, wenn man es sich leisten kann einen angemessenen Betrag zu geben!

Oft gibt es dort Abendessen und Frühstück und das sollte man dann auch entsprechend mitzahlen. 

Eine Donativo- Albergue ist deshalb aus meiner Sicht nur eingeschränkt zu empfehlen, weil man bei fairer Bezahlung deutlich mehr Geld zahlt als in einer öffentlichen Herberge.


Ich hatte auf meinem ersten Camino ja kaum Geld, aber auch ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht das zahlen konnte, was ich gern gegeben hätte. 

Trotzdem: Diese Herbergen sind auch genau dafür da ebensolche Pilger zu beherbergen die wenig Geld haben. Wenn du dazu gehörst nutze es. Die großzügigen Gäste tragen deinen Anteil mit.


Ich schreibe das so ausführlich, weil es ein sensibles Thema ist und die Hospitaleros und Hospitaleras in den Herbergen nach einer vollbesetzten Nacht nicht selten vor fast leeren Spendenkassen stehen, weil zu viele Pilger:innen geizig sind und sich auf eine kostenlose oder sehr günstige Übernachtung freuen. 


Private Herbergen kosten unterschiedlich viel. 10-15€ muss man hier schon einplanen. Es lohnt sich also vorher Informationen einzuholen (im Führer oder oder in einer App/ auf einer Internetseite). 


Da man in den öffentlichen und spendenbasierten Herbergen in der Regel kein Bett reservieren kann sollte man etwas Puffer einbauen für den Fall, dass man in eine teurere, private Herberge gehen muss. Wer also hauptsächlich in die öffentlichen Herbergen geht (auf einem Camino mit entsprechendem Herbergsnetz) kann in der Planung etwa 10€ pro Nacht ansetzen (Achtung: Santiago, Finisterre und Muxia sind teurer).


Wer auch mal in Einzel- oder Doppelzimmer in einer privaten Herberge oder in eine Pensionen möchte muss natürlich deutlich mehr einplanen. Da lässt sich keine genaue Zahl sagen, aber ich habe viele Angebote um 25€ gesehen.


Achtung: In Santiago ist alles teurer, auch die Unterkünfte. Es gibt zwar Herbergen, in denen man für 12-15€ schlafen kann, aber wenn die Stadt voll ist kann es schnell teurer werden. Also gilt es sich rechtzeitig um ein Bett zu kümmern oder etwas mehr Geld einzuplanen. 


Verpflegung am Tag: 


Wer auf sein Geld achten muss, der trinkt Wasser aus der Leitung und hat sein Essen im Rucksack. Baguette, Käse/Wurst, Obst, Nüsse, was man eben mag. Hierfür muss man regelmäßig Supermärkte und kleine Läden ansteuern (hier gilt: Supermärkte sind natürlich günstiger als der kleine Dorfladen) und seine Vorräte aufstocken. Wer mag packt hier auch ein Kaltgetränk für die Mittagspause ein (nur ist es dann meistens nicht mehr besonders kalt wenn man es trinken möchte). 

Auf meinem ersten Camino habe ich vielleicht 5x meine Cola in einer Bar gekauft, im Supermarkt kostete sie ja nur einen Bruchteil. 

Das Mittagessen kommt dann auch aus dem Rucksack. 


Es gibt aber auf den meisten Etappen Bars. Dort kann man morgens für in der Regel 2-3€ etwas essen und trinken. Mittags kann es schon mal etwas mehr werden, wenn man etwas "richtiges" essen möchte. 


Heutzutage habe ich keine Getränkedose mehr im Rucksack, weil ich sie lieber eiskalt in einer Bar kaufe (oder etwas warmes trinke), dafür verpflege ich mich weiterhin meistens aus meinem Rucksack und kaufe höchstens mal ein Croissant in der Bar. Ich esse tagsüber nicht so viel als dass ich eine Tortilla in der Mittagspause schaffen würde, ich mag dann lieber ein paar Nüsse oder so. Aber was ich so mitbekomme zahlt man für eine Tortilla, Empanada, ein Bocadillo, eine Suppe oder Salat in der Regel weniger als 5€.


Man kann seinen Pilgertag also sehr günstig halten: Mehr als 2€ muss einen die Verpflegung nicht kosten. Nach oben hin sind natürlich nur wenig Grenzen gesetzt, aber bei einer Vollverpflegung über Bars sind überschlagen 3€ zum Frühstück, 6€ zum Mittag und nochmal 5€ für Getränke (also 14€) in anderen Pausen vermutlich mehr als ausreichend angesetzt.


Essen nach dem Pilgertag:


Auf meinem ersten Camino Frances habe ich mich mit meinem Mitpilgern fast ausschließlich selbst versorgt. Wir waren genau 3x extern essen. 

2x davon weil wir es wollten, 1x weil unsere Vorräte leer waren, wir keinen Laden gefunden haben und es nur die Bar neben der Herberge gab.

Ansonsten haben wir gekocht oder kalte Küche gehabt: Man kauft Baguette, Aufschnitt, Getränke und worauf man noch Lust hat plus: Jeder kramt aus dem Rucksack raus, was er noch so hat. 


Wer essen geht findet fast überall Pilgermenüs. Diese kosten aktuell glaube ich zwischen 10 und 12€. Darin enthalten sind Vor-, Haupt- und Nachspeise plus eine Flasche Wein/ ein Alternativgetränk. 

Natürlich kann man auch etwas Anderes essen und das kann dann deutlich günstiger sein (zB eine Portion Pommes) oder natürlich teurer. 


Sonstige Kosten:


Es können verschiedene sonstige Kosten auf dem Camino auf die Pilger zukommen, diese lassen sich teilweise recht schwer vorher planen. 


Beispiele:

- Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr, um vom Flughafen oder Bahnhof zum Startpunkt und auch zum Rückreiseort zu kommen 

- Nahverkehrsticket oder Taxikosten, falls man unterwegs (aus welchen Gründen auch immer) mal nicht zu Fuß an sein Ziel kommen kann

- Ausgaben in einer Apotheke

- Eintrittsgelder in Kathedralen, Museen,...

- Souvenirs

- Ausrüstungsergänzung

- Kosten am Bankautomaten, wenn man neues Bargeld braucht

- Corona- Schnelltest, neues Desinfektionsmittel, Masken

- Bus nach Finisterre/ Muxia (hin oder hin und zurück)


Fazit:


Wie viel der Camino einen kostet ist also sehr individuell, aber durchaus planbar. 


Wenn du nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hast solltest du trotzdem mit mindestens 10-12€ pro Tag planen, damit du dir in Santiago auch noch ein Bett leisten kannst.


Um sich einen Überblick über die Übernachtungskosten zu verschaffen helfen verschiedene Medien: 

Reiseführer, Internetseiten wie gronze.com und booking.com, aber auch Apps wie "Camino Ninja" oder "Buen Camino". Dort findet man immer die aktuellen Preise der einzelnen Herbergen.


Die Preiseinschätzungen sind nur von mir, vielleicht melden sich hier auch Andere mit ganz anderen Erfahrungen. Ich übernehme natürlich auch keine Garantie dafür, dass man damit auf jeden Fall hinkommt. Bei mir und für mich hat es so gut geklappt. 

Zudem beziehen sich diese Einschätzungen auf Ende 2021. Wer das hier in 2 Jahren liest fragt sich vielleicht, wo es bitte eine Herbege für 8€ geben soll. Die Preise ändern sich natürlich.


P.S. September 2022:


Durch die Inflation und das verlängerte heilige Jahr kann es sein, dass die Preise spürbar angestiegen sind, dazu habe ich noch keine verlässlichen Informationen. 




Montag, 8. Februar 2016

Es geht doch nicht weiter

Lange Zeit war es still hier und die Berichte meiner langen Reise von 2014 enden leider in Larassoana.

Ich konnte hier nicht weitermachen, da mein PC den Geist aufgegeben hat und ich lange keine Möglichkeit hatte zu schreiben.

Ich werde vielleicht irgendwann die Beiträge hinzufügen und Bilder der Reise in die älteren Beiträge einfügen. 

Buen Camino!




Mittwoch, 8. Juli 2015

Tag 14-15: Fisterra – Santiago und eine lange Rückreise


Heute Morgen bin ich allein zu den Felsen am Hippiebeach geklettert, da meine Freunde ausschlafen bzw. nach Santiago fahren wollten. Dem Pilger bietet sich dort eine prächtige Sicht auf schroffe Felsen und  man kann fast sicher sein, allein zu sein, da sich nicht viele Menschen hierher verirren dürften. Ich genoss die Stille und die Geräusche der Wellen, die auf die Klippen schlagen.
Später habe ich den Berg bestiegen, der zwischen Hippiebeach und Leuchtturm liegt. Der Weg bis nach oben ist nicht unbeschwerlich (zumindest nicht, wenn man wie ich den falschen Weg nimmt und fast senkrecht bergauf klettern muss), aber der Ausblick dort oben entbehrt für jeden ausgeschwitzten Tropfen. Dort oben kann man auf große Steine klettern und eine herrliche Aussicht genießen. Dort oben würde ich sofort eine Herberge eröffnen.



  
Am Nachmittag fuhren wir zurück nach Santiago. Am Bus trafen wir Peter, den wir in der letzten Woche kennengelernt haben und der eigentlich heute Morgen schon nach Santiago gefahren ist. Dort angekommen hat er allerdings feststellen müssen, dass er seinen Pilgerstab in der Herberge in Fisterra vergessen hatte und nach 3 Monaten Pilgerschaft wollte er natürlich nicht ohne dieses Andenken nach Hause fliegen. Gemeinsam fuhren wir nach Santiago, wo wir am Bahnhof auf Micha trafen, der geduldig auf seinen Zug wartete, der ihn aus der Stadt bringen sollte. Joni und ich liefen zur Herberge, in der wir übernachten wollten und richteten uns ein. Eine Freundin hatte uns Betten reserviert und wartete schon auf uns. Später trafen wir bei der Stadtbesichtigung auf meinen lieben Pilgerfreund Glowi und seinen Begleiter. Wir verabredeten uns für den Abend, bummelten durch die Stadt und aßen etwas.

Der Abend mit Glowi wurde sehr lang und lustig, wir tranken viel Alkohol, setzten uns noch später mit einer Flasche Wein (die Glowi mit viel Aufwand aufgetrieben hat, weil wir Mädchen was süßes wollten) zur Kathedrale und hatten viel Spaß zusammen. Da er am nächsten Tag früh rausmusste verabschiedeten wir uns nach Mitternacht und wollten eigentlich zur Herberge gehen. Als wir eine Pipipause einlegen mussten entdeckten wir eine Bar, in der wir uns noch Bier und Tequila genehmigten und mit den Bewohnern der Pilgerstadt ins Gespräch kamen. So wurde es dann doch sehr spät, als wir ins Bett fielen und wurden am Morgen ziemlich unsanft von der Hospitalera geweckt, da wir unsere Betten für die nächsten Pilger räumen mussten.
Glücklicherweise durften wir unsere Rucksäcke in der Herberge lassen und uns auch noch im Vorraum mit Tischen und Sofas aufhalten. Der Alkohol vom Abend schlug mir am Vormittag leider so auf den Magen, dass ich mein Frühstück kaum runterbekam und die ersten Stunden etwas ungemütlich waren. Wir gingen dennoch in die Stadt, da wir noch einiges besorgen wollten und liefen in jeden Touriladen. Nachdem wir noch etwas gegessen hatten fanden wir uns in der Herberge wieder und mussten wir immer noch ein paar Stunden Zeit totschlagen, bis wir zum Flughafen aufbrechen konnten.

Nun hatten wir die Idee, bei Instagram zu gucken, ob jemand, den wir kennen, sich dort mit dem Hashtag #santiagodecompostela oder #caminodesantiago verewigt hatte. Doch der erste Beitrag war von einer Dame, die im Primark im Ort shoppen war. Wir recherchierten schnell und entdeckten, dass der Laden nicht weit weg war und  liefen hin. Es war so heiß draußen, dass wir uns dort nicht mehr aufhalten wollten und bis zur Abfahrt zum Flughafen dauerte es noch. Egal, was man von Primark hält, zum Zeitvertreib ist es gut.
Als es endlich Zeit für die Abreise war wanderten wir zum Busbahnhof und fuhren zum Flughafen, wo wir, wie manch anderer Pilger, der nur mit Handgepäck flog, die Rucksäcke umpackten und ausmisteten, bis er problemlos in das Testfach passte.
Der Flug und die Fahrt mit dem Shuttlebus nach Frankfurt waren entspannt, aber als wir gegen Mitternacht Frankfurter Hauptbahnhof ankamen mussten wir noch über 4 Stunden überbrücken, bis unser ICE um 5 Uhr abfuhr. Wir hatten vorher schon überlegt, es bei der Bahnhofsmission zu versuchen und hatten Glück. Zuerst waren die beiden älteren diensthabenden Damen etwas mürrisch, aber sie ließen und hinein und wir legten unsere Schlafsäcke auf den Boden und versuchten auf dem kalten und harten Boden etwas Schlaf zu finden.
Durch die vielen Flüchtlinge, die gerade in Deutschland ankommen und haufenweise über Nacht wieder weggeschickt werden herrschte reger Betrieb in der Bahnhofsmission und wir hörten einige Geschichten von Menschen, die nachts mit einem Ticket zum Bahnhof geschickt werden und in eine fremde Stadt zu einem Amt fahren  müssen, teilweise zu Zeiten, die sie nicht einhalten können. Als wir gerade am Dösen waren klingelte es erneut an der Tür und ein Mann, der nur französisch sprach überforderte die Helferinnen. Zuerst war ich unschlüssig, ob ich mich melden sollte, zeigte ich somit ja, dass ich zugehört hatte. Andererseits standen sie keine 2 Meter von uns entfernt und sprachen so laut, dass wir ja gar nicht umhinkamen zu hören, was gesprochen wurde. Nachdem ich für den Mann alles übersetzt hatte waren diese richtig glücklich über unsere Anwesenheit und wie ausgewechselt.
Um 4.45 Uhr machten wir uns auf zu unserem Zug und sicherten uns in dem glücklicherweise fast leeren ICE ein „Harry Potter- Abteil“ (diese 6er- Kabinen mit Schiebetür). Dort zogen wir unsere Schuhe aus, packten die Schlafsäcke aus und legten uns hin, nachdem wir uns selbst über unseren Geruch geekelt haben. Immerhin waren wir seit über 20 Stunden auf den Beinen, haben den Tag zuvor geschwitzt und hatten fast dauerhaft die Schuhe an. Wir waren uns sicher, dass sich niemand zu uns gesellen würde, immerhin hatten wir ja auch jede 3 Sitze besetzt und die Rucksäcke lagen quer im Abteil.
Doch wir hatten uns getäuscht. Nach weniger als zwei Stunden Fahrt weckte mich ein Herr im Anzug, der darauf bestand, hier im Abteil Platz nehmen zu müssen. Ich gähnte, streckte mich, klärte ihn darüber auf, dass wir gerade vom Jakobsweg kommen und man dass wir uns aufgrund unseres Geruches ein kleines Abteil genommen haben. Er nahm tapfer am Ende meines Schlafsacks Platz, erklärte dass er hier einen Sitz reserviert hatte, bemerkte „einen leichten Fußgeruch nehme ich schon wahr“ und packte seine Pumpernickel mit Salat, eine Bio- Fruchtbuttermilch aus und versuchte gute Miene zum bösen Geruch zu machen. Es ist mir ein Rätsel, warum er sich in dem leeren Zug nicht einen anderen Platz gesucht hat.
Als der Fahrkartenkontrolleur kam und schnell das Weite suchen wollte, schob er die Abteiltür zu und unser Beifahrer im rosa Hemd hielt die Hand dazwischen, lächelte gequält und sagte „Lassen sie die Tür ruhig ein bisschen auf, wegen des Durchzugs…“ Tapferes Kerlchen. Zwei Stunden später bekam unser Kämpfer eine Mitstreiterin, da eine junge Frau die Tür öffnete und erklärte, hier ebenso einen Platz reserviert zu haben (an der Tür war nichts angezeigt, sonst hätten wir uns ein anderes Abteil gesucht). Diese Frau machte die gesamte Fahrt über ein Pokerface und ließ sich nicht anmerken, was sie von unserem Eau de Gestank hielt. Joni und ich amüsierten uns darüber und machten ein paar Witze, da wir durch unsere Mitfahrer ja nun auch nicht mehr schlafen konnten.

Als wir endlich in Hamburg ankamen trennten sich unsere Wege, wir fuhren nach Hause und fielen (natürlich nachdem wir unsere Haustiere begrüßt hatten) erst einmal ins Bett.



Sonntag, 5. Juli 2015

Tag 11-13: Urlaub in Fisterra

 

Wir blieben noch ein paar Tage in Fisterra und machten Urlaub.
Am Sonntag wollten Joni und ich einen der Berge am Hippiebeach besteigen und auf die Felsen klettern, aber als wir am Wasser waren, wollten wir gern baden. Wir hatten allerdings nichts dabei und der Weg zurück war uns zu weit, also haben wir uns kurzerhand in Unterwäsche ins Meer gestürzt und haben in den mächtigen Wellen getobt. Immer vorsichtig natürlich, denn dieser Strand soll nicht ganz ungefährlich sein. Im Anschluss haben wir und von der Sonne trocknen lassen und spazierten zurück zur Herberge. Wir verbrachten einen ruhigen Vormittag, jeder auf seine Weise und genossen den Urlaub.

Mittags erkundeten wir den Ort und gingen wir zu dritt an den Hafen und beobachteten einen Verkäufer, dessen Schmuckstand vom Wind umgefegt wurde und der alles wieder einsammeln musste. Wir beobachteten Einwohner, Pilger und Touristen und den armen angeketteten Hund des Verkäufers, den wir abwechselnd streichelten und ablenkten.
Als wir unsere Vorräte für einen schönen Abend am Kap eingekauft hatten und uns auf den Weg machten, folgte uns Alma, der Herbergshund und ließ sich partout nicht abschütteln. Wir konnten nichts machen, sie ist einfach mit uns gekommen und so zielsicher wie sie zum Kap marschiert ist, war das sicher nicht ihr erster Sonnenuntergang unter dem Leuchtturm.


Der Weg zog sich wie immer, denn das Kap liegt außerhalb der Ortschaft Fisterra. Es war erwartungsgemäß voll, aber wir haben nach den obligatorischen Fotos am 0,0 Km-Stein etwas abseits noch drei Plätzchen für uns und den Hund gefunden, der uns teilweise etwas zu wagemutig umherrannte und über Felskanten blickte.



Der Sonnenuntergang war prächtig und als die Sonne verschwunden war, applaudierten die Pilger zu unserer Verwunderung. Wir dachten uns, dass die Pilger sich vielleicht nicht so sicher waren wie wir, dass sie Sonne es heute schaffen würde und dass sie ihr deshalb Applaus spendierten. Micha setze noch seine Wandersocken in Brand, damit wenigstens einer aus unserer Gruppe diese fragwürdige Tradition aufrechterhält. Wir verbrannten nichts, da nach unserem kurzen Trip noch alles wie neu aussah.

Alma


Nachdem Alma sich fast in den Tod gestürzt hätte, als Micha seinen Stein ins Meer warf, haben wir uns schleunigst auf den Rückweg gemacht. Wir wussten, es gab Zeugen, die uns mit dem Hund gesehen hatten und deshalb wollten wir sie heil zur Herberge zurückbringen. Dort angekommen war schon alles still und wir sperrten Alma wie gewohnt in den Vorgarten des Hospitaleros und hofften, niemals aufzufliegen.

 

Den Montag verbrachten wir mit unseren Hamburger Freunden am Strand, brutzelten in der heißen Sonne und suchten Schutz im kleinen Schattenbereich der Felsen. Während der Ebbe öffnet sich eine natürliche Lagune zwischen den großen Felsen am Strand, wo wir in Ruhe baden und im flachen Wasser liegen konnten. Wir genossen diese herrlichen Stunden, spielten Spiele, machten ein Fotoshooting mit einer Schnecke du besuchten abends wieder das Lagerfeuer. Auch heute war der Himmel wolkig, wir haben gestern also den perfekten Abend für das Kap ausgesucht. Der Sonnenuntergang war auch am Hippiebeach schön und wir feierten Geburtstag eines Pilgerfreundes in großer Runde.

 

 

An unserem vierten Tag im den hübschen Fischerdörfchen war das Wetter etwas trüb. Meine Freunde hatten eine wetterbedingte Bettschwere und so lief ich mittags allein zum Strand und suchte nach Muscheln. Wenn ich am Strand entlanglaufe, die Füße von den Wellen umspielen lasse ist es wie eine Meditation und ich vergesse alles um mich herum. Ich könnte das den ganzen Tag machen und so wunderte es mich nicht, dass ich weit über drei Stunden am Strand verbracht habe. Während meiner Stunden am Strand ging das Wasser zurück und es tauchten nach und nach Jakobsmuscheln aus den Wellen auf. Besonders große Muscheln scheinen derzeit jedoch nicht angespült zu werden.
Ich spazierte am Nachmittag durch den Ort, steichelte einige Hunde und genoss die Sonne vor der Herberge und im Herbergsgarten, die sich inzwischen wieder herausgewagt hatte. Ich unterhielt mich mit anderen Pilgern aus der Herberge und verbrachte viel Zeit mit Hund und Katze.

Abends gingen Joni und ich wieder zum Lagerfeuer. Es war unser letzter Abend und so wurde der Abend am Feuer wieder lang.

Kleine Wunde vom wühlen im Sand



   


Samstag, 4. Juli 2015

Tag 10: Cee - Fisterra




Heute Morgen sind wir entspannt um kurz vor 9 Uhr aufgebrochen. Wir liefen die ersten Kilometer an der Küste entlang bis zum Nachbarort und kämpften uns im Anschluss den Berg hinauf. Er führte zu Beginn durch einen engen Tunnel zwischen zwei Mauern entlang und wir mussten über Geröll steigen. So gehört sich Frühsport. Wir stellten wieder einmal fest, dass manche Berge, die klein aussehen, es ganz schön in sich haben können.


Der Weg war hübsch und die Aussicht wurde immer prächtiger, je höher wir stiegen. Ein guter Lohn für die Mühen.
Eine Stunde nach unserem Start konnten wir schon den Leuchtturm am Kap Finisterre sehen, allerdings noch nicht die große Bucht, um die wir zu unserer Rechten noch herumwandern mussten. Das Ziel schien so nah…






Wir wollten irgendwo etwas frühstücken, aber wir fanden nur ein sehr teures Hotel am Strand und beschränkten uns dort auf unsere mitgebrachten Speisen, nur Micha hat sich einen Orangensaft gegönnt. Wir hofften, bald etwas zu finden, wo wir einkehren können, sind aber an allen Lokalen irgendwie vorbeigezogen, weil uns irgendwie nichts angesprochen hat oder wir zu viel geredet haben.
Wir stiegen den nächsten Berg hinauf und pilgerten zwischen Steinmäuerchen auf einem kleinen Pfad und genossen die Aussicht auf den Atlantik und hielten Ausschau nach der auf einem Schild angepriesenen “Ulles Bar“ auf dem Weg. Wir nannten diese Bar irgendwann „Ulles Spa“ und litten heftig darunter, dass wir sie nie fanden. Wäre bestimmt schön gewesen und Ulle hätte das Geschäft seines Lebens machen können, denn wir hatten inzwischen alle ein übernatürliches Verlangen nach kalten Getränken.







Irgendwann kam der Strand von Fisterra in Sicht und wir bogen von der Landstraße auf einen schmalen Pfad ab, der uns steil nach unten und kurz darauf wieder steil nach oben auf die Landstraße zurückführte. Das hätten wir uns auch sparen können, aber vermutlich sollen die Pilger auf den letzten Metern noch mal richtig leiden und die kleine Bucht bewundern, die man von der Landstraße aus nicht so gut sieht.

Als wir endlich den Strand von Fisterra erreicht hatten, liefen wir am Wasser entlang und suchten unsere erste Jakobsmuschel. Es war nicht leicht, weil Wind und Wasserstand offenbar gegen uns waren, aber jeder konnte zumindest eine kleine Muschel mit in die Herberge nehmen.
Doch zuerst mussten wir uns auf eine Herberge einigen. WLAN war ein wichtiges Kriterium für meine Mitreisenden und so lief meine Lieblingsherberge kurz Gefahr, aus dem Rennen zu fliegen und wir fanden uns in einer anderen Herberge wieder, die WLAN versprach. Da aber fast alle unteren Betten belegt waren und die oberen nicht gut gesichert waren, gingen wir erst einmal wieder, da niemand von uns oben schlafen wollte. Wir trafen Alma, den Hund meiner Lieblingsherberge und fragten den jungen Mann, der von Alma verfolgt wurde, was er uns zum WLAN sagen konnte. Auf seine Antwort, dass die Herberge das sicher habe konnten wir in Ruhe dort hinlaufen und bezogen unser Zimmer.

In der Herberge „Do Sol e de la Lúa“ mit ihrem Hund und dem Kater, dem Hippietouch und der hübschen alternativen Einrichtung fühle ich mich jedes Mal pudelwohl und habe gar nicht das Bedürfnis, andere Herbergen kennenzulernen, auch wenn es viele tolle in Fisterra gibt.
Wir beschlossen im Laufe des Tages, dass wir den Besuch am Kap auf morgen verschieben würden. Der Himmel war wolkig und der Weg weit und Joni und mich zog es zum angekündigten Lagerfeuer am Hippiestrand, das ich in kleinerer Form schon von meiner ersten Reise kannte.
Wir kauften uns viele leckere Dinge im Supermarkt und suchten uns ein hübsches Plätzchen am Strand, gingen baden, brutzelten in der Sonne und schlemmten.

Das Lagerfeuer am Abend war großartig. Ein Haufen netter Pilger, eine tolle Atmosphäre und ausgelassene Stimmung. Jeder war willkommen, keiner wurde schief angesehen. Viele haben dort Pilgerfreunde wiedergetroffen und es wurde viel getrunken und viel gekifft, alles wurde geteilt. Es gab Musik aus der Box, aber oft auch von Gitarre oder Ukulele und alle haben mitgesungen. Wer einmal in Fisterra ist sollte sich die Lagerfeuer am „Hippiebeach“ nicht entgehen lassen. Ob die stattfinden könnt ihr einfach euren Hospitalero fragen, im Sommer sind sie aber so gut wie täglich.



Bilder

Mehr als 3-4 Bilder kann ich nicht in die Artikel laden,  dann geht er nicht mehr raus.
Deswegen hier jetzt noch mal ein paar Bilder von den letzten beiden Tagen.

Freitag, 3. Juli 2015

Tag 9: Monte do Gozo-Santiago-Cee

Santiago.
Es fühlt sich gar nicht so toll an, hier anzukommen wenn man kaum etwas dafür getan hat. Eine kurze Woche, keine Beschwerden, keine große Leistung.
Und die Kathedrale ist natürlich noch eingetütet in Gerüste, also auch nicht so schön zu bewundern.
Heute morgen haben wir gesehen, dass die Teeniegruppe nicht 30, sondern bestimmt 200 Teenies umfasst. Sie brachten ihre Rucksäcke zu den Begleitautos und spazierten los. Als sie an der Kathedrale ankamen zogen sie singend ein und feierten sich, als seien sie viele Wochen unterwegs gewesen. Uns verdrängten sie fast bei dem Versuch, einen riesigen Kreis zu bilden, aber wir hielten tapfer durch und blieben sitzen.
Nachdem wir genug von den Menschenmassen hatten holten wir unsere Compostelas ab und entschieden, Santiago heute schon zu verlassen. Wir fuhren mit dem Bus nach Cee und werden die letzten 12km morgen laufen.
Cee ist ein Ort, der bereits am Meer liegt und die Strecke nach Finisterre ist hübsch.
Außerdem ist die Albergue dort so schön und es gibt zwei superliebe Hunde.

Als wir in der Herberge ankamen streichelten Joni und ich die Hunde erst mal eine Ewigkeit. Ich sagte dem Hospitalero, dass er uns 10 Miinuten geben solle, dann wären bereit wieder mit Menschen zu reden. Die Hunde wälzten sich auf unserem Schoß und genossen die Streicheleinheit.
Als wir uns kurzzeitig trennen konnten bezogen wir unsere Betten und erkundeten bald den Ort.
Am Strand war es zu windig, um lange zu verweilen. Die Füße badeten wir natürlich trotzdem.
Wir liefen zum kleinen Hafen und legten eine Trainingseinheit im Fitnesspark mit Meerblick ein.
Nach dem einkaufen, kochen und Essen entspannten wir im Bett oder mit Hund auf dem Bauch auf dem Sofa liegend, denn draußen regnete es.
Deutschland erlebt den Sommer des Jahrhunderts und wir frieren in Spanien. Großartig... ;)

Donnerstag, 2. Juli 2015

Tag 8: Salceda- Monte do Gozo

Heute morgen haben wir verschlafen. Um 8.15 Uhr wachte ich auf, blickte auf die Uhr, schreckte hoch und in dem Moment kam der Hospitalero rein und scheuchte uns auf.
Wir packten in Windeseile, alle noch etwas irritiert davon, nicht aufgewacht zu sein.
Als wir aufbrachen war das Wetter mäßig. Toll, in Deutschland ist die große Hitzewelle und wir laufen morgens im Pulli los.
Immerhin regnete es nicht und das Wetter besserte sich auch schnell.
Der Weg war angenehm leer und wir wanderten die ersten Kilometer gemütlich in Richtung Santiago.
Heute wollen wir bis zum Monte do Gozo laufen, damit wir abends zu den Pilgerfiguren gehen können.
Wir machten viele Pausen, blieben wo es uns gefiel und hatten den Weg fast für uns allein. Es ging viel bergauf, aber oft durch hübsche Wälder und Landschaften.
Wir streichelten eine ganz kleine Katze und hätten sie am Liebsten eingepackt.
Wir kamen am Nachmittag am Monte do Gozo an, machten es uns in der Bar gemütlich und aßen etwas, bevor wir uns im Miniladen der Bar noch etwas zu knabbern und zu trinken kauften und zur Herberge liefen.
In der Herberge bekamen wir ein eigenes Zimmer für uns und es kam auch im Laufe des Abends niemand mehr hinzu.
Nach einer kleinen Siesta und einer Dusche liefen wir zu den beiden Pilgerfiguren in der Nähe der Herberge. Dass die beiden hier stehen, wo man einen guten Blick auf Santiago und die Kathedrale hat, scheint sich immer noch nicht besonders herumgesprochen zu haben und so waren wir die gesamte Zeit allein.
Besonders froh bin ich, dass die große Gruppe Jugendlicher dort nicht aufgeschlagen ist!
Nach einem Abstecher in die Bar (Essen und Internet) kamen wir gegen 22.30 Uhr wieder in die Herberge und hatten das Gefühl auf einem besonders großen Kindergeburtstag gelandet zu sein. Unzählige Jugendliche rannten umher, machten einen Krach als hätten sie das Haus für sich und machten bis in die Nacht hinein einen unglaublichen Krach.
Weit nach Mitternacht klopften wir mahnend gegen die Wand. Zurück kam eine geklopfte Antwort mit Lachen. Irgendwann schob ein Mädchen unsere Zimmertür auf, schaltete das Licht an und wieder aus, ging weg und ließ die Tür offen stehen.
Micha ist daraufhin rübergegangen und hat die Gruppe auf deutsch ausgeschimpft. Die Teenies haben zwar keines seiner Worte verstanden, aber danach haben wir keinen Mucks mehr gehört.
Also dann endlich gute Nacht.

Mittwoch, 1. Juli 2015

Tag 7: Ribadiso - Salceda

Meine Nacht war um kurz vor 5 zu Ende, da ich mit meiner Matratze vor der Tür lag und die Frühaufsteherpilger mich der Zugluft aussetzen, da niemand es nötig fand, die Tür hinter sich zu schließen.
Wir standen gemütlich um halb Acht auf und frühstückten mit der Hamburgerin und ihrem kleinen Sohn in der benachbarten Bar.
Gegen 11 wollte Michael eintreffen und so wollten wir gerade mit dem Warten anfangen, als die beiden Hamburger gegen halb 10 aufbrachen. Keine 5 Minuten später kam er schon um die Ecke.
Wir pausierten gemeinsam (Micha ruhte vom Laufen aus und wir vom ausruhen).
Da er heute in guter Form war beschlossen wir weiter als bis Arzua zu laufen. Salceda sollte es werden und das sollte sich als gute Idee herausstellen.
Arzua war laut Führer 3,5km entfernt, es fühlte sich für uns alle aber nach deutlich weniger an.
Ich spazierte auf einer Mauer in den Ort, wo wir wieder auf die Hamburger trafen und gemeinsam zu Mittag aßen.
Nachdem Micha beim dritten Versuch sein Lieblingswassermelonensorbeteis gefunden hatte konnten wir den Ort in Richtung Taberna Vella verlassen.
Wir verstanden uns super und marschierten durch hübsche Wälder zu Heidis Oase am Kilometerstein 32.
Unser Besuch zog sich herrlich in die Länge und nachdem wir uns viel unterhalten hatten und die Katzen gestreichelt waren zeigte die Uhr schon fast halb vier an.
Wir hatten noch 6 km bis Salceda vor uns und peilten deswegen erst einmal die nächste geöffnete Bar an. Micha trank eine Flasche vom Pilgerbier, um sie auf die Mauer stellen zu können,  auf der schon viele Flaschen aufgereiht waren.
Die letzten Kilometer verbrachten wir motiviert und plaudernd und ergatterten die drei letzten Betten in der privaten Herberge im Ort.
Der Hospitalero ist etwas speziell,  aber total lieb.
Er zeigte uns alles, schleppte unsere drei Rucksäcke die Treppe herauf, überrede eine Pilgerin das Zimmer zu wechseln damit Micha unten und bei uns schlafen konnte und zeigte uns die Duschen.
Massageduschen!
Er sagte uns,  dass wir mindestens 10 Minuten duschen müssen,  aber bei zwei Duschköpfen und sechs Massagebrausen war das keine Herausforderung.
Wir duschten ausgiebig und gingen dann in die Bar, um zu essen. Dort versammelten sich viele deutschsprachige Pilger und ein Franzose, der etwas deutsch konnte (den Rest konnte ich übersetzen).
Wir hatten eine lustige Runde, aßen die schlechtesten Hamburger die es gibt (hartes Baguette mit einem Stück Fleisch drauf) und tranken Wein.
Der Abend wurde lang, denn im Zimmer haben wir noch lange geklönt.
Es war ein herrlicher Tag und wir sind als 100km-Pilger gut aufgenommen worden.
Nur eine Pilgerin hat sich darüber ausgelassen, dass man kein richtiger Pilger ist wenn man in Sarria startet, weil einem dann die Pyrenäen und die Meseta fehlen und die bräuchte man schon...

Dienstag, 30. Juni 2015

Tag 6: Melide - Ribadiso

Gestern Abend haben wir noch die Betten gewechselt. Es waren so viele Betten frei und ein Gang, in dem zwei Etagenbetten standen und an denen es Steckdosen gab war unbelegt und so haben wir kurzerhand unser Sachen gepackt und sind rübergezogen.
Dort konnten wir es uns gemütlich machen, Handys und Kamera laden und wurden nicht von Frühaufstehern geweckt und genervt.

Wir schliefen heute etwas länger, da wir ohnehin warten mussten bis die Läden öffnen.
Also packten wir in aller Ruhe, kauften uns etwas zum Frühstück und ein Getränk in der Bäckerei und setzten uns an einen Platz mit Internet. Zu besichtigen gab es heute ohnehin nichts mehr.

Als wir den Laden später verließen wogen unsere Rucksäcke locker 4-5 kg mehr als vorher und das erhöhte Gewicht merkten wir sehr deutlich. Verrückt, wer von an so viel schleppt. Wir haben beide normalerweise all inklusive nicht mehr als 7,5 Kg auf dem Rücken.

Wir verließen Melide und die Sonne gab heute schon von Beginn an ihr Bestes.
Wir machten an einem kleinen Fluss eine Pause.  Dort muss man über unebene Steine laufen und eine ältere Dame hatte Angst weiterzugehen. Die Tochter dahinter konnte nicht viel helfen und sie waren froh, dass wir gerade da waren um zu helfen.

Heute zogen wieder einmal Kühe an uns vorbei und wir kamen am deutschen Café vorbei: Dem wahrscheinlich einzigen Café indem fürs pinkeln Geld kassiert wird. Sehr passend also.

Nach der Hälfte der Strecke trafen wir auf eine Pilgerin mit ihrem 6-jährigen Sohn, von denen ich gestern in einer Facebookgruppe gelesen hatte. Da ich die Namen nicht mehr wusste, wir aber alle aus Hamburg kommen rief ich einfach "Haaaaaambuuuurg" über die Straße und sie haben sofort reagiert.
Ein paar Kilometer liefen wir gemeinsam, dann seilten wir uns ab, weil man mit Kind doch deutlich langsamer vorankommt. Aber wir würden in derselben Herberge einkehren und wussten, dass wir uns wiedersehen.
Der Kurze ist ein echter Sonnenschein, hat viel erzählt und war ohne Scheu. Ein tolles Kind!

Wir gönnten uns für den letzten Aufstieg ein Eis und das war auch gut so, dann der Berg hatte es faustdick hinter den Ohren. Er tut zwar so, als sei er harmlos, aber wenn man ihn besteigt zeigt er was er kann.
Zum Glück war es von der Höhe an nicht mehr weit und wir wanderten beschwingt singend zum Fluss.

In der Herberge war noch nicht viel los. Wir packten unsere Sachen an die Betten (die wieder freigeräumt wurden-anscheinend wird dieses Jahr wert auf die Bettenverteilung gelegt...) und gingen im Fluss baden. Das Wasser war herrlich kalt und erfrischend.
Als die keine Familie ankam planschten wir ausgiebig, machten uns gegenseitig nass und hatten viel Spaß.
Das Wetter war herrlich und wir genossen den Tag.
Unser auf Vorrat gekauften Getränke hatten wir im Fluss gekühlt und so jederzeit eine kühle Dose parat.

Abends aßen wir noch einen Teller Nudeln in der benachbarten Bar. Bei einem Preis von 3,50€ konnten wir nicht widerstehen.
Als wir um kurz nach 22 Uhr in die Herberge wollten war das Eingangsportal schon verriegelt.
Aber das war nicht schlimm, ich wusste ja, dass wir schlimmstenfalls ein Stückchen durch den Fluss tapsen konnten und dann auf dem Gelände wären.
Wir fanden aber eine niedrige Mauer und kamen so trockenen Fußes ins Bett.
Die Herberge ist wunderschön, ich empfehle eine Übernachtung hier definitiv.
Nur die Geländer der Betten sind oben für meinen Geschmack etwas zu niedrig und so liege ich auf dem Fußboden. Natürlich mit Matratze!