Sonntag, 8. September 2013

Lübeck, ca. 23 Km

Heute früh haben wir etwas länger geschlafen, weil wir uns erst für 20.30 Uhr mit der Lübecker Freundin verabredet hatten und uns somit Zeit lassen konnten.
Als wir das Haus verließen und durch den Garten zur Straße gingen, stand eine Gruppe Menschen im Kreis auf der Wiese beisammen und sang. Es klang nach Kirchenliedern, aber die Texte drehten sich um die Natur, also um Vögel und Bäume. Vielleicht ist das Unitarier- Lobpreis? 
So genau haben wir uns mit diesem Religionszweig nicht befasst und ich selbst habe auch zum ersten Mal gehört, dass es sie gibt. Wie auch immer, die Menschen sahen friedlich aus, also haben wir uns keine weiteren Gedanken gemacht. Wir haben noch den Leiter der Einrichtung getroffen und konnten uns für den vergünstigte Übernachtungspreis bedanken und traten dann unsere letzte Etappe an.

Meinem Fuß ging es heute schon besser und auch die Hornhautblase habe ich kaum noch gespürt (wie immer, wenn man sie erst einmal geöffnet und geleert hat), die Idee mit dem Roller war also ganz gut. Wir kürzten von der Unterkunft aus den Weg durch eine Verbindungsstraße ab, so dass wir im Nachbarort von Klingberg oberhalb der Kirche am Jakobsweg wieder herauskamen- offiziell fehlen uns jetzt also wenige hundert Meter Jakobsweg. Ich hoffe, das ist nicht das Teilstückchen, auf dem mich die Erleuchtung heimsuchen wollte! 

Wir liefen auf asphaltierten Wegen, meist neben der Landstraße entlang nach Luschendorf. Diesen Ort mochte ich, weil der Name so lustig ist. 
Am Ortsausgang wurden wir von einem älteren Herrn aufgehalten und eingeladen, in Ratekau die alte Kirche zu besichtigen. Die Menschen in den Dörfern sind alle ganz schön stolz auf ihre alten Bauwerke. Aber wer weiß, vielleicht haben die viel eigenes Geld in diese Bauwerke gesteckt oder mögen ihre Kirchen einfach sehr. 
Der Weg führt uns direkt daran vorbei und wir gucken uns ohnehin fast alle alten Kirchen an, an denen wir vorbeikommen.

In Pansdorf kauften wir uns beim Bäcker frische Brötchen und Croissants und hofften auf einen geeignetes Plätzchen zum frühstücken. 
Leider zog sich dieser Ort sehr lange hin und als wir endlich herauskamen, sah man, dass so schnell keine Bank kommen würde. Also liefen wir in eine Feldeinfahrt, setzten uns aus eine Isomatte und aßen an einer Koppel. Später kamen die Pferde auch heran und ließen sich streicheln.



Das Uhrwerk
Angekokelt, aber hält!
Gästebucheintrag des Pilgers
In St. Jakobi


Weiter ging es nach Ratekau und zur Feldsteinkirche aus dem 12. Jahrhundert, wo wir den perfekten Zeitpunkt abpassten, um das Gebäude zu betreten: Es gab Kaffee und Kuchen und die Leute waren gerade auf dem Weg, den Kirchturm zu besichtigen, denn heute ist "Tag des offenen Denkmals". Die Einladung, uns dem Grüppchen anzuschließen, haben wir natürlich sofort angenommen.
Es war eine spannende Besichtigung. Der Dachstuhl hat irgendwann einmal gebrannt und im 16. Jahrhundert haben sie bei der Sanierung die angekokelten, aber intakten Dachbalken wiederverwendet. Man sieht hier und da also schwarze Balken. Wir waren um kurz vor Mittag oben im Turm neben den Kirchenglocken und die läuteten dann auch direkt neben uns. (Hier musste sich jedenfalls niemand darum Gedanken machen, ob "Bruder Jakob" (also wir) die Glocken hören. 

Wir stiegen in die letzte Etage und konnten sehen, wie das große Uhrwerk die Glocken unter uns in Bewegung brachte. Danach war alles wieder still und man sah und hörte nur das Sekundenzahnrad ticken. Das Uhrwerk ist von 1894 und läuft noch immer einwandfrei. 
Durch die Fenster im Turm hatten wir eine tolle Aussicht auf die Umgebung und wir waren wirklich froh, so eine zeitliche Punktlandung gemacht zu haben. Die Leute, die mit dabei waren, waren fast alle sehr interessiert an unserem Vorhaben und fragten uns aus. Im Gästebuch der Kirche entdeckte ich, dass heute schon ein Pilger hier war. Er oder sie kam aus Dänemark und war auch auf dem Weg nach Lübeck. 
Also so unbekannt oder unbeliebt ist die Via Scandinavica dann wohl doch nicht...






Wir liefen weiter in Richtung Lübeck. In Bad Schwartau ging es eine Zeit lang durch den Kurpark, eine sehr schöne Strecke, aber leider ging hier mein Roller kaputt. Ich bemerkte, dass das Vorderrad komisch wackelte und sah, dass eine Schraube fehlte. Och nö!
Zum Glück fanden wir sie recht schnell, keine hundert Meter hinter uns. Aber wie zieht man sie wieder fest, wenn man kein Werkzeug dabei hat?
Ich brauchte nur einen Imbusschüssel und den schnitzte ich mir kurzerhand selbst. Gut, die Form ist jetzt auch nicht soo die Herausforderung, aber die Idee muss man erst mal haben. Hat auch ganz gut geklappt. Ich habe das Werkzeug zwar eingesteckt, aber nicht wieder benötigt. 

Die heutige Strecke ging relativ wenig durch die Natur und verlief hauptsächlich an Landstraßen und lange Zeit durch Ortschaften und Städte. 
Um die Wegweiser zu sehen, muss man oft genau hinsehen, sonst verpasst man die Stelle, an der man abbiegen muss. Einmal ist es uns heute wieder passiert, da sind wir einen Kilometer zu weit gelaufen und haben später am Markplatz in Schwartau gesehen, dass oben an einem Verkehrsschild noch ein Wegweiser war. Manchmal gibt es aber auch 2-3 Wegweiser an einer Abzweigung, da wäre es dann schön gewesen, man hätte sich die Aufkleber gespart und da angebracht, wo sich der Weg nicht selbst erklärt. 
Einmal wurde ein Radwegschild auch einfach über die Muschel geschraubt und unten sah man nur noch ein Stück vom Blau des Aufklebers herausragen.  

Als wir das Ortseingangsschild von Lübeck erreichten, fing es an zu regnen. Herzlichen Dank für diesen tollen Empfang. Also zogen wir uns Regensachen an und liefen weiter. Bis zur Innenstadt waren es noch gut 5 Km. Irgendwann hatten wir aber auch diese hinter uns gebracht und erreichten die Kirche St. Jakobi. Hier bekamen wir zwar keinen Applaus (dbei wären genug Leute dagewesen, um uns gebührend zu empfangen), aber unseren letzten Stempel in den Pilgerausweis. Die Dame, die gerade Dienst am Empfang hatte, erzählte uns, dass es eine Pilgerherberge in der Nähe der Kirche gäbe. Mit Küche, Dusche und co. für 9,50€ pro Pilger.
Wir lehnten dankend ab (obwohl sie uns 3x einlud), denn wir hatten da bereits eine Unterkunft sicher. Der dänische Pilger wollte versuchen, seinen Zug zu erreichen, wir wussten also nicht, ob er noch einmal zurückkommen und in der Herberge schlafen würde. Schade, wir hätten uns gern mal mit anderen Pilgern unterhalten. 
Wir schauten uns in die Ruhe die Kirche an und entdeckten hier und da Jakobus. Johannes kaufte sich noch eine Jakobsmuschel, denn die Wandermuschel, die er dabei hat, wird er bald weitergeben müssen. Ende des Monats reisen wir mit ihr nach Österreich zu einem Pilgertreffen und da wird sie ihre Reise dann mit einem anderen Pilger fortsetzen, um einen deutschen Jakobsweg reicher.

Wir gingen weiter in die Stadt hinein und gönnten uns ein Eis von Niederegger. War zwar nicht das beste Wetter dafür, aber so ein gutes Eis schmeckt auch im Regen. 
Den Abend verbrachten wir in netter Runde mit meinen beiden Freunden und werden morgen die Rückreise nach Hamburg antreten. Passend zum Abschluss dieser Reise ging heute Abend übrigens meine Kette mit Muschel aus Santiago kaputt. Ob das eine Bedeutung hat...?!

Wenn dieser Beitrag veröffentlich wird, werde ich auch Bilder in die anderen Beiträge eingefügen. Ein Blick zurück lohnt sich also ;)



Samstag, 7. September 2013

Klingberg, ca. 24 km

Heute morgen sind wir um halb 9 gestartet und liefen erst einmal einige Kilometer an der Steilküste entlang. Ich fühlte mich von den beiden Pausentagen gut erholt und hatte richtig Lust, wieder wandern. Ich genoss die Aussicht auf das Meer und dachte daran, wie oft ich früher hier war und was ich alles erlebt und angestellt habe.
Neustadt/ Holstein


In Rettin verließen wir die Küste und liefen neben der Landstraße bis nach Neustadt. Wir kauften am Ortseingang ein paar Lebensmittel ein (hier gibt es so ein tolles schwedisches Brot, auf dass ich noch schon die ganze Zeit freue) und liefen dann weiter Richtung Zentrum.
Wir unterhielten uns eine Weile mit dem Pfarrer der katholischen Kirche, bei dem wir und einen Stempel abholten. Neustadt ist hübsch und wer es nicht kennt, sollte sich hier die Zeit nehmen, sich umzuschauen. Man kann hier auch gut geocachen (ein Hobby, das wie aktuell aus Zeitgründen ignorieren müssen. Gestern sind wir kurz losgezogen, um einen Cache in der Nähe zu heben).
Als wir am historischen ZeiTTor ankamen, schmerzte mein Bein so sehr, dass wir uns überlegen mussten, wie es weitergeht. Ich hatte starke Schmerzen am rechten Unterschenkel und konnte kaum noch laufen. Das Problem hatte ich schon Mittwoch auf der Tour zum Wohnwagen und gehofft, dass es durch die Pausentage verheilt.
Ich sagte noch, dass ich hoffe, nicht die Quittung für unsere Unvernunft zu bekommen, denn natürlich war die Strecke am Mittwoch zu lang (vor Allem aber die Zeit). Aber die Aussicht auf eine sichere und günstige Unterkunft (4,50€ pro Nase und Nacht), die zudem der geliebte Wohnwagen ist, hatte uns dazu verleitet. In Spanien hätte ich aufgrund der Herbergsdichte einfach 2 Tagesetappen daraus gemacht...
Ich vermute, dass ich das "Schienbeinkantensyndrom" habe, aber das ist nur das Ergebnis der eigenen googleei. Aber irgendwas in der Richtung wird es bestimmt sein.
Wir überlegten bei einem Eis, was wir tun könnten, um nicht abzubrechen.
Zuerst überlegten wir, ob man Fahrräder mieten könne, die man an einem anderen Ort abgeben kann, aber laufen wäre irgendwie besser.
Ich kam auf die Idee (da ich den Fuß durchaus belasten, nur nicht bewegen kann), nach einem Kickroller/ Cityroller oder wie man die Teile jetzt nennt, zu gucken. Wie fanden auch zügig einen für 15€ und ich besorgte noch einen neuen Verband und eine Creme mit Diclofenac aus der Apotheke. So ging es dann weiter und wer denkt, mein Tag sei ab dem Moment entspannt verlaufen, ist noch nie mit so einem Teil unterwegs gewesen. Es ist ganz schön anstrengend und beansprucht ganz andere Muskeln als beim Laufen (die ich vermutlich noch spüren werde...). Unterwegs ist mir beim schwungvollen Antreten des Rollers die Blase am linken Fußballen geplatzt. Tat weh, ersparte mir aber die Arbeit mit der Nadel.
Aber genug von meinen ganzen Wehwehchen.
Hat man eigentlich schon mal von einem Pilger auf einem Roller gehört? Ich finde das ganz schön außergewöhnlich und vermute, die Passanten auch, so wie die geguckt haben!


Weiter ging es (bei mir jetzt auf 2 Rollen) aus der Stadt hinaus und in Richtung Lübeck.
Der Weg führt viel an der Landstraße entlang, die oft aber wenig befahren ist. Heute war es überraschend warm und wir kamen mal richtig ins Schwitzen. Die Beschilderung war heute etwas besser, wenn auch immer wieder mal mit Lücken. Den Führer sollte man auch auf diesem Wegstück griffbereit haben.
Wir füllten unsere Wasserflaschen auf einem Ferienhof, auf dem ich gern geblieben wäre, weil sie da Ziegen hatten und machten ein paar Meter weiter Mittagspause.
Wir haben vorhin beim einkaufen nicht bedacht, das morgen Sonntag ist, aber wir sollten über die Runden kommen mit dem was wir haben.
Die heutige Strecke war sehr hübsch und recht angenehm zu laufen/ zu rollen (ich wäre aber lieber gelaufen, das Rollen macht keinen Spaß, man muss sehr viel treten und mit den Minirollen sehr genau auf den Untergrund achten), da der Fußgänger oft auf den unbefestigtem Seitenstreifen gehen kann und der Rollerfahrer den Asphalt nutzen kann.
Heute hielt ein Auto an mit einem Mann, der uns anhand der Muscheln als Pilger auf dem Jakobsweg erkannt hat und erzählte, das er den Camino Frances auch schon gelaufen sei. Er freute sich sehr, uns getroffen zu haben und erzählte uns fast alle Erlebnisse aus der Zeit, aber irgendwann zog seine Frau ihn behutsam zum Wagen mit den Worten "die wollen jetzt bestimmt auch weiter".
So kamen wir sich noch zu einem "Buen Camino", das ich hier vermisse.
Wir kamen gegen 17 Uhr in Klingberg an und machten uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Die Pastorin der Gemeinde wohnt recht weit entfernt, so gab es keinen Stempel (wir hatten angerufen). Eine Idee, wo wir schlafen könnten, hatte sie auch nicht. Die Jugendherberge war ausgebucht, aber der junge Mann am Empfang gab sich alle Mühe, uns unterzubringen. So sind wir jetzt für 30€ in der Jugendbildungsstätte der Unitarier untergekommen. Vielen Dank!
Morgen werden wir in Lübeck einlaufen. Eine Unterkunft haben wir schon bei einer Freundin sicher. Montag fahren wir dann nach Hamburg zurück, denn wir haben keine Zeit mehr, bis nach Hamburg zu laufen und das sollte ich mit dem kaputten Unterschenkel auch nicht machen.
Ich werde jetzt ins Bett fallen und hoffe, dass ich in meiner Unkonzentriertheit nicht zu viele Fehler eingebaut habe. Ansonsten denk dir aus, was da wohl eigentlich stehen sollte, wo jetzt Fehler sind.
Gute Nacht.

Freitag, 6. September 2013

Pausentage

Gestern und heute machen wir Pause.
Geplant war zunächst nur einen Tag auszusetzen, aber das Wetter ist so schön, dass wir spontan beschlossen haben, 2 Tage zu bleiben.
Meine Füße tun an den Stellen mit den Hornhautblasen immer noch ganz schön weh und ich kann leider nichts dagegen tun, weil ich sie nicht aufstechen kann (dafür sitzen sie zu tief und sind nicht gefüllt genug). Ich hoffe einfach, dass es morgen etwas besser geht. 


Gestern haben wir einfach entspannt, waren im Meer baden und haben das gute Wetter genossen.
Wir versuchen noch, unsere letzten Tage zu planen, aber es ist nicht leicht, ohne zu wissen, wie groß die Entfernungen zwischen den Orten sind und wir haben auch keine Ahnung, ob es irgendwo Pilgerherbergen oder günstige Unterkünfte gibt. Im Führer haben wir erst von einer Herberge gelesen (in Neustadt), können uns aber vorstellen, dass es noch einige gibt, die nicht im Heftchen aufgeführt sind (da stehen insgesamt nur 6 drin).
Wenn wir es heute richtig gelesen haben, wurde die Via Scandinavica erst 2010 eröffnet. Das erklärt vielleicht, warum das ganze noch nicht so aus ausgereift scheint. Ich hoffe, dass an der lückenhaften und stellenweise fehlerhaften Beschilderung noch gearbeitet wird und sich Ehrenamtliche aus der Region finden lassen, die sich des Weges weiter annehmen, denn die Strecke ist wirklich hübsch und empfehlenswert. 


Solange am ersten Wegstück noch nichts gemacht wurde, würde ich aber empfehlen in Burg zu starten oder von Puttgarden aus die für Radfahrer ausgewiesene Strecke bis zur ehemaligen Peter und Paul-Kapelle zu laufen (also die ersten Kilometer). Dann spart man sich den Stress über die Kuhweide, die Brennnesseln, Disteln und durch die Felder.
Zufälligerweise sind wir heute auch auf den Download des Führers gestoßen. Wir dachten, den könne man nur bestellen. Also falls jemand plant, diesen Weg zu laufen, kann man sich den Führer auch selbst ausdrucken. Lässt man ihn sich für 4 Euro zusenden, bekommt man ihn im DIN A5- Format mit einem Plastikschutz. Das Format ist etwas unpraktisch für die Hosentasche, aber ansonsten kann man nicht meckern.
Am Weg wachsen fast überall Brombeeren. Die sind jetzt reif und wer sie gern isst, könnte echt alle paar hundert Meter anhalten und naschen.
Andere Wanderer haben wir noch keine getroffen, aber sehr viele Radfahrer.
Auch weiß kaum jemand vom Jakobsweg. Wenn die Menschen Pilger sehen, denken sie an den Mönchsweg. Diesen Stempel halten auch die Kirchen und Rathäuser bereit. Von dem Weg haben wir allerdings noch nichts gehört.
Wir sind gespannt, was die letzten 2 Tage bringen. Zumindest geht es jetzt öfter an der Küste entlang und das Wetter soll bis Sonntag schön sein. Da wollen wir auch in Lübeck ankommen.


Hier jetzt ein paar Bilder vom Scrat- und Wandermuschel- Shooting ;)

Super- Säbelzahnratte





Mit Begleitheft

Mutig an den Klippen

Mittwoch, 4. September 2013

Bliesdorf, ca. 35 km

Der heutige Tag war vermutlich der anstrengendste, den ich je beim pilgern erlebt habe.
Gestartet sind wir um 8 Uhr und hofften darauf, in einem der folgenden Orte einen Laden oder wenigstens einen Bäcker zu finden, denn wir hatten, abgesehen von ein paar Nüssen, nichts mehr zu essen. Aber auch zu dem Thema Einkaufsmöglichkeiten hält sich unser Führer größtenteils bedeckt. Wir wussten zwar, dass es in Süssau am Strand einen kleinen Laden geben sollte, der während der Sommermonate geöffnet hat, aber dieser lag rund 1,5 km Kilometer vom Pilgerweg entfernt und wir hofften, dass sich dieser Umweg würde vermeiden lassen.
Da wir bereits fast 10 km gelaufen waren als wir in Süssau ankamen, entschieden wir uns dann doch für diesen Umweg. Auf dem Weg vorbei an Häusern und Feldern begegneten wir einer zutraulichen Katze und weiter ging es runter zum Wasser.





Der Laden war recht klein und natürlich hatte er stolze Preise, deshalb kauften wir nur 4 Brötchen und 2 Flaschen kalte Cola. Damit setzen wir uns an den Strand und frühstückten.
Von der Verkäuferin im Laden erfuhren wir, als wir nach Stempeln für unseren Pilgerpass fragten, dass gestern Abend schon mal eine Pilgerin dagewesen sei und dass sie bis nach Dahme weiterlaufen wollte. Da denken wie die ganze Zeit, dass dieser Weg kaum von Pilgern beschritten wird und dann ist uns eine Pilgerin nur 15km voraus... Leider hatten wie keine Idee, wie wir sie erreichen konnten, denn wir hätten gern mal etwas mit ihr geklönt. Da wir am Wohnwagen aber einen Tag Pause machen wollen, werden wir sie wohl nicht einholen können.
Als wir nach dem Essen versuchten, unseren Tag zu planen, fanden wir heraus, dass es bis zum Wohnwagen noch etwa 25 km waren. Die von Google maps geplante Route stimmte fast mit der Unseren überein. Wir beschlossen, dass wir es versuchen wollten. 35 km sind zwar hart, aber ohne Zeitdruck (das Bett im Wohnwagen ist ja sicher) konnte man es schaffen. Also zogen wir weiter, nachdem ich den rechten Fuß versorgt hatte. Da bahnte sich nämlich wieder eine Blase an.
Der Weg führte uns durch viele kleine Dörfer und an dem ein oder anderen imposanten Gutshof vorbei. Es ging entlang an Feldern und über Schotterpisten von Örtchen zu Örtchen. Die Häuser waren oft sehr hübsch. Reetdächer, Fachwerk und viele im (wie Johannes sagt) "friesischen Stil". Ein Haus in einem Ort sah sogar aus wie aus dem Örtchen O Cebreiro in Spanien, ich habe nur leider vergessen es zu fotografieren.
Ab und zu sahen wir das Meer am Horizont, aber leider nicht besonders oft.
Wie kamen auch an ein paar Kuhweiden vorbei, an denen die Kühe sich Gras geben und ein kleines bisschen streicheln ließen. Eine Herde war schwarz mit weißem Gurt um den Bauch und die Tiere sahen ganz flauschig aus.


Zwischendurch musste ich meinen Fußballen erneut versorgen, hier hatte sich nun doch eine Blase unter der Hornhaut gebildet. Ich habe versucht sie aufzustechen, aber das hat nicht geklappt. Also wickelte ich wieder Tape um den Fuß und hoffte, dass ich den Druck so verteilen könnte. Das Laufen war inzwischen recht schmerzhaft.
Als wir durch Grube kamen, wurden wir von 4 Damen angesprochen und eingeladen, ihre Kirche zu besichtigen, die nur 200m entfernt war. Sie waren ganz erstaunt, dass der Jakobsweg durch ihren Ort verläuft und waren überrascht, dass ihnen die Muschelaufkleber nie aufgefallen sind. So geht es aber vielen Leuten, die mit dem Symbol nichts anfangen können und mir ging es ja vorher auch nicht anders.
Wir sahen uns also die Kirche an und holten uns einen Stempel vom Pastor der Gemeinde ab. Weiter ging es dann in Richtung Cismar. Der Weg war bisher relativ gut ausgeschildert, aber auch hier gilt: Ohne den Führer ist es nicht gerade einfach, den Weg zu finden.
An einigen Kreuzungen gibt es keine Wegweiser, aber es ist auch nicht klar ersichtlich, wo es langgeht.
Der Weg nach Cismar war für mich echt schlimm, der rechte Fußballen schmerzte zunehmend, so dass ich Musik anmachen musste, um mich abzulenken. Das hilft immer ganz gut, weil ich mich dann nicht nur auf die Schmerzen konzentriere. Einen herzlichen dank an die toten Hosen und die Wise Guys.
Dennoch hatte ich das Gefühl, dass Cismar einfach nicht näherkommen wollte und ich konnte ja auch keinen Kilometercountdown runterzählen, denn der Führer.... Na ja.
In Cismar liefen wir zum Kloster, wo wir den ersten Via Scandinavica- Stempel in unsere Ausweise bekamen. Die Dame im Café drückte uns ungefragt auch noch den Stempel vom Mönchsweg in den Ausweis. Gut, haben wir halt zwei, auch wenn wir nur einen Pilgerweg laufen.
Hinter dem Kloster machten wir eine halbe Stunde auf einem Spielplatz Pause und entspannten die Füße.
Johannes taten seit heute früh die Füße weh und auch der Rücken. Auf Nachfrage meinte er, dass er sich den Rucksack im Laden hat gar nicht einstellen lassen und dass er nur glaube, dass er richtig saß. Nach einem Verstellen der Rückenlänge am Mittag ging es jetzt aber schon besser.
Eigentlich konnten wir beide nicht mehr wirklich. Aber wir waren schon im Grömitzer Umland und wollten weiterlaufen. In Grömitz würden wir eine lange Pause vor dem Endspurt machen und etwas essen.

Nach einem knappen Kilometer beschloss ich, dass ich die Blase noch einmal angucken musste, weil sie so wehtat. Und schnell war klar warum: sie war ganz schön gewachsen!
Sie reichte schon fast bis an den Zeh heran und dieses mal war es kein Problem, sie aufzustechen. Aber hinterher tat es noch ganz schön weh. Ich zog einen Faden durch die Blase (ich weiß, die Methode ist umstritten, aber ich wollte dringlichst ein weiteres Ausdehnen der Blase verhindern) und klebte diese am Fuß fest. So richtig verbinden oder abkleben konnte ich die Stelle aber nicht und so wickelte ich notgedrungen ein paar hundert Meter weiter ein ganzes Verbandpäckchen um den Fuß.
Ich vermute, dass die Blase deshalb so groß geworden ist, weil ich den Schuh ja nicht mehr richtig schnüren kann mit der abgerissenen Lasche und vorn zu viel Bewegung ist.
Mit dem Verband ging das Laufen dann aber erstaunlich gut und ich dachte immer wieder an Allans und meinen Leitspruch vom Camino in Spanien: walk through the pain.

Die Beschilderung war wieder echt mies und wir mussten uns den Weg anhand der handschriftlichen Karten im Führer zusammenreimen.
So kamen wir aber doch noch gut auf den Deich nach Grömitz. Vor dem Deich sahen wir übrigens den letzten Wegweiser vor Bliesdorf. Und dazwischen liegen etwa 8 km.
Wir liefen in Grömitz über die Strandpromenade und wurden von den Leuten doch recht seltsam angeschaut. Inzwischen war es aber auch schon kurz vor 20 Uhr.

Sandskulptur in Grömitz
Wir bestellten beim Italiener leckere Nudelgerichte und Cola und machten und um 21.15 Uhr auf zum Endspurt nach Bliesdorf. Es war inzwischen natürlich dunkel geworden und wir hatten nicht viel von der schönen Aussicht, aber da wir die Strecke kennen, war das nicht schlimm. Nach einem Kilometer musste ich zu allem Überfluss noch eine Fußballenblase am linken Fuß versorgen. Naa toll. Jetzt sind beide Füße schrott.
Zum Wohnwagen liefen wir noch eine Stunde, aber es kam uns kürzer vor. Wenn man die Strecke kennt und weiß, wie weit der Weg noch ist, ist alles etwas einfacher. Ich konnte den Weg in Abschnitte teilen: zum Yachthafen, zum kleinen, dann zum großen Wald und schließlich durch die Siedlung zum Campingplatz. Dort kamen wir um 22.15 Uhr an und waren unglaublich fertig. Wir waren 12,25 Stunden unterwegs, auch wenn viele Pausen dabei waren. Wir hatten dennoch eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 4 - 4,5 km/h.
Ich weiß nicht, woran es liegt, dass wir so langsam vorankommen, in Spanien war ich immer viel schneller am Ziel. Aber der heutige Tag war auch echt lang und die vielen Stunden hatten sicher mehr negative Folgen als die Anzahl an Kilometern, die wir gelaufen sind. Wir waren jedenfalls unglaublich erleichtert, als wir vor dem Wohnwagen standen, der uns mit seiner Ruhe und den hübschen Solarlichtern freundlich willkommen hieß.
(Diesen Bericht habe ich am Tag danach geschrieben, weil wir gestern nach der Ankunft nur noch ins Bett gefallen sind).

Dienstag, 3. September 2013

Sütel, vielleicht 21-25km?!

Die Nacht im Gemeindehaus war echt gemütlich, wir hatten es auf den Kissen sehr bequem. 
Wir machten uns um kurz vor Neun auf den Weg und gingen einkaufen. Mit frischen Brötchen und einem Franzbrötchen (wer das nicht kennt, hat was verpasst) konnte der Tag beginnen.
Wir liefen auf kleinen Wegen zum Burger Binnensee und an seinem Ufer entlang bis nach Wulfen. Der Tag begann etwas regnerisch, es hörte gegen Mittag aber auf und blieb trocken. Wir hatten eine wunderschöne Aussicht (wenn man die 3 Hochhäuser im Rücken ignoriert).
Der Wind ist heute bei Weitem nicht so stark wie gestern und es ließ sich gut aushalten. Zum Wandern eigentlich fast ideales Wetter, wenn es nicht so grau gewesen wäre.
Hinter Wulfen ging es fast 2,5 km am Stand entlang, einfach durch den Sand. Das war echt anstrengend und die Spaziergänger am Strand haben sich sicher gefragt, was mit mir nicht stimmt, immerhin lief ich mit fettem Rucksack und in Regenjacke da durch den Sand.
Teilweise war zwischen Gebüsch und Wasser nur ein Meter Platz und man musste die Wellen abpassen, um trockenen Fußes vorbeizukommen.
Kilometerweit durch den Sand...
Die Fehmarnsundbrücke hatten wir immer vor Augen und das überqueren eben dieser zog sich ins Endlose, weil man noch ewig über Land läuft und da ist die Aussicht nicht so schön wie über dem Wasser, man aber die ganze Zeit neben der viel befahrenen Straße läuft.
Den Pilgerführer werde ich wirklich nicht ins Herz schließen können, auch wenn ich dankbar bin, dass es Leute gibt, die sich die Arbeit gemacht und ihn geschrieben haben. Aber das Fehlen der Kilometerangaben nervt mich einfach, es war wirklich mühsam, den Tag zu planen. Wir wussten nur, wie weit es auf direktem Wege nach Grube war, aber hatten keine Ahnung, wie viele km das für uns bedeutete.

Wir haben deswegen aber ein GPS-Gerät mit und wenn wir herausfinden, wie man das Gerät richtig bedient, wissen wir auch, wie weit wir gelaufen sind und können den Autoren des Führers genaue Entfernungsangaben zukommen lassen. Aktuellen Schätzungen Zugfolge waren es etwa 21-25km (vermuten wir, kann auch völlig falsch sein. Mir kam es aber irgendwie länger vor. Eher wie 100km).
Die Wegbeschreibungen sind manchmal einfach umständlich formuliert, so dass man den Satz 2x lesen muss, um sich nicht zu verlaufen, denn die Beschilderung ist obendrein oft echt mies, bzw. nicht vorhanden. Das ist auch der Grund, warum wir den Führer brauchen und nicht ignorieren können. Ohne ihn kann man den Weg nicht gehen, ohne an jeder 2. Ecke raten zu müssen, wo es langgeht.
Wir haben auf dem Festland bisher nur kleine Ortschaften passiert, in dem größten der Dörfer (Großenbrode) konnten wir uns im Rathaus einen Stempel abholen und. Weiter ging es an der wenig befahrenen Straße durch sehr kleine Dörfer nach Lütjenbrode, wo ein Wegweiser ohne Pfeil suggerierte, dass wir hier geradeaus weiterlaufen müssen. Nach 800 Metern merkten wir, dass das falsch war und wir an der pfeillosen Muschel hätten links abbiegen müssen.
Uns beiden taten Füße und Beine weh und da es ohnehin ungewiss war, wie weit wir noch laufen mussten, hat uns so ein unnötiger Umweg gerade noch gefehlt.
Ein paar Kilometer später sahen wir, dass es schon 17 Uhr war und so wurde es langsam Zeit, sich um eine Unterkunft zu bemühen. In den kleinen Orten, die auf unserem Weg liegen, gibt es sicher nicht viele Möglichkeiten, kostenlos zu schlafen, wenn man sich nicht durch die Häuser klingelt (was wir nicht vorhatten). Wir versuchten, den Pfarrer einer Gemeinde zu erreichen, die nur 1 km vom Jakobsweg entfernt liegt, aber es ging niemand ans Telefon.
Wir liefen erst einmal weiter nach Sütel und kamen am "Haus Sütel" vorbei, in der "Zimmer mit Dusche und WC frei" stand.
Wir hofften, dass das Zimmer nicht zu teuer wäre und fragten nach. Vorher einigten wir uns darauf, dass wir nicht mehr als 30 Euro ausgeben wollten. Das Zimmer kostete 35 Euro... Nach kurzem Zögern sagten wir dann aber doch zu, denn wir hatten keinerlei Aussicht auf eine Unterkunft, waren erschöpft und wussten ja nicht, wie weit der Weg nach Neukirchen noch war.
Außerdem war die Aussicht auf eine Dusche sehr verlockend und die Sorge um die Nachtruhe waren wir los.
Uns wurde direkt Tee angeboten und Windbeutel gab es noch dazu. Wir plauderten mit der Besitzerin und ihrer Mutter und erfuhren, dass wir die ersten Pilger sind, die hier unterkommen. Dabei sieht man von der Terrasse aus sogar den Wegweiser. Dieser Pilgerweg scheint also echt nicht oft gelaufen zu werden. Im Gegensatz zum Mönchsweg, auf dem wir bis heute Nachmittag zeitgleich gelaufen sind, der ist den meisten Leuten ein Begriff (und der steht auch auf den Stempeln).
Das Zimmer hier ist sehr nett eingerichtet und das Bad ist riesig, alles wunderbar!
Wir ließen uns einen Stempel geben und als es dann ans Bezahlen ging, wurden uns spontan 5 Euro erlassen, Pilgerrabatt. Das freute uns natürlich und jetzt sind wir sogar bei den geplanten 30 Euro für die Nacht.
Wir fuhren mit den Fahrrädern des Hauses runter zum Strand und genossen das Meer und die Aussicht auf Fehmarn. Am Horizont entdeckten wir die vorhin erwähnten 3 Hochhäuser in der Nähe vom Burger Binnensee und die sahen wirklich winzig aus. So weit sind wir heute gelaufen? Verrückt!
Meine Aldiwanderschuhe sind zwar echt bequem und passen gut, aber im Laufe des Vormittags riss eine der unteren Schlaufen der Schnürsenkel. Ärgerlich, ich trage die Schuhe gerade mal den 4. Tag!
Wir wurden heute ein paar mal von Leuten angesprochen, die uns fragten, wohin wir laufen. Und hier grüßt auch noch jeder und das sogar mit einem "Moin", das freut das norddeutsche Herz!
Jetzt werden wir gleich Brötchen zu Abend essen und vermutlich übermorgen an den Wohnwagen kommen. Wir haben übrigens beide etwas Sonnenrand im Gesicht bekommen, dabei hat die Sonne eigentlich gar nicht so viel geschienen.
Qualle
Zum Abschluss eine Schmerzstatistik.
Birte: Drohende Blase am rechten Fußballen, wo die Schuhe noch feucht waren. Tape konnte es verhindern. Muskelschmerzen im linken Unterschenkel, Magnesium gekauft.
Außerdem eine drohende Sehnenscheidenentzündung durch die ungewohnte monotone Bewegung beim swypen auf dem Tablet. Hoffe, da passiert nichts, wäre irgendwie doof beim wandern das Handgelenk kaputtzumachen.
Johannes: Rücken- und Schulterschmerzen, kann man nichts machen, er sagt, der Rucksack sei richtig eingestellt.
Knie tut ein bisschen weh. Blase an einem Zeh, noch nicht aufgestochen.
P.S. Die vielen wie/wir und/uns- Fehler etc. kommen vom swypen, das hab ich noch nicht so drauf... ;)

Kaputter neuer Schuh

Am Horizont erkennt man 3 Hochhäuser. Dahinter sind wir heute gestartet.


Montag, 2. September 2013

Burg auf Fehmarn- ca. 15 Km

Wegweiser gefunden. Kann losgehen!
Unsere Reise begann um 10 Uhr am Hamburger Hauptbahnhof, so wie für viele andere Menschen (und besonders Schulklassen) auch. Keine Ahnung, was die alle Montag vormittag in der Bahn wollen...
Fehmarn empfing uns mit denkbar schlechtem Wetter. Der Himmel war grau, es war windig (okay, das war abzusehen) und es regnete.
Wir standen noch in der Tür des Bahnhofes, da sahen wir schon den ersten Wegweiser. Das freute uns natürlich und motiviert liefen wir los.
Da wir nicht in den Ort liefen, sondern gleich zum Weg am Deich sollten, holten wir uns im Restaurant vor dem Bahnhof den ersten Stempel und mitfühlende Blicke ab. Kein Wetter für eine Wanderung...
Es ging eine Zeit lang am Wasser entlang- wie lang wissen wir leider nicht, da unser Pilgerführer unerklärlicherweise auf Kilometerangaben verzichtet. Das ist eine Sache, die mich wirklich enorm stört. Wir wissen nicht, wie weit wir heute insgesamt gelaufen sind, vermutlich waren es 15Km, aber was mich wirklich ärgert ist, dass man so seine Etappen nicht planen kann. Der Pilgerweg verläuft kreuz und quer über die Insel, da hilft also auch Google Maps nicht weiter.
Wir wollen am Mittwoch bis zum Wohnwagen nach Bliesdorf laufen, da wäre es gut zu wissen, wie viele Kilometer uns erwarten, damit wir Zeit und Kräfte einteilen können.
Schnell wurde uns überdeutlich klar, dass dies nicht der einzige Kritikpunkt am Führer ist, denn wir haben uns schon nach wenigen Km verlaufen. Wir bogen auf einen Feldweg ab, der auch hervorragend gekennzeichnet war und standen plötzlich vor einer Kuhweide. Der Pfeil auf dem Wegweiser zeigte nach links, aber da war kein Weg, sondern nur hohes Gras mit Disteln und Brennnesseln. Wir mussten mehrere hundert Meter zwischen der Weide und einem Bach laufen und hatten höchstens einen Meter Platz. Rechts war allerdings Stacheldrahtzaun und links sah man nicht richtig, wo der Bach begann, ab und zu sah man aber bedrohlich dicht schon das Wasser. Der Weg war so hoch bewachsen, dass mir das Gestrüpp bis zur Hüfte ging.
Am Ende standen wir vor dem Zaun und einem weiteren Gatter... und IN dem eingezäunten Bereich war der nächste Wegweiser!
Hätten wir also über die Weide laufen sollen?
Nein, der Pfeil zeigte vorher eindeutig nach links und ich gehe doch auch nicht einfach auf eine Weide! Aber der Weg ging über die Brücke auf der Weide und dazu mussten wir auf die andere Seite des Zauns, denn neben uns war ja der Bach,da konnten wir nicht rüber.
Johannes kletterte also über das Gatter. Ich machte einfach das Tor auf und ging durch.
Wir überquerten den Bach, vorbei an Kuhfladen und Abdrücken im Matsch. Wir liefen an den Kühen vorbei, die zufällig gerade in einiger Entfernung grasten und sich so nicht großartig stören ließen. Ich frage mich, was die Menschen machen, die Angst vor großen Tieren haben und dann unvorbereitet hier durchmüssen. Und wenn die Tiere genau da stehen, wo man langmuss.
Am Ende der Weide gab es keinen Weg, keinen Wegweiser und auch kein Gatter und wir waren echt genervt. Wir haben dann bei Google Maps gesehen, dass es an der Stelle, wo es für uns über/durch das Gatter ging noch woanders über den Graben ging. Warum klebt man die Muschel dann an den Pfosten an der Brücke (aaaargh!) ? Die Wegbeschreibung im Führer war irgendwie Quatsch und passte nicht zu dem, was wir vor uns hatten. Und von einer Weide stand da kein Wort.
Wir fanden schließlich doch den Ausweg und mussten uns ein ganzes Stück durch noch mehr Disteln und Brennnesseln schlagen als vorher. Wie gut, dass wir kurze Hosen trugen...

Der Pfeil zeigt nach links!


Sieht aus, als müsse  man hier rüber und nicht nach schräg rechts, oder?!

Wir trafen dann, nachdem der Weg weiterhin schlecht beschrieben war, auf den Ort, an dem früher mal eine Kapelle stand, in der die Pilger für die geglückte Überfahrt nach Fehmarn dankten.
Hier steht nichts sehenswertes mehr, sondern eine Hinweistafel und ein kleines Häuschen zum ausruhen. Ob das diesen beschwerlichen Umweg wert ist....?!

Das Wetter war nach wie vor echt mies, aber glücklicherweise froren wir nicht, nur der Wind blies uns des öfteren fast vom Weg und war schon etwas nervig. Als Johannes eine Sekunde lang nicht aufpasste und ihm 4 Flyer herunterfielen, trug der Wind sie so schnell fort, dass er dachte, es lohne sich nicht, hinterherzurennen. Aber er hat sie dann doch noch eingefangen können.
Der restliche Weg verlief relativ ereignislos und unspannend. Feldwege, Felder, Flachland- viel gab es nicht zu sehen. Dennoch war der Weg angenehm und hübsch, führte aber immer an den Ortschaften vorbei und nicht hindurch.

Mit der Ausschilderung haperte es stellenweise, da war es gut den Führer zu haben und in Burg hörte es dann plötzlich für einige Zeit ganz auf mit den Muscheln.
Wir hatten gehofft, in Strukkamp in einem Haus unterzukommen, in dem Studenten während ihrer Surfkurse wohnen. Leider ist das Haus gerade an eine Schulklasse vermietet.
Also versuchten wie es in der Jugendherberge. Ich weiß, dass manche Jugendherbergen Pilger dort aufnehmen, auch wenn sie keine Clubmitglieder sind. Wir wurden hier aber sofort abgewiesen.
Also machten wir und erst einmal auf die Jagd nach einem Stempel.
In der evangelischen Kirche wurden wir fündig und als wir nach einer günstigen Übernachtungsmöglichkeit fragten, bot die Pastorin uns an, im Gemeindehaus zu schlafen. Wir hatten gehofft, dass das geht und waren echt froh, dass wir uns kein teures Zimmer mieten mussten.
Es gibt hier sogar große Kissen, aus denen wir uns ein Lager gebaut haben- das wird eine gemütliche Nacht.
Wir liefen noch in die Fußgängerzone, um etwas zu essen und genossen leckere Hausmannskost und Bier.
Morgen soll es laut Pilgerführer bis nach Grube gehen- wenn wir wüssten, wie viele Jakobswegkilometer das sind, wüssten wir, ob das machbar ist, denn die heutige Etappe ging eigentlich bis zur Sundbrücke.
Wir werden sehen...

Sonntag, 1. September 2013

Hallo Ostsee- Kurztrip auf der Via Scandinavica

Morgen geht es nach Fehmarn auf die Via Scandinavica. Ich werde mit meinem Freund bis nach Lübeck laufen. Für ihn ein kleines Eintauchen in die Welt des Pilgerns und ein Austesten, ob er es sich wirklich vorstellen kann, im nächsten Jahr weit über 2000 km zu Fuß zu laufen.
Für mich die Möglichkeit, mal wieder an die Ostsee zu fahren und gleichzeitig zu pilgern. Seit ich im letzten Jahr in der Nähe unseres Campingplatzes den Wegweiser mit der Muschel gesehen habe, möchte ich hier entlangpilgern.

Pilgerwegweiser in Neustadt/ Holstein
Der Plan, den Weg jetzt zu gehen, wurde fast schon aus der Zeitnot heraus geboren. Wir hatten eigentlich überlegt, die Probewanderung für Johannes in der Region zu machen und wären auf dem Elisabethenpfad von Marburg nach Köln gelaufen.
Ich wollte aber so gern mal wieder ans Meer... Für beides hatten wir keine Zeit und mussten uns entscheiden.
Und da habe ich beide Pläne miteinander kombiniert.
Die Vorbereitung gestaltete sich recht schwierig. Es gibt nur wenige Seiten im Internet mit hilfreichen Informationen und den Pilgerführer, den wir bestellt haben, gibt auf den ersten Blick nicht so viel her, wie ich gern über die Strecke gewusst hätte
Zudem war ich die letzten Wochen bei RaBauKi, dem Siegener Bauspielplatz und habe dort wochenlang im Zelt gewohnt- Nach den Tagen mit den Kindern und den Teamsitzungen am Abend hatte ich selten Zeit oder Lust die Reise vorzubereiten und war lieber am Feuer oder habe auf dem Sofa entspannt. Und so starten wir jetzt mit einiger Ungewissheit darüber, was uns erwarten wird, aber das finde ich auch ziemlich spannend und herausfordernd.
Das Rucksackpacken war meine liebste Aufgabe.
Ich liebe es, meine Ausrüstung Teil für Teil abzuwiegen, die Ergebnisse zu notieren und dann (zu) kritisch zu prüfen, ob wirklich jedes Teil notwendig ist. "Luxus is' nich", es kommt nur mit, was wirklich sein muss. Das ist besonders für die geplante große Tour von hier nach Santiago de Compostela wichtig. Da flog dann auch so manche Kleinigkeit raus, die meinen vielen Kontrollfragen nicht standhalten konnte.
Es gibt einige Dinge in meiner Ausrüstung, die leider recht viel wiegen, weil die leichten Alternativen kostspielig sind und ich mir nicht als jetzt schon kaufen kann und will. So wiegt mein Schlafsack, der mit 800g vom Hersteller angepriesen wird, schon ein ganzes Kilo, das geht noch deutlich leichter.
Im Endergebnis wiegt mein Rucksack jetzt (ohne Essen und Wasser) gut 6,6kg.

Ein paar Dinge sind noch rausgeflogen


Meine geliebten Wanderstiefel, die ich letztes Jahr gekauft habe, sind leider zu klein und so hatte ich ein echtes Problem. Ich will noch keine Schuhe für die große Reise kaufen und kann nicht mal eben 50-100 Euro in Ersatztreter stecken.
Zum Glück habe ich letzte Woche im Aldi Wanderschuhe für knapp 20 Euro gesehen und zugeschlagen.
Eingelaufen sind sie natürlich noch nicht, aber sie fühlen sich ganz gut an. In den Stiefeln hätte ich so oder so Blasen bekommen, von daher kann es in diesen Schuhen gar nicht schlimmer werden.
Neu gekauft habe ich einen Göffel (Gabel und Löffel in Einem), ein Taschenmesser sowie eine sehr warme, leichte Fleecejacke.
Eine Hose habe ich nicht gefunden und nehme jetzt eine alte kurze Hose und muss ggf. Improvisieren, wenn da was nicht passt.
Wir wollen nächstes Jahr ein Zeit mitnehmen, haben aber keines gefunden, das all unseren Kriterien entspricht. Wir hätten fast das McKinley compact II gekauft, aber dann hatte der Laden Samstag schon zu und auf Fehmarn hat es niemand vorrätig. Wir gucken heute Abend in Hamburg, ob wir Teile von Johannes 400 kg-Zelt mitnehmen können, ansonsten versuchen wir irgendwo in Häusern unterzukommen. Wird schon schiefgehen. Für morgen habe ich schon eine Idee, mal sehen ob das klappt...
Die beste Neuanschaffung ist das Tablet, das ich bei der Kamerasuche entdeckt und gekauft habe. Das Nexus 7 ist es geworden und ersetzt mit seinen 479g (mit Schutzhülle) Tagebuch, Reiseführer und alles andere, was man sonst an Papier mit hat. Außerdem kann ich so bequem E-Mails lesen und bloggen.
Wir kommen ja an unserem Wohnwagen vorbei und werden da schlafen. Das ist ein bisschen gruselig, da ich das letztes Jahr auf dem Camino in Spanien genau davon geträumt habe (siehe Eintrag "Boadilla del Camino").
Ich freue mich, dass somit eine Unterkunft mit Dusche schon mal gesichert ist und freue mich auf den Wohnwagen. Hier haben wir früher viele Wochenenden und unsere Urlaube  verbracht.
Da es offiziell nur 5 Tagesetappen bis nach Lübeck sind, werden wir spontan entscheiden, ob wir von da aus mit der Bahn nach Hamburg fahren oder laufen werden. Das halten wir uns offen und entscheiden kurzfristig nach Motivation.
Jetzt freue ich mich erst einmal auf meinen ersten Stempel im neuen Credencial :)



Auf dem Weg in den Norden haben wir die Wandermuschel in unsere Obhut genommen. Es ist eine Jakobsmuschel, die von Usern des Pilgerforum.de auf verschiedene Wege mitgenommen wird. So kennt sie bereits ein paar Wege in Spanien und Portugal, war schon auf dem Olavsweg in Norwegen und kommt jetzt mit uns auf die Via Scandinavica. Mit dabei ist ein kleines Notizheft, um die Reisen zu dokumentieren. Jetzt hat Johannes (übergangsweise) auch eine Muschel für seinen Rucksack.

Sonntag, 24. März 2013

24.und 25. März- Rückreise


Als wir heute aufstanden, kam der Hospitalero und brachte Allan sein Portemonnaie. Einer der Hospitaleros hatte es gestern Abend gefunden und ihm vorbeigebracht. Wir waren echt froh, dass es wieder da war und es fehlte nichts!

Dann gab es ein Problem: You- Jin und Allan hatten eigentlich zugesagt, heute mit nach Santiago zu fahren, hatten sich aber beide dagegen entschieden. Für Allan hatten wir gestern schon einen "Ersatzmann" gefunden, der mit uns in der Herberge schlief, aber You- Jin hatte spontan abgesagt und das passte dem Hospitalero gar nicht. Es stellte sich heraus, dass es seine deutsche Frau war, die uns nach Santiago bringen würde und sie erklärte mir, dass sie eigentlich nur dann fahren, wenn mindestens 4 Pilger mitkommen. Sonst würden sie nicht genug Geld daran verdienen.
Sie nahm ihren kleinen Sohn mit und erledigte wohl in Santiago immer ein paar Besorgungen und finanziert sich die Fahrt mit den Pilgern. Keine schlechte Sache, denn wir alle profitieren davon.
Da You- Jin nun aber kurzfristig entschieden hatte, erst heute Nachmittag mit dem Bus zurückzufahren, klang es zuerst so, als wollte die Frau die Fahrt absagen. Ich hätte dann meinen Bus verpasst. Wir einigten uns darauf, dass wir ein bisschen mehr bezahlen und fuhren dann los (es war sogar immer noch ein klein wenig billiger als der Bus). Die Frau erzählte, dass sie sich nach ihrer Pilgerreise vor einigen Jahren in den Hospitalero verliebt hatte und dann ausgewandert war. Eine schöne Geschichte und ein schöner Ort, in dem sie gelandet ist. Ich könnte mir auch vorstellen, hier zu wohnen- Wenn es ein bisschen dichter an Hamburg liegen würde.
Es wurde ein schwerer Abschied von Allan. Wir wissen nicht, ob und wann wir uns wiedersehen werden und es war echt ein schwerer Moment für uns alle.

Alma musste mit aufs Gruppenfoto :)

Als wir am Busbahnhof in Santiago abgesetzt wurden, hatte ich noch über eine Stunde Zeit, bis der Bus kam. Ich kaufte die Postkarte, die ich wie versprochen an Serafin nach Boadilla del Camino schicken wollte (er hatte mir ja ein neues Handtuch geschenkt). Hogy würde die Karte später einwerfen.

Als es Zeit für meinen Bus wurde, liefen wir runter zum Abfahrtsort, an dem schon einige Leute warteten. Ich hatte eine Pappkiste mit allen Fressalien für die Fahrt, dem Kuchen für die Kollegen und einen Haufen Getränke. Ich könnte mit der Kiste 2 Wochen lang überleben und freute mich schon, sie neben mir auf den Sitz zu stellen. Daraus wurde aber nichts, denn der Busfahrer erlaubte nicht, dass ich die Kiste mit reinnahm. Essen sei im Bus verboten (das hatte ich auf der Hinfahrt nicht so erlebt, ist aber vielleicht Fahrerabhängig).
Ich musste sie unten ins Gepäckfach stellen und hatte keine Gelegenheit, etwas rauszuholen. Ich sehnte mich schon nach der ersten Pause. Da würde ich einiges in den Bus schmuggeln.

Unauffällige Fressalienkiste
Der Busfahrer kontrollierte die Passagierliste und fand meinen Namen nicht. Egal, in welcher Konstellation wir meinen Namen durchgingen, es gab keinen Eintrag, der meinem Namen ähnelte. Ich befürchtete, stehengelassen zu werden, wurde dann aber doch durchgewunken und konnte mitfahren.

Nach relativ kurzer Zeit (vielleicht 2 oder 3 Stunden) hielt der Bus an einer Straße vor einer Gaststätte für eine Pause an. Ich hatte leider niemanden, der mir die spanische Ansage übersetzen konnte, aber da alle den Bus verließen, stieg auch ich aus. Ich ließ mir meine Kiste geben und bekam große Angst, als der Bus plötzlich wegfuhr. Ich fand dann aber jemanden, der mir sagen konnte, dass wir eine Stunde Pause machen würden und der Bus deshalb irgendwo anders parken würde.

Ich sortierte meine Futterkiste und sammelte die Sachen, die ich während der Fahrt essen wollte, heraus, sowie die Getränke. Da ich die Jacke von Johannes dabeihatte und die mir zu groß ist, hatte ich genug Platz, um einiges an Proviant schmuggeln zu können. Ich lernte in der Pause eine Deutsche kennen, die auch nach dem Pilgern auf dem Weg nach Köln und in meinem Alter war. Wir unterhielten uns und verbrachten die kommenden Pausen zusammen.
Zufälligerweise hatte sie das gleiche Handy wie ich und passende Kopfhörer, die sie mir lieh, damit ich Musik hören konnte. Ich weiß nicht, warum ich keine Kopfhörer mitgenommen hatte. Vermutlich war ich wirklich viel zu geizig mit jedem Gramm Gewicht gewesen (was wiegen die, 10 Gramm?!) und hatte sie einsparen wollen oder es der Erleuchtung zuliebe gelassen. An die langen Busfahrten hatte ich gar nicht gedacht.
Muschelbastelei aus der Herberge
Irgendwann fuhren wir auf einen großen Rastplatz, an dem unzählige Reisebusse standen. Ein Mann lief durch den Bus und verteilte lauter bunte Kärtchen.
Ich erfuhr, dass das hier eine Art Umsteigeplatz war: Die Busse kamen aus verschiedenen Orten, trafen sich hier und mischten die Passagiere neu, bevor sie weiterfuhren. Ich bekam ein Kärtchen mit einer Busnummer, den wir draußen suchten. Erst einmal mussten wir aber lange warten.
Ich glaube 2 Stunden oder so mussten wir im Rasthof herumsitzen und warten, bis wir unser Gepäck aus dem alten Bus holen, in dem neuen verstauen und uns Plätze im Bus ergattern konnten. Es war furchtbar stressig, denn die Leute drängelten und schubsten einander herum und schmissen ihre Taschen unkontrolliert in das Gepäckfach, obwohl wir unsere Rucksäcke noch gar nicht rausgeholt hatten. Wir waren total genervt und froh, als wir endlich im Bus saßen und niemanden neben uns hatten. Wir hatten unsere Schlafsäcke mit reingenommen, um es uns für die Nacht so bequem wir möglich zu machen. Leider stiegen immer wieder Leute in den Bus dazu und bald hatten wir jeder jemanden neben uns. Wir bekamen 2 junge Spanier, die auf dem Weg nach Deutschland waren und sich dort Arbeit erhofften. Sie konnten kein deutsch und nur schlecht englisch- Ich hoffe, das sie Erfolg bei der Suche haben werden.

Im Bus wurde ein schlechter Film mit animierten Meerschweinchen gezeigt. Ich verstand zwar nichts, fand die Geschichte aber auch ohne Text doof. Als der Film endlich zu Ende war, wurde er direkt wieder abgespielt. Ich dachte, ich guck nicht richtig.
Aber als er dann ein drittes mal gestartet wurde, bin ich nach vorn und habe den Fahrer gebeten, den Film auszumachen. Ich habe ihm auf englisch und französisch gesagt, dass der Film jetzt zum dritten mal läuft es und es langsam nervt. Als ich wieder zu meinem Platz lief, bekam ich von vielen Fahrgästen zustimmende Blicke und Applaus. Na immerhin war ich nicht allein genervt. Dennoch lief er ein drittes mal durch.

Es wurde eine unbequeme und sehr lange Nacht. Der junge Mann neben mir sitzt offenbar gern breitbeinig, aber vielleicht geht es auch aufgrund seiner Beinlänge nicht anders. Es schläft sich natürlich auch nicht besonders entspannt, wenn man Angst haben muss, einem Fremden auf die Schulter zu rutschen und ihn vollzusabbern.
Ich versuchte, mich nur ans Fenster zu lehnen und bald tat mir alles weh. Die Fahrt zog sich ins Unendliche und gefühlt war sie das ja auch, immerhin würden wir gut 30 Stunden unterwegs sein.
Als es hell wurde, machten wir auch wieder etwas längere Pausen auf Rastplätzen und wir genossen es, uns die Beine vertreten zu können. So eine lange Busfahrt ist schon echt anstrengend.

Als wir wieder in Deutschland waren, landeten wir im Stau und so verzögerte sich unsere Ankunft am Hauptbahnhof um eine ganze Weile. Ich konnte langsam echt nicht mehr und wollte endlich aussteigen. Außerdem wartete Johannes bereits am Bahnhof und ich war schon ganz kribbelig, ihn endlich wiederzusehen.
Ich war richtig aufgeregt, als wir am Bahnhof einfuhren und ich ihn schon warten sah...

Samstag, 23. März 2013

23. März- Finisterre


Heute haben wir ausgeschlafen und sind dann in den Laden, um uns für einen schönen Tag am Strand auszurüsten. Wir kauften viele Dosen mit Softdrinks und Bier- Das haben wir uns verdient. Außerdem einen Haufen leckeres Essen.

Es war richtig gutes Wetter, klarer Himmel und viel Sonne. Wir legten uns an den Strand, sonnten uns und genossen den letzten gemeinsamen Tag. 
Es war so warm, dass die Jungs sich auszogen und wir gut ins Schwitzen kamen. Nicht schlecht für Ende März- Und einen ordentlichen Sonnenbrand gab es auch noch dazu.

Ich lief ein bisschen am Strand herum, machte Bilder mit Scrat und schrieb ein paar Sprüche in den Sand. Außerdem ging ich immer wieder bis zu den Knien ins Wasser. Es war zwar noch recht kalt, aber da meine Familie einen Wohnwagen an der Ostsee hat, waren wir als Kinder ständig da und ich bin abgehärtet.
Als meine Hose von einer Welle durchnässt wurde, beschloss ich, dass ich auch einfach mit Klamotten baden gehen konnte. Hogy kam mit und wir tobten in den großen Wellen. Nach einer Ewigkeit gingen wir durchgefroren aus dem Wasser und legten uns zum trocknen in die warme Sonne. Es hat nicht lange gedauert und meine Klamotten waren wieder trocken.





  
Nachmittags gingen wir zurück in den Ort und erledigten den Großeinkauf für die Rückfahrt morgen. Ich werde rund 30 Stunden im Bus sitzen und neige ja dazu, viel zu viel Proviant mitzunehmen. Außerdem wollte ich noch ein paar Sachen, die es in Deutschland nicht gibt, mitnehmen, unter Anderem eine "Tarte de Santiago" für meine Arbeitskollegen, denn ohne sie hätte ich nicht auf die Reise gehen können.
Vorher versuchten wir noch, Jakobsmuscheln am Strand zu finden, denn wir hatten den Tag am falschen Strand verbracht (denn da gibt es keine). Leider haben wir den Strand nicht gefunden. Ich hätte so gern ein paar Muscheln gesammelt und mitgebracht…


Wir gingen wieder in die Herberge und lernten dort ein paar neue Pilger kennen, unter Anderem eine junge Hippiefrau aus Berlin.
Wir kochten und verbrachten den Abend am Strand. Die Berlinerin hatte Pois dabei und tanze damit in der Dämmerung am Strand. Wir schauten uns den Sonnenuntergang an und tranken Bier.
Unser Hospitalero kam mit dem Hund zum Strand und lud uns ein, mit zu dem Mann zu kommen, der am Strand zeltete.
Dieser hatte ein großes Lagerfeuer entfacht und nach und nach trudelten andere Herbergsleiter mit ihren Pilgerschäfchen ein, so dass wir eine recht große Schar wurden. Es gab ein paar Musikinstrumente, viel Wein und ein paar Joints , an dem glaube ich einige Pilger zogen, ohne genau zu wissen, was sie da rauchten. Es war ein sehr heiterer und lustiger Abend und schöner hätte die Zeit am Meer kaum enden können.



 Als wir spät in der Herberge zurück waren, bemerkte Allan, dass er sein Portemonnaie verloren hatte. Er konnte es nirgends finden und hatte es aber sicher mit am Strand gehabt. Wenn es weg ist, wäre das eine Katastrophe, denn wie sollte er ohne Ausweis und so zurück nach Kanada kommen? Und außerdem hatte er sein ganzes Geld da drin. Er lieh sich meine Taschenlampe und zog noch mal los, um den Weg zum Strand abzusuchen. Er kam nach über einer halben Stunde frustriert zurück. Er  hatte es nicht gefunden, am Strand war niemand mehr und er konnte das Portemonnaie auch nicht finden. Hoffentlich hatte es keiner geklaut…

Allan hatte heute beschlossen, dass er noch ein paar Tage hierbleiben würde. Sein Flug ging erst in ein paar Tagen und was sollte er in Santiago, wenn hier das Paradies war?
In Santiago würde er niemanden mehr kennen und müsste die Tage allein verbringen, denn Hogys Flieger geht morgen Nachmittag. Wir motivierten ihn zu bleiben und es sich hier gutgehen zu lassen und der  Hospitalero hatte kein Problem damit, ihn so lange aufzunehmen. Das Haus ist ohnehin nicht ausgebucht und wir sind hier auch keine Pilger mehr, da kann man problemlos länger in einer Herberge bleiben.




Übrigens: Ich habe ganz vergessen, die Geschichte von "South Carolina" weiterzuerzählen. Das ist die Frau, die in Ledigos die abenteuerliche Geschichte ihrer Pyrenäenüberquerung erzählt hatte, bei der sie fast draufgegangen wäre.
Kim, der am gleichen Tag wie sie in St. Jean- Pied- de- Port gestartet war, erzählte Hogy, dass sie nicht über die Pyrenäen gelaufen war, sondern auf dem Weg irgendwo von einer Familie aufgegabelt wurde und dort übernachtet hat. Das hatte sie den anderen Pilgern am Tag danach berichtet. Man weiß nicht genau, welche Geschichte stimmt oder nicht doch alles ganz anders war. Jedenfalls kann man wohl nicht jedem Pilger seine Geschichten glauben. Schade, dass es auch hier Menschen gibt, die meinen, sich beweisen zu müssen, dabei hatte ich auf dem ganzen Weg nicht einmal das Gefühl, dass es nötig wäre. In der Pilgergemeinschaft ist man angenommen, wie man ist und muss sich nicht unnötig interessant machen. Aber das sieht wohl nicht jeder so, leider.