Samstag, 9. August 2014

Tag 78: Sainte Antoine - Lectoure

Heute morgen sind wir die ersten Kilometer im Morgennebel gelaufen, obwohl wir gar nicht besonders früh gestartet sind. Vor halb 8 brechen wir selten auf.
Im ersten Ort des Tages stand eine halb zerfallene Kirche.  Die Fassade ist gut erhalten,  so dass ich es zuerst gar nicht bemerkte.

Wir liefen wieder durch unzählige Sonnenblumenfelder, in manchen von den Pflanzen fanden sich wieder Gesichter.
Mittags erreichten wir Miradoux und trafen zu unserer großen Überraschung und Freude die Familie mit der Kutsche und den beiden Eseln wieder. Ich bemerkte sofort,  dass sie jetzt nicht mehr mit 6, sondern mit 7 von 12 Kindern unterwegs waren. Einer der Söhne war vor ein paar Tagen dazugestoßen und läuft die letzten beiden Wochen nach Lourdes mit.
Schnell fiel mir wieder ein, dass wir ja den Bogen über Rocamadour gelaufen sind und die Familie deswegen aufholen konnte. Wir hatten uns schon gewundert, warum wir sie getroffen haben,  da sie ja eigentlich nur 15-20km am Tag laufen.

Wir besichtigten die Kirche (die für diesen kleinen Ort erstaunlich groß ist) und suchten uns einen Platz für unsere Mittagspause.  Hinter der Kirche entdeckten wir eine Mauer mit zwei Katzen.  Da diese sich gern streicheln ließen war der perfekte Pausenplatz gefunden.  Auf einem Briefkasten unweit unseres Platzes entdeckten wir irgendwann eine dritte Katze,  die man ohne Zweifel als die flauschigste Katze der Welt bezeichnen kann.

Heute war es wieder ordentlich warm und es wurde im Laufe des Tages noch richtig heiß. Wir freuten uns, als wir ein Dorf erreichten, in dem es Tische und Bänke im Schatten gab. Hier hatten sich bereits einige Pilger versammelt, aber wir fanden noch einen Picknicktisch unter dem Kirchendach.
Wir machten eine lange Siesta und überschlugen, wie lange wir wohl noch bis nach St. Jean-Pied-de-Port laufen. Wir werden vermutlich am 11.8. ankommen. Das ist perfekt für unsere Pläne. 

Als wir unseren Weg fortsetzten, führte er uns wenige Kilometer an der Landstraße entlang und so begegneten wir der Familie mit der Kutsche erneut.  Die beiden Jüngsten hatten es sich in der Kutsche bequem gemacht und die Beine hochgelegt. Es hat eben auch Vorteile, am Jüngsten zu sein.
Bald verloren wir die Gruppe jedoch wieder, da der Jakobsweg sich über einen Feldweg bergauf schlängelte und sie mit ihrer Kutsche auf dem Asphalt bleiben müssen.  Die Armen laufen permanent über Beton,  das macht oft sicher nicht viel Spaß. 

Wir wanderten zwischen Melonenfeldern entlang und sahen auch einige Opfer am Wegesrand. Nicht nur aussortierte Früchte, die von Bauern zur Seite gekickt wurden, sondern auch die Reste der "Gratismelonen", die sich Pilger offenbar gegönnt hatten.

Wir kletterten einen Berg hinauf und standen vor einem Obst- und Gemüsewagen, an dem auch Melonen angeboten wurden. Wir kauften uns eine und löffelten sie aus,  denn natürlich hatten auch wir Lust auf Melone bekommen beim durchwandern der Felder. Sie schmeckte herrlich süß und wir hätten gern noch ein paar davon gekauft,  aber die wiegen leider viel zu viel. 

Von hier oben konnten wir Lectoure bereits sehen,  mussten aber erst mal wieder hinab ins Tal wandern. Unten angekommen konnten wir uns dann an den Aufstieg nach Lectoure machen.  Es war heiß und der Aufstieg war steil.  Also bedeutete das, noch mal so richtig ins Schwitzen zu kommen.
Wir liefen zur Herberge neben der Kathedrale und wurden mit einem kalten Sirupgetränk und einem Grieshäppchen empfangen. So etwa hebt die Laune,  hier merkt man sofort,  dass die Mitarbeiter wissen,  was Pilger brauchen.

Es gab auch hier die Möglichkeit zu zelten (das wussten wir ja aus dem Miam Miam Dodo), aber dazu mussten wir in ein Haus 600m von der Herberge entfernt umziehen.  Wir hatten uns zwar schon gefreut,  direkt neben der Kirche und damit superzentral zu wohnen, aber wir waren nicht lange traurig: Wir hatten ein ganzes Haus mit Garten bekommen,  inklusive Bad, Dusche, Küche und Klavier. Es ist laut Schild das Seelsorgehaus, aber hier findet oder fand vermutlich mehr statt.

Im Laufe der nächsten Stunde kamen noch 6 andere Pilger dazu, wir kannten sie bereits aus Moissac und der letzten Herberge.  Johannes und ich hatten Glück und entdecken den Gebetsraum mit den weichen Kissen vor den Anderen und bauten uns ein gemütliches Lager.  Denn wir hatten die Erlaubnis bekommen auch drinnen zu schlafen. 

Wir installierten uns und nach einer Inspektion der Küche liefen wir in die Stadt,  um unsere Übernachtung zu bezahlen und einzukaufen oder essen zu gehen. Wir schlafen hier gegen eine Spende und da wir normalerweise 5€ pro Person zahlen, wenn wir an einer Herberge zelten und wir hier sogar ein Haus haben,  fanden wir es angemessen, diesen Betrag auch hier zu geben. Der Mitarbeiter versuchte mir jedoch mehrfach,  den zweiten Fünfer zurückzugeben, er fand es zu viel,  aber das war es ja keineswegs (und außerdem ist es ja eine Spende,  da kann man auch mehr geben).
Kurz darauf kam er aus der Küche und schenkte uns 4 Tomaten und bot uns weitere Grieshäppchen an, vielleicht als kleinen Ausgleich. 

Wir sahen uns ein bisschen im Ort um kauften dann für unser Abendessen ein. Wir kochten uns ein herrliches Essen, denn wenn man nur selten kochen kann, schmeckt jedes eigene Werk lecker.  Es gab Nudeln mit einer Zwiebel-Fleischwurst-Tomaten-Mozzarella-Sauce, dazu Gewürze, sehr gut!

Wir genossen den Abend bei Kerzenschein in unseren "Betten", die aus je drei zusammengeschobenen großen Kissen bestanden, die dauernd auseinanderrutschten. Aber egal,  es war in einem Haus, es war weich,  es war toll.

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