Mittwoch, 30. Juli 2014

Tag 77: Moissac - Saint Antoine de-Pont-d'Arratz

Mein Tag begann mit einem Blick aus dem Zelt und der Erkenntnis, dass heute Nacht eine Schnecke über jeden der vier Schuhe gekrochen war und eine schleimige Spur hinterlassen hatte. Haben Schnecken nachts oder am frühen Morgen nichts Besseres zu tun?!

Wir packten unsere Sachen und liefen gemeinsam mit Lydia hinunter zur Kirche, um sie von innen ausgiebiger als gestern zu besichtigen, da hatte es nur für einen kurzen Blick gereicht, weil sie geschlossen wurde.

Danach liefen wir noch ein paar Meter gemeinsam und dann mussten wir uns von Lydia verabschieden. Johannes und ich verließen die Stadt und wanderten in den nächsten Stunden am Kanal entlang.
Diese Variante gefiel uns besser, weil sie etwas kürzer war und sich Anstiege spart. Zudem mögen wir Wasser.
Es war eine hübsche Strecke, die gemütlich zu laufen war.
Irgendwann verließen wir den Kanal und mussten ein paar Kilometer auf der Landstraße laufen. Wir kamen nach Espalais, wo am Ortseingang eine Herberge steht, in der man auch Pause machen darf. Wir schauten uns um und ich wäre am Liebsten gleich dort geblieben. Es war so gemütlich! Sofas, viel Holz, schöne Dekoration und großer Garten, mit Liegestühlen und einer Schaukel am Baum. 
Es war aber erst 14 Uhr und Johannes wollte noch weiter. Also machten wir uns bald wieder auf den Weg und kletterten den Berg nach Auvillar hinauf.

Dieser Ort gehört, es wird niemanden überraschen, zu den schönsten Orten Frankreichs. Und anscheinend muss ein Ort auf dem Berg liegen, um in diese Liste aufgenommen zu werden.
Der Ort erwies sich tatsächlich als sehr hübsch und wir gönnten uns eine Packung Mars-Eis und eine Flasche Cola.
Mir fiel ein winziges Stück Schokolade vom Eis auf die Stufe der Treppe und dieses rief in wenigen Minuten eine ganze Meute Ameisen auf den Plan, die ich lange beobachtete und ein paar Tropfen Cola spendierten wir ihnen auch noch.

Eine Gruppe Rentner lief an uns vorbei und fragte, ob wir Pilger seien. Als sie erfuhren, dass wir in Deutschland gestartet sind, wollten sie wissen, wie es unseren Füßen geht und dass wir keine Blasen haben konnten sie kaum glauben. Ich streckte ihnen stolz beide Füße entgegen, denn für mich ist es immer wieder ein Wunder, dass ich nach all den vielen Blasen auf den letzten Wegen blasenfrei laufen kann.
Aber damit keiner denkt, die Reise sei ein leichter Spaziergang, zeigte ich noch dramatisch auf mein aufgeschürftes Knie. 

Wir setzten unseren Weg fort und liefen nur kurz über Waldwege, danach leider Ewigkeiten auf und ab über Asphalt an der Landstraße entlang und in der prallen Sonne. Kein Geschenk.
Nach gefühlten 3 Stunden kamen wir endlich in Saint Antoine de-Pont-d'Arratz an und liefen zur Herberge L'oustal, in der man für 5€ zelten kann. Das ist der übliche Preis, wenn man an den Gites sein Zelt aufstellen möchte.
Wir wurden freundlich empfangen, bekamen ein Glas Wasser mit Sirup und checkten ein.
Ob wir auch duschen wollen, fragte uns die Frau. Bien sur Madame, wer will das nicht? Lächelnd sagte sie uns, dass das dann 5€ extra sind - pro Person! Wir lehnten (unsererseits nicht mehr so lächelnd) die Dusche ab und erfuhren, dass wir zusammen nur 5€ für die Übernachtung zahlen. Das hatten wir nicht verstanden, aber es brachte uns auch nicht dazu, 10€ für zwei Duschen zu zahlen.

In Garten zeltete bereits eine Familie, die mit Fahrrädern und 4 Kindern unterwegs ist. Der Zweitjüngste war etwa 4 Jahre alt und kam sofort strahlend herüber, um mit mir zu kuscheln. Er hat das Downsyndrom und schert sich nicht darum, ob ich verschwitzt bin, wo ich herkomme und überhaupt. Aber er entdeckte meine Wunde am Knie und pustete. Als ich Scrat aus den Rucksack zog, nahm er ihn in die Hand und stupste Scrats Nase gegen das Knie. Er pustete alle Schmerzen weg, bis seine Eltern ihn zurückholten.

Neben der Herberge ist ein Friedhof und da es dort fast immer einen Wasserhahn gibt, wuschen wir uns dort. Pah, ihr Herbergsleute, mit uns macht ihr so etwas nicht.

Frisch gewaschen liefen wir in das Dorf zurück und schauten uns die Kirche an, die ungewöhnlich aussah, fast etwas orientalisch und sie war wunderschön.
Den Rest des Abends lagen wir im Gras, genossen das schöne Wetter und gingen irgendwann schlafen, die Sonnenblumen neben uns hatten auch schon ihre Köpfe gesenkt und schliefen.

Dienstag, 29. Juli 2014

Tag 76: Lauzerte - Moissac

Heute ist Lydias letzter Tag. In Moissac ist ihre diesjährige Etappe zu Ende und sie muss zurück ins echte Leben.
Johannes und ich machten uns an den Frühsport und liefen den Berg hinauf nach Lauzerte. Wir trafen Lydia, frühstückten und ich machte noch einen schnellen Rundgang durch den Ort, denn ich hatte gestern ja nichts mehr gesehen.

Die ersten Kilometer des Tages verliefen etwa so: bergab, um auf den gegenüberliegenden Berg zu klettern, dann wieder runter, um auf den Nächsten zu laufen. Am Schlimmsten war aber, dass wir die meiste Zeit des Tages über Asphalt liefen. Der Weg schien sich alle Mühe zu geben, Lydia den Abschied möglichst leicht zu machen.

Zwischendurch wechselten wir aber doch wieder auf hübsche Wege und mussten auch noch den einen oder anderen Anstieg bewältigen.
Wir kamen an einem Tisch vorbei, der am Wegesrand stand und auf dem Obst lag, das man gegen eine Spende mitnehmen konnte.
Wir entschieden uns für eine herrlich duftende Melone und suchten uns einen schönen Platz, um sie zu essen.
Mittags kamen wir durch einen Ort mit einem Café und gönnten uns eine lange Mittagspause. Als wir weiterliefen, fing es an zu regnen, aber glücklicherweise war es nur ein kurzer Schauer und danach war die Sonne wieder da und es wurde richtig heiß. Totales Aprilwetter.

Die letzten Kilometer vor Moissac wurde der Weg noch einmal ganz hübsch und verlief über Feldwege und durch Wald. Am Ortseingang von Moissac mussten wir uns zwischen zwei Wegen entscheiden. Der eigentliche Weg verlief über wenig befahrene Straßen und der Andere führte ohne Umwege ins Zentrum. Da der schönere Weg nur 600m länger sein sollte, entschieden wir, diesen zu nehmen.
Ob wir das auch getan hätten, wenn wir gewusst hätten, dass wir noch mal richtig lang und steil bergauf müssen auf dieser Route?
Irgendwann lag die Stadt ziemlich weit unter uns und ich fragte mich, ob das wirklich nötig war. Vielleicht hat man sich gedacht, dass die Pilger in der letzten Zeit nicht genug gelitten haben und deswegen diesen Weg markiert?!

Nachdem ich einen niedlichen Hund ausgiebig durch ein Tor gestreichelt und mich mit seinem Frauchen unterhalten hatte, ging es steil bergab und endlich ins Zentrum von Moissac.
Dort durften wir gleich wieder ein kleines Stück bergaufkraxeln, um zur Herberge im alten Kloster zu kommen.
Dort wurden wir herzlich von einem 62-jährigen Franzosen empfangen, der recht gut deutsch spricht und ganz schön Sprüche klopfte. Es ist schön, wenn die Mitarbeiter freiwillig und mit Freude in den Herbergen mitarbeiten!
Wir können hier für 5,50€ zelten und sparen somit wieder ein paar Euro. Zum Glück mögen wir unser Zelt, sodass es kein Problem für uns ist, kein Bett zu haben.

Wir machten uns direkt auf den Weg in die Stadt, um einzukaufen. Wir wollten kochen, sind aber erst um halb 6 in der Herberge angekommen und die Läden schließen um 19 Uhr.
Wir kauften viele leckere und gesunde Lebensmittel und gönnten uns noch einmal leckere Törtchen aus der Konditorei.
Nachdem wir uns die wirklich sehenswerte Kirche (vor Allem das außergewöhnliche Tympanon (ich kannte das schlaue Wort für Eingangsdekoration vorher nicht)) angesehen hatten, liefen wir zurück und kochten uns ein unheimlich leckeres Abendessen.
Eigentlich wollten wir danach noch einmal in den Ort, um die Kirche im Abendlicht zu betrachten, aber wir waren zu satt, zu faul und vor Allem müde. Deswegen versackten wir, mit kleinen Katzen auf dem Schoß, auf dem Sofa und gingen zeitig schlafen.

Montag, 28. Juli 2014

Tag 75: Lascabanes - Lauzerte

Heute morgen holten wir Lydia an ihrer Herberge ab und liefen gemeinsam los. Den ganzen Vormittag wanderten wir an Sonnenblumenfeldern vorbei und in einige der uns zugewandten Sonnenblumen waren Motive gezupft worden. Hauptsächlich Gesichter, aber auch einen Pfeil und etwas Geschriebenes habe ich entdeckt.

Wir wanderten hügelauf- und abwärts bis nach Montcuq, einem der zahlreichen schönsten Orte des Landes.
Wir sind heute morgen extra früher gestartet,  um uns den Ort ausgiebig ansehen zu können. Die Kirche am Ortseingang konnten wir besonders intensiv besichtigten,  weil es regnete und wir warteten, bis es aufhörte.
Wir kauften uns ein leckeres Frühstück in der Bäckerei und liefen durch den Ort, auf der Suche nach einem schönen Plätzchen für unsere Pause.
Dabei mussten wir feststellen,  dass der Ort gar nicht so umwerfend hübsch ist, wie wir erwartet hatten.  Jedenfalls fanden wir keinen Platz, der uns wirklich gefiel und so setzten wir uns einfach vor das Rathaus und frühstückten endlich.
Dieser Ort hat zwei englische Buchläden, aber wir hatten mal wieder Glück: Einer der beiden öffnet nur am Nachmittag und der Andere hat an einem einzigen Tag in der Woche geschlossen.  Heute. Schade, denn besonders Lydia hatte sich darauf gefreut, in englischen Büchern zu stöbern.
Dieser Ort soll bei Engländern als Zweitwohnsitz sehr beliebt sein und wir haben auch einige  britische Autos gesehen, konnten aber nicht herausfinden,  warum dieser Ort so beliebt ist.

Der Rest des Ortes war nach dem Frühstück schnell besichtigt.  Es gibt noch einen hohen Turm,  aber der kostete leider Eintritt und das war uns die Aussicht dann doch nicht wert. Es ist ja nicht so, dass wir nur durch Täler laufen und keine Aussichten hätten.
Wir traten die letzten 14 km also etwas früher als geplant an und wanderten wieder an unzähligen Sonnenblumen vorbei. Ich liebe Sonnenblumen.  Sie sehen sympathisch aus und strahlen so schön.

Auf einer Wiese an einem Feld machten wir eine Pause und flüchteten spontan,  als eine Gruppe mit 25 Jugendlichen anrückte. Auf den schmalen Wegen würde es kein Spaß sein,  die Gruppe zu überholen. Lachend hetzten wir uns gegenseitig und liefen los, bevor die Gruppe uns erreichte. Es ging noch einmal ordentlich bergauf und dann bald auf Lauzerte zu. Johannes und ich kletterten nicht in den Ort auf dem Berg,  sondern heben uns den steilen Anstieg für morgen früh auf, denn der Campingplatz liegt im Tal davor. 

Wir liefen die letzten 700m im Nieselregen und erreichten den Platz,  auf dem uns gleich eine Katze begrüßte. Wir bekamen einen Platz zugewiesen und Johannes beschloss, sich heute noch etwas im Ort umzusehen.  Ich hatte keine Lust,  den Berg zu erklimmen und widmete mich lieber meinem Tagebuch. 
Es gewitterte und ich duschte mit kaltem Wasser.  Die große Jugendgruppe hat vermutlich das gesamte Warmwasser verduscht, ich hätte mich mehr beeilen müssen.

Neben uns zeltete eine französische Pilgerin, die wir schon kennen und Johannes hat versucht,  auf Französisch ein Date zum gemeinsamen Abendessen auszumachen.  In 10 Minuten wollte sie zu uns stoßen. 
Wir warteten über 30 Minuten,  dann tauchte sie auf, wünschte uns einen guten Appetit und aß mit ihrer Freundin an einem anderen Tisch.
Ob das an sprachlichen Barrieren lag oder nicht,  weiß ich nicht, jedenfalls hatten wir unsonst gewartet.

Es ist generell nicht so leicht mit den Franzosen,  weil kaum jemand genug englisch spricht, um sich zu unterhalten und auf Französisch können wir nicht lang reden,  weil Johannes dann nicht folgen kann.

Den Abend verbrachten wir auf dem überdachten Platz und ich hörte ein bisschen dem Programm der katholischen Jugendgruppe zu, die am Ende noch viele Gesänge in ihre Gebete einband und dann ging ich ins Bett. 

Sonntag, 27. Juli 2014

Tag 74: Cahors - Lascabanes

Da wir uns heute morgen noch etwas in Cahors umschauen wollten, brachen Johannes und ich zeitig auf. Immerhin mussten wir noch eine gute halbe Stunde bis in die Stadt laufen.
Alles lag noch im Nebel und die Morgenluft war frisch. So etwas hat seinen ganz eigenen Zauber.
In Cahors trafen wir Lydia und wir gingen noch einmal in die gute Boulangerie-Patisserie von gestern.  Die Törtchen standen schon bereit und wir hätten gern wieder welche gekauft... Ich entdeckte eine große Tüte mit Backwaren vom Vortag für 2€ und die nahmen wir gern. Es war eine ganze Menge drin und alles schmeckte herrlich. 
Wir verließen die Stadt über die alte Brücke, für die Cahors bekannt ist (sie ist auf jeder Postkarte). Dahinter mussten wir einen sehr steilen Anstieg bewältigen.  Beim Blick nach oben sah es fast senkrecht aus. Der Abschnitt nannte sich verheißungsvoll "passage sportif".
Es ging mächtig schweißtreibend nach oben über hohe Stufen und ein Ende war vorerst nicht in Sicht. Aber immer wieder konnten wir zurückblicken und die Sicht auf Cahors und die hübsche Brücke genießen.  Die Ausblicke werden ja glücklicherweise immer schöner,  je höher man kommt.
Bald waren wir dann oben und liefen ein Stück auf der Höhe. Danach schnell ging es bergab bis ganz nach unten, um den nächsten Berg wieder voll mitnehmen zu können.  Es war ein auf und ab.
In Les Matthieux gibt es eine Herberge, die einen Picknickplatz mit Wasserstelle für Pilger bereithält. Hier ist eine Tafel angebracht mit Höhenprofil und Entfernungen bis nach St.-Jean-pied-de-Port.
Den Höhenprofilen, die wir so sehen, vertrauen wir schon lange nicht mehr,  aber wenn es einigermaßen hinkommt,  dann laufen wir auch weiterhin viel auf und ab.
Die nächsten 4 km ging es jedenfalls ordentlich bergauf, über Schotterwege und in der prallen Sonne.
Heute gab sich die Sonne wieder alle Mühe,  uns zu beweisen, dass es in Südfrankreich sehr wohl heiß sein kann.
(Hoppla, Südfrankreich!  Das klingt ziemlich weit weg! Wir sind doch in Nordrhein-Westfalen gestartet!)
Wir flüchteten im nächsten Ort unter einen Baum,  der seinen Schatten großzügig auf die Wiese warf. Ein Hund gesellte sich zu uns und hoffte, etwas von unserem Essen zu bekommen. 
Den Rest des Tages liefen wir über helle und steinige Wege zwischen Bäumen in karger Landschaft (Wald wäre übertrieben) und unzählige Zikaden machten einen unbeschreiblichen Lärm!
Seit einiger Zeit sitzen sie schon am Wegesrand und feuern die Pilger an und manchmal sind sie wirklich ungemütlich laut.
Wir erreichten Lascabanes relativ spät,  da wir hier und da noch kleine Päuschen einlegten. Die erste Gite im Ort hatte einen schönen großen Garten und wir durften hier zelten.  Lydia musste leider zur anderen Gite (wo wir nicht zelten durften, weil die Bäder den Zimmern angeschlossen sind und wir dann ja in ein Zimmer reinmüssten...) und auf einer Liege in der Küche schlafen,  da alles Andere belegt war. Sie hatte dort erst am Nachmittag angerufen und zum Glück war der Platz in der Küche da noch frei.
Wir verabredeten uns für 19 Uhr, um gemeinsam zu essen.
Wir suchten uns einen schönen Platz für das Zelt, ich streichelte die Hunde, die am Nachbarbaum an langen Ketten angebunden waren und zwei Opis jenseits der 90 saßen auf Plastikstühlen im Garten und als einer der beiden hörte,  dass ich aus Deutschland komme, fing er an, über Hitler zu reden. Der andere Opi schlug sich die Hand vor den Kopf und bat ihn, aufzuhören.
Die Duschen waren angenehm, endlich konnte ich die Klamotten mal sicher ablegen und musste nicht  (wie auf den Campingplätzen) alles auf wenige Haken verteilen und aufhängen. Außerdem zog hier auch kein kühler Wind durch.

Im Flur stand ein gemütliches Sofa,  es gab Internet und kalte Getränke,  die wir uns trotz der hohen Preise gönnten,  denn wir schlafen hier für nur 3€.
Wir fanden einen großen toten Käfer mit langen Fühlern auf der Wiese, den wir zur Begrüßung auf Lydias Platz legten, als wir uns an dem Tisch vor ihrer Herberge installierten.
Als sie kam, warf sie nur einen kurzen Blick auf das Monster und sagte "aha, das ist aber nett". Schade, dass sie nicht geschrien hat und auf den Tisch gesprungen ist,  das wäre lustig gewesen. 
Wir teilten unsere Habseligkeiten, aßen uns satt und ließen den Abend auf den gemütlichen Stühlen ausklingen.
Die Abende auf dem Camino entschädigen für alles, was einen am Tage auch immer aufregen mag.  Anstrengende Auf- und Abstiege, Regen,  hässliche Industriegebiete oder stundenlanges wandern unter der prallen Sonne.  Die Abende sind einfach schön!

Samstag, 26. Juli 2014

Tag 69- 73: Schlenker über Rocamadour

Wir haben uns für den Umweg über Rocamadour entschieden. Wir sind gut in der Zeit und müssen uns nicht stressen und wer weiß, wann man das nächste mal nach Südfrankreich kommt?
Wenn der Ort so sehenswert ist, dann wollen wir ihn auch sehen.

Wir liefen heute morgen nach Figeac hinein und fragten in einem Fotogeschäft, ob sie eine Idee haben, was mit der Kamera sein könnte. Der Mann testete den Akku, während wir einkaufen gingen und ich hoffte, dass das Problem wirklich am Akku liegt. Leider (und natürlich) war das nicht so und wir ließen uns die Kameras zeigen, denn wir hatten vorher schon entschieden, dass wir zur Not eine neue Kamera kaufen würden. Wir wollen die Kamera hier nicht in Reparatur geben, weil dann die Garantie verfällt.
Wir konnten uns mit keiner der Kameras anfreunden und ich fragte, ob es meine Kamera oder das Vorgängermodell vielleicht im Ort zu kaufen gäbe und er verwies uns an einen anderen Laden, der sie wirklich da hatte!
Für 149€ habe ich nun das Vorgängermodell mit Hülle und einer 8 GB Speicherkarte bekommen und bin froh, dass ich mich nicht umstellen muss und weiß, dass die Bilder gut werden.

Weg nach Rocamadour:

Wir verließen Figeac mit einem guten Frühstück im Rucksack und suchten uns einen schönen Platz zum essen. Wir fanden bald einen hübschen Rastplatz und lasen die Infozettel, die wir in der Touristeninformation bekommen hatten. Denn wir wussten noch gar nicht genau, wo es Unterkünfte gab und wo nicht. Die Strecke nach Rocamadour auf dem ausgewiesenen GR6 (Fernwanderweg) ist 57 km lang, das könnte man gut in zwei Tagen schaffen. Aber es gibt keine Herberge nach 25-30 km, sondern nur deutlich davor und deutlich dahinter.

Wir überlegten und rechneten, wie wir es schaffen konnten, morgen anzukommen (wir wissen, dass Thomas, Lydia und Pierre auch morgen ankommen wollen und müssen) und entschieden uns, heute auf eigene Faust über die Landstraße und Nebenwege zu laufen, um den Campingplatz in L'Hopital zu erreichen. Auf dem GR wären das 36 km und das wollten wir nicht. Wir mögen solche langen Etappen auch nach über 1000 km einfach nicht.
Wir suchten uns eine Route entlang der Landstraße, von der wir immer wieder abbogen. Die Strecke war ganz hübsch, aber leider bin ich auf einem Geröllpfad gestürzt und habe mir das Knie ordentlich aufgeschürft. Es dürfte niemandem überraschen, dass es das kaputte Knie war... Ich versorgte die Wunde und lief weiter. Da ich noch von zwei Hunden aufgehalten wurde, die unbedingt gestreichelt werden wollten, kam Johannes mit entgegen, denn er fragte sich langsam, wo ich blieb.

Wir wanderten durch hübsche Dörfer, über Höhen und leider auch über viel Asphalt (aber das hatten wir uns ja selbst eingebrockt). Zum Ende des Tages stießen wir wieder auf den GR und liefen die letzten Kilometer bis zum Campingplatz auf dieser Strecke.
Der Platz war schön, aber wir waren die einzigen Pilger.
Wo mögen die Anderen wohl untergekommen sein?
Am nächsten Tag hatten wir noch 21 km bis nach Rocamadour.

Wir erreichten am nächsten Morgen nach etwa 7 km das Örtchen Gramat und wollten einen Abstecher zum großen Supermarkt machen, da es in Rocamadour nicht viel geben soll. Der Anwohner, den wir nach dem Weg fragten, hatte die Entfernung jedoch offensichtlich aus Sicht eines Autofahrers geschätzt und so liefen wir einen endlos wirkenden Berg hinauf und erreichten den Hypermarché (Supermarkt reicht nicht, hier ist es ein Hypermarkt) nach einer gefühlten Ewigkeit.
Eine weitere Ewigkeit verbrachten wir auch im Laden, denn wir wollten ein paar Vorräte kaufen, die wir anderswo nur sehr teuer bekommen (Nüsse zum Beispiel). Nach einem ausgiebigen Frühstück und dem Studium der Landkarte beschlossen wir, nicht den ganzen Weg zurückzulaufen, sondern dem GR auf der Landstraße entgegen zu gehen. Die Straße war zuerst viel befahren, dann wechselten wir auf eine wenig befahrene Straße und weil es nicht mehr weit bis Rocamadour war, blieben wir auf dieser. Denn so kamen wir auch gleich an beiden Campingplätzen vorbei und konnten uns einen aussuchen und die Sachen da lassen.

Rocamadour:

Wir erreichten Rocamadour- Hospitalet, einen kleinen Ort, der über dem eigentlichen Ort liegt und stellten fest, dass die Campingplätze, die nebeneinanderlagen die gleichen Angebote und gleichen Preise hatten und wählten den, der dichter am Ort lag.

Auf dem Weg zu dem uns zugewiesenen Platz liefen wir an einem Bulli vorbei, auf dem "Flowerpower" stand und der einfach toll aussah. Ich muss beim Betrachten und grüßen gestrahlt haben, denn der Mann kam 5 Minuten später zu unserem Platz und schenkte uns eine Flasche eiskalten Wassers. Wir durften unsere Lebensmittel in ihren Kühlschrank legen und wurden auf ein Getränk eingeladen.
Das nahmen wir gern an, vorher wollten wir aber noch in den Pool, denn heute ist es sehr heiß und wenn wir erst einmal im Ort sind, kommen wir nicht zurück, bevor das Becken geschlossen wird.

Wir genossen die Abkühlung und machten uns danach fertig für die Besichtigung und den Abend. Wir haben noch ein gutes Stück zu laufen und müssen viel bergab. Das bedeutet, dass wir zwischendurch nicht zurückkommen werden.
Wir verquatschten uns mit den Flowerpowercampern und kamen erst um 16 Uhr los (und dabei hatten wir uns den ganzen Tag rangehalten, damit wir viel Zeit im Ort verbringen können).
Nach einem Abstecher in die Touriinfo (wo wir feststellen mussten, dass sie zwar einen eigenen Ordner für Pilger mit allerlei Zettelchen, aber keine Ahnung davon haben, wie wir zu unserem Jakobsweg zurückkommen) liefen wir hinab nach Rocamadour. Von oben aus hatten wir schon eine hübsche Sicht auf das Örtchen am Berg und liefen eine steile Straße hinab. Ein Anwohner hat extra für Pilger einen Wasserhahn vor seinem Haus angebracht und lädt mit einem Schild ein, den Durst zu stillen.

Wir hofften, dass Rocamadour selbst kaum Geschäfte haben würde, da oben auf dem Berg alles zu sein schien. Die ganzen Läden in Conques hatten uns schon etwas gestört, weil das Mittelalterfeeling gar nicht erst zustande kommt.
Aber Rocamadour sollte dies noch übertreffen. Wir kamen durch ein Tor in eine alte Straße am Fuße des Ortes und hier ging es fast zu wie auf einem Jahrmarkt!
Überall Menschen, überall Kitsch und Andenken, überall Tourismus. Wir probierten den berühmten Ziegenkäse des Ortes (der uns beiden ehrlich gesagt nicht besonders zusagte) und flüchteten aus dieser Straße.

Wir liefen zum Ende des Weges, wo sich kaum Touristen aufhielten und wanderten einen einsamen Trampelpfad hinauf zur nächsten Ebene. Die meisten Leute nehmen die Treppe hinauf und gehen nicht bis zum Pfad. Wir gingen in die Herberge und holten uns den Stempel und erfuhren, dass unsere Freunde bereits angekommen waren.
Sie waren gestern 42,5 km gelaufen, um heute hier ankommen zu können. Es ging nicht anders, weil es nur so wenige Herbergen gab und sie (bis auf Thomas) kein Zelt dabei haben.
Von anderen Pilgern hatten sie heute aber erfahren, dass es einen Campingplatz mit günstigen Hütten in Lacapelle-Marival gibt (für Pilger: diese Infos stehen auf den Seiten des Miam Miam Dodo, die man sich im Internet kostenlos herunterladen kann, weil sie im Buch nicht abgedruckt sind. Auf den Blättern der Touriinfo in Figeac steht davon nichts).
Wir liefen zusammen durch den Ort, aßen ein Eis und liefen den steilen Kreuzweg, der im Zick-Zack den Berg hinaufführt, hoch. Oben auf dem Berg steht das Schloss und es werden 2€ Eintritt verlangt, damit man auf das Gelände darf, um die Aussicht zu genießen. Das Schloss selbst darf man nicht betreten, es geht wirklich nur um den Blick, ich habe nachgefragt.
Thomas investierte das Geld, denn er trägt eine 3,5 kg schwere Fotoausrüstung vor der Brust und wollte ein paar Fotos schießen.

Wir warteten vor der Tür und trennten uns anschließend, da die Anderen noch einkaufen wollten.
Wir verabredeten uns für 20 Uhr zum gemeinsamen Essen.
Johannes und ich liefen durch den kleinen Ort und entdeckten, dass es zwei Aufzüge gibt, in denen man sich gegen unverschämt viel Geld die Treppen spart. Ich fragte, ob Rollstuhlfahrer auch zahlen müssen und die Aufzugangestellte sagte, dass diese kostenlos fahren dürften. Immerhin.
Da wir bald alles bis auf die Kirchen gesehen hatten, gingen wir zu der kostenlosen Führung, die Lydia uns empfohlen hatte. Sie wollte auf jeden Fall hingehen.
Zuerst wussten wir nicht, ob wir das tun sollten, aber jedem, den es mal nach Rocamadour verschlägt, empfehle ich diese Führung. Sie wird mehrfach am Tag angeboten und findet in verschiedenen Sprachen statt.

Im Rahmen der Führung sieht man einige Orte, die den Rest des Tages verschlossen sind. Es ist sehr interessant und der Bruder, der unsere englische Tour geleitet hat, war sehr humorvoll.
Zum Abendessen kehrten Johannes, Lydia, Thomas, Pierre und ich in ein Lokal ein, in dem es hauptsächlich Crêpes und Galettes gibt. Es schmeckte herrlich und wir genossen den Abend.
Thomas muss morgen leider nach Hause und so konnten wir uns nicht trennen und es war nach 23 Uhr, als wir uns auf den Weg zum Campingplatz machten. Unsere Flowerpowerfreunde waren bereits im Bett und so können wir morgen länger schlafen, denn wir haben ja noch unsere Lebensmittel in ihrem Kühlschrank und können vorher nicht starten.

Zurück zum Jakobsweg:


Thomas hatte Lydia erzählt, dass der Weg (GR45) zurück zum Jakobsweg kurz vor Cahors flach sei und wenn das sonst noch jemand erzählt bekommt, der sei gewarnt: das ist eine Lüge! Es ging an den beiden Tagen sehr viel bergauf und es war sehr heiß, was die Sache verschlimmerte. Wir trafen Lydia am nächsten Vormittag nach den ersten Kilometern wieder, da sie auf zwei Pilger gewartet hatte, die direkt hinter Rocamadour den falschen GR gewählt hatten und 7 km falsch gelaufen waren. So kam es, dass wir sie einholten, obwohl wir recht spät aufgebrochen waren. Wir schlossen uns der Gruppe an, nachdem wir sie nach einer Pause eingeholt hatten. Mathilde und Thibault laufen für eine Woche und sind in Figeac gestartet. Wir schwitzten uns über die Berge und die Hitze machte uns allen wirklich sehr zu schaffen.

Die letzten Kilometer nach Labastide- Murat waren für uns alle sehr beschwerlich und Mathilde hatte schmerzhafte Blasen, die sie deutlich ausbremsen. So erreichten wir vor den beiden den Ort und ich ließ mich auf einem Platz auf den Boden fallen und versuchte abzukühlen. Ein freundlicher Monsieur, vor dessen kleinem Geschäft ich mich hatte fallen lassen, kam heraus und schenkte uns eine große Flasche eiskaltes Wasser.
Als die Nachzügler ankamen trafen wir auf Pierre, der uns sagte, dass es nur das Hotel für 50€ gibt und ihm auch in der Touriinfo nicht geholfen werden konnte.
Wir fragten dort natürlich trotzdem nach, aber die Damen wussten keinen Rat.
Wir fragten im Rathaus, ob es einen Raum für uns gäbe, eine Schule oder irgendetwas. Johannes und ich hätten einfach auf den örtlichen Campingplatz gehen können, aber wir wollten lieber mit den Anderen irgendwo etwas abenteuerlicher schlafen.
Die Dame verstand unsere Not und bestellte den (sehr jung aussehenden) Bürgermeister und sie berieten sich kurz, dann bekamen wir das okay, im Rathaus zu übernachten.
Wir bekamen den Schlüssel für einen Raum mit eigener Außentür und durften auf dem Campingplatz duschen. Wow!

Wir gingen einkaufen und da der Laden recht groß war, wir alle viel Hunger hatten und gemeinsam essen wollten, kaufte jeder etwas zu viel ein. Danach packten wir unsere Sachen und liefen zum Campingplatz, der nicht mehr als eine Wiese mit Klohäuschen war. Es gab hier nichts. Keine Camper und keine Informationen.
Und es gab nur eine Dusche, die funktionierte. Man musste den Druckknopf jede Sekunde drücken oder dauerhaft gedrückt halten und das Duschbecken war fast verstopft. Das Wasser floss so langsam ab, dass man sich nicht hineinstellen konnte, sondern breitbeinig links und rechts darüberstehen musste. Nacheinander stellten wir uns dieser Herausforderung und wir waren froh (und überrascht), dass es wenigstens warmes Wasser gab.
Zurück im Rathaus packten wir unser Essen und setzten uns nach draußen an einen Tisch. Wir teilten unsere Schätze und hatten ein richtig gutes Abendessen. Dann machten wir es uns in unserem kleinen Saal bequem und gingen schlafen.

Mathilde hat beschlossen, ihren Weg abzubrechen. Sie hat ohnehin nur noch drei Tage, aber mit den Blasen macht ihr das Laufen keinen Spaß mehr. Thibault begleitet sie nach Cahors, da sein Freund dort auf ihn wartet und er sich sonst verspäten würde. Die beiden versuchen, nach Cahors zu trampen.

Wir liefen gemeinsam mit Lydia weiter und bekamen mittags schlechtes Wetter. Kurz vor einem kleinen Ort begann ein starker Regen und wir hatten schon lange einige Donner gehört.
Wir eilten zur Kirche, die dummerweise verschlossen war, so wie alle Fensterläden im Ort, weswegen wir auch niemanden fanden, den wir nach dem Schlüssel fragen konnten. Wir setzten uns vor die beiden Stufen vor der Tür und warteten. Und wenn da schon mal Publikum sitzt, muss sich das Gewitter gedacht haben, dann kann es auch mal zeigen, was es kann. Helle Blitze zuckten über den Himmel, aber die beeindruckten uns wenig. Aber die Donner hatten sich gewaschen! Es knallte und wir einigten uns darauf, alle noch nie einen solch lauten Donner gehört zu haben. Geschmeichelt von diesem Lob legte der Donner noch einen obendrauf und es knallte so heftig, dass unsere Trommelfelle vibrierten. Der Regen hörte einfach nicht auf und wir froren seit einiger Zeit unter den feuchten Ponchos.
Da sah ich eine Haustür aufgehen und eine alte Dame heraustreten. Ich eilte herüber und hatte Glück, sie war die Hüterin des Schlüssels.
Sie schloss uns die Kirche auf und wir konnten uns endlich ausziehen und aufwärmen.

Wir blieben noch eine weitere Stunde, bis der Regen endlich aufhörte und danach wurde das Wetter sogar wieder recht freundlich.
Wir wanderten laut Karte an einem Fluss entlang und dachten, wir hätten damit die Berge hinter uns. Aber von wegen: wir hielten uns zwar stets parallel zum Fluss, aber das hieß nicht, dass wir die steilen Anstiege sparen konnten.
Wir wanderten aber immer wieder auch direkt am Wasser entlang durch den Wald und der Fluss war wunderschön. Er war recht tief und sehr klar und hatte einen Blaustich. An einer kleinen Brücke wären wir sehr gern baden gegangen, da hier kleine Wasserfälle waren mit moosbedeckten Steinen, roten Pflanzen, Bäumen und einem tiefen Becken. Aber es war nach dem Gewitter noch so kalt, dass wir nicht besonders in Badelaune waren.

Wir liefen die letzten Kilometer nach Vers zwischen Felsen und Fluss entlang, gaben einen kleinen Vogel bei einer lieben alten Madame ab, die sich um ihn kümmern will und begegneten einer Kuh, die plötzlich aus den Unterholz kam, vor uns herlief, sich immer wieder nach uns umdrehte und schließlich wieder in die Büsche schlug.
In Vers angekommen stellten wir fest, dass das Touristenbüro nicht mehr als ein Tisch mit Flyern ist.
In dem Saal war gerade eine Kunstausstellung und die Damen versuchten uns zu helfen. Wir haben für den Rückweg ja keine Informationen, abgesehen von der Wanderkarte mit einem Übernachtungssymbol in diesem Ort.
Die gab es auch, allerdings in einer Gite de France und erst ab 40€.
Das war uns natürlich zu viel und wir fragten wieder nach einer Schule oder irgendetwas.
Während die eine Madame nach zwei Telefonaten die Motivation verlor, uns unterzubringen (es war ja auch nicht ihre Aufgabe), legte sich die andere Dame mächtig ins Zeug und fragte den Bürgermeister, danach einen Bauern mit (leider voller) Scheune und jeden, der ihr noch so einfiel.
Wir fragten, ob wir nicht den Pfarrer bitten könnten, in der Kirche zu bleiben und weil es nichts anderes zu geben schien, sorgte sie dafür, dass der Opi mit dem Schlüssel die Tür heute offen lässt.
Sie übernimmt sogar die Verantwortung!

In der Kirche stehen Holzbänke, aus denen wir uns recht bequeme Betten bauen können. Wir nutzen die Toilette am benachbarten Campingplatz und hatten einen Wasserhahn direkt vor der Tür. Wir schauten uns im Ort um, kauften ein und ließen uns das Abendessen mit einer Flasche Cidre schmecken.
Die Kirchentür wirkte, richtig geschlossen, für alle vorbeilaufenden wie abgeschlossen, das war natürlich besonders praktisch für uns, weil so niemand an unsere Sachen gehen konnte.
Es wurde ein sehr schöner Abend.

Wir liefen morgens wieder im Nebel los und kletterten auf einen Berg, auf dessen Höhe wir eine Weile wanderten, bis wir in ein Dorf herunterstiegen, das am Fluss liegt. Wie suchten uns eine hübsche kleine Bucht und ich badete meine Füße. Kleine Fische untersuchten meine Füße. Leider gesellte sich bald ein älterer Herr zu uns, der wenige Meter neben uns ein Lagerfeuer entzündete und seine Plastikflaschen verbrannte.
Wir verließen bald darauf den GR45 und mussten uns zwischen zwei Wegen entscheiden. Wir wechselten auf einen GR, der am Fluss verläuft, denn auf Berge haben wir keine Lust und am Fluss ist es sicher auch schön.
Wir pilgerten über Trampelpfade neben Feldern, durch Büsche und Wälder, vorbei an kleinen Buchten und natürlich durch Matsch.

Der Campingplatz, auf dem Johannes und ich heute schlafen werden, lag vor dem Ort. Wir schlafen hier, weil es jetzt wieder genügend Unterkünfte gibt und Lydia hatte vorher zur Sicherheit ein Bett in einer Gite reserviert.
Wir liegen ja jetzt 2 Tage zurück und wissen nicht, wie viele Pilger gerade unterwegs sind. Wir sind jetzt im Strom der am-Wochenende-in-le-Puy-Starter und davor wird im Internet gewarnt, da würden die allermeisten starten und dann sei alles ausgebucht.
Lydia ging weiter nach Cahors, während wir auf dem Campingplatz eincheckten und das heiße Wetter nutzen, um alle Klamotten zu waschen und die Schwimmanlage mit drei Becken zu nutzen.

Nachmittags liefen wir in die Stadt, schauten uns um und entdeckten einen Hinterhof mit einem gelben Garten. Es scheint eine Art Kunstprojekt zu sein, das hier war Garten Nummer 12.
Hier gab es aber nicht nur allerhand gelb angesprühte Gegenstände, sondern auch riesige Bananenstauden und andere exotische Pflanzen.

Abends kochten wir gemeinsam in der Gite, in der Lydia untergekommen war. Da es keinen Garten gibt, können wir hier nicht schlafen. Wir wählten deswegen die günstigere Variante des Campingplatzes, aber mit dem Schwimmbecken und Internet ist es auch sehr angenehm dort.

Johannes und Lydia kauften in einer Markthalle Rocamadour-Ziegenkäse, um "chèvre chaud" zum Salat zuzubereiten (Ziegenkäse auf Baguette (worauf auch sonst) im Ofen erwärmt). Da ich damit nichts anfangen kann, gönnte ich mir ein kleines Stück Zwiebeltarte vom Nachbarstand. In einer Boulangerie und Patisserie kauften wir Baguette und bewunderten kleine, attraktive Törtchen, von denen wir uns schließlich zwei zum Nachtisch gönnten. Kein Schnäppchen, aber sehr sehr lecker.
Wir kochten ein herrliches Abendessen und als es schon dunkel wurde, machten wir uns auf den Weg zurück zum Campingplatz, denn wir mussten ja noch eine halbe Stunde laufen.

Zur Info für alle Pilger: Der Weg von Figeac nach Rocamadour beträgt 57 km auf dem GR6 und von Rocamadour nach Cahors sind es etwa 66 km auf dem GR46 bis Vers, dann weiter auf dem GR 36 nach Cahors.
Der Weg von Figeac nach Cahors ist 88 km lang, also bedeutet der Schlenker über Rocamadour (nur) 35 km Umweg.

P.S. an Alle: Entschuldigt bitte alle Rechtschreib-, Autokorrekt-und Tippfehler in den Beiträgen dieser Reise. Ich komme nicht hinterher mit dem Schreiben, zum Korrekturlesen fehlt leider jegliche Zeit. Und ich sehe es nicht immer, wenn das Programm Worte verändert. Ich lade gerade eine neue Tastatur herunter und hoffe, dass die besser ist.

Montag, 21. Juli 2014

Tag 68: Livinhac le haut - Figeac

Heute morgen bekamen wir ein leckeres Frühstück und da es regnete, hielten wir uns noch einige Zeit in der Herberge auf und unterhielten uns mit dem Leiter. Er erzählte, dass es Pilger gibt, die hier essen und schlafen und nichts weiter als ein "Danke und Tschüss" da lassen und dass aus diesem Grunde viele Spendenherbergen nach dem zweiten Jahr schließen oder feste Preise einführen.

Als der Regen nachließ, aber nicht aufzuhören schien, machten wir uns unter unseren Ponchos versteckt auf den Weg. Als Lydia und Johannes gerade etwas Proviant im Laden besorgten, kam der Herbergsvater auf seinem Fahrrad hinter uns hergefahren und drückte mir zwei Tafeln Zartbitterschokolade in die Hand. Augenzwinkernd sagte er, die hätten wir vergessen.

Wir liefen heute wieder durch hübsche Natur und freuten uns über jede Regenpause. In einer Kirche trafen wir Thomas und Pierre und teilten die Schokolade aus der Herberge. Thomas stimmte "Ubi caritas" an und seine Stimme erfüllte die ganze Kirche.

Der Weg führte uns heute über einen Privatweg, an dem durch ein Schild verboten wurde, sein großes Geschäft hier zu verrichten. Der Weg würde sonst gesperrt. Das Wetter wurde deutlich besser und wir erreichten zwei nebeneinanderliegende Seen, an denen eine Reihe Baumstämme aufgestapelt lagen. Ein guter Ort für eine Pause und so ließen wir uns nieder und packten unsere Lebensmittel aus.

Als wir wieder ein paar hübsche Kilometer hinter uns gebracht hatten, erreichten wir einen besonderen Pilgerpausenplatz an einer kleinen Kirche. Eine halb verfallene Hütte mit vielen Sofas, einigen Tischen, Stühlen, vielen alten Möbeln und allerlei herumstehendem Zeug. Auf einem Tisch standen Getränke und eine Spendendose und in der Hütte auf einem Schränkchen hatte jemand eine Dose Pepsi ausgesetzt (ich habe sie natürlich gerettet). Dieser Ort hat einen gewissen Charme, ist aber auch ziemlich überfüllt, weil so viel Zeug herumsteht.

Wir machten uns an den Endspurt ins Tal, der für Johannes und mich fast 2 km kürzer ausfiel, weil der Campingplatz vor dem Ort liegt und wir heute hier schlafen werden. Wir checkten ein und mussten danach fast 5 Minuten laufen, um unseren Platz zu finden, so groß ist es hier. Wir liefen am örtlichen Freibad vorbei, in das wir als Campingplatzbesucher wieder freien Eintritt haben und bauten unser Zelt auf. Dann gingen wir rüber ins Schwimmbad, denn heute sind wir wieder gut ins Schwitzen gekommen und es wurde zum Nachmittag wieder richtig warm.
Das Freibad hat sogar ein Wellenbad und eine Rutsche. Ein herrlicher Feierabend. 
Johannes ging irgendwann raus und in den Ort (er hat nicht so viel Freude am Wasser wie ich) und wir trafen uns auf der Wiese beim Empfang, wo es Internet gibt. 
Wir aßen zu Abend und hielten uns noch lange an diesem Platz auf und beobachteten Jugendliche, die auf der Slackline balancierten.

Als wir im Zelt waren, war es schon spät und kurz vor dem einschlafen merkte ich, dass mein Schrittzähler nicht mehr da war. Ich hatte ihn in der Umkleide vom Schwimmbad in den Schrank gelegt, aber erinnerte mich nicht daran, ihn hinterher wieder angesteckt zu haben.
Ich durchsuchte die einzige Tasche, die ich seit dem Schwimmbad genutzt hatte und suchte das ganze Zelt ab und dann begab ich mich auf eine 40- minütige Suche und lief alle Wege ab, auf denen ich seit dem Schwimmbad gewesen war. Und ich schrieb ja bereits, dass wir ziemlich weit laufen mussten, um zu unserem Zelt zu kommen... Wenn der Schrittzähler irgendwo im Gras liegt, kann er morgen früh nass und kaputt sein.

Da ich per Bluetooth und Internet (leider nur in Kombination miteinander) eine Verbindung herstellen kann, um die Ergebnisse des Tages zu synchronisieren wusste ich schnell, dass er nicht im Gras lag, wo wir gegessen hatten. Ich stellte das teure mobile Internet an und versuchte an der Schwimmbadtür und im Zelt eine Verbindung zu bekommen, aber es klappte nicht. 
Ich ärgerte mich und wollte nicht aufgeben, aber da ich nicht wusste, wo ich noch suchen soll, muss ich im Schwimmbad nachfragen. Wenn ich ihn nicht wiederfinde, habe ich mein Geburtstagsgeschenk verloren.

(Wer wissen will, wie es ausgegangen ist:

Heute morgen bin ich früh aufwacht, weil ich unterbewusst so viel an den verlorenen Schrittzähler denken musste. Ich hatte zwischendurch geträumt, dass ich ihn gefunden habe und wertete das als gutes Zeichen. Ärgerlicherweise öffnet das Schwimmbad erst um 11.30 Uhr und ich hoffte, dass wir nicht so lang warten müssen, da wir uns ja auch noch um die kaputte Kamera kümmern müssen. 

Ich lief noch einmal erfolglos alle Wege ab und fragte an der Rezeption des Platzes, ob er abgegeben wurde. Die Dame dachte, ich spreche von einem USB-Stick und da mein Französisch nicht für das Wort Schrittzähler reicht, musste ich pantomimisch darstellen, was ich verloren habe. Amüsiert korrigierte die Dame das Wort auf ihrem Notizzettel und ich suchte weiter.
Irgendwann nach 8 Uhr tauchten Mitarbeiter im Schwimmbad auf und ich brauchte fast 15 Minuten, um die Aufmerksamkeit eines Angestellten zu bekommen, denn das Freibad war groß und der Zaun recht hoch und verdeckt.

Ich erwischte einen freundlichen Mitarbeiter, der mich sofort hineinließ und wie suchten in der Umkleidekabine, aber da lag er natürlich nicht offen herum. Ich leuchtete auch unter den Schrank, sah aber nichts. Da Technikgegenstände woanders gelagert werden als Kleidung, sollte ich um 10 Uhr wiederkommen. Damit ich das nicht umsonst tu, wollte ich versuchen, eine Verbindung über Bluetooth aufzunehmen und wir gingen wieder in die Umkleidekabine, um dort anzufangen. 
Als ich gerade am Handy alles vorbereitete, entdeckte der Mann, der in einem anderen Winkel zum Schrank stand als ich, den Schrittzähler unter dem Schrank, direkt am Schrankfuß. So ein Glück!
Ich war so erleichtert, dass ihn niemand entdeckt und mitgenommen hat und freute mich riesig, ihn zurückzuhaben).

Sonntag, 20. Juli 2014

Tag 67: Conques - Livinhac le haut

Heute morgen stand wieder Frühsport auf dem Programm. Ein sehr steiler und schmaler Pfad brachte uns aus dem Tal. Auf halber Höhe etwa steht eine kleine Kapelle und ein paar Meter tiefer gibt es eine erfrischende Quelle. Wir machten eine kleine Besichtigungspause und schnauften uns dann den Berg hoch, der nicht zu enden schien.
Weder für das Knie noch für die angeschlagene Achillessehne war das ein Spaß.
Wir kletterten mit Lydia auf ein Plateau und der Wald wich offenen Feld mit hübschen bunten Blumen und Brombeersträuchern. Dazu gab es eine schöne Aussicht und eine Entscheidung, die getroffen werden musste.
Denn oben teilte sich der Weg in zwei Varianten. Wir wählten den linken Weg, der auf der Höhe verlaufen und und herrliche Ausblicke bescheren soll.
Und uns wurde nicht zu viel versprochen, es war wirklich wunderschön!
Wir sahen so viele hübsche Täler und Berge, so viel schöne Natur und so eine große Vielfalt, dass wir immer wieder staunten.
Irgendwann erreichten wir eine kleine Kapelle,  die allein auf freiem Feld stand (fast, denn eine Toilette für Pilger leistete ihr Gesellschaft). Sie war offen und hübsch und ein langes Seil hing bis auf dem Boden.  Die Gelegenheit,  die Glocken läuten zu lassen, es war gerade 12 Uhr.
Nach ein paar Kilometern mussten wir uns wieder zwischen zwei Wegen entscheiden. Einer führte durch einen Stadt in einem Tal,  der Andere führte über das Land daran vorbei und ohne durch das Tal zu wandern.  Da Sonntag ist und wir ohnehin nicht einkaufen könnten und nicht so viel Lust auf Bergsteigen hatten nahmen wir den leichteren Weg, der stetig auf kleinen Pfaden neben der wenig befahrenen Landstraße entlangführte.
Als wir weiterliefen, sahen wir, wie am Himmel bedrohlich dunkle Wolken aufzogen und genau in unserer Richtung Stellung bezogen. Wir erreichten knapp nach Beginn des Regens ein Dorf,  wo wir Unterschlupf unter einem Dach fanden und hofften, dass das Gewitter nicht zu uns ziehen würde. Zum Glück konnten wir nach kurzer Zeit schon weiterlaufen, es war nur ein kleiner Schauer.
Als wir auf den Zielort zusteuerten entdeckten die Wolken,  die nicht aussahen als würden sie halbe Sachen machen. Als wir auf dee Brücke vor dem Ortseingang waren begann der Regen, der rasend schnell zunahm.  Thomas und Pierre, die ein Stück vor uns liefen,  hatten ein Gewächshaus in Beschlag genommen und riefen uns zu sich.  Lydia und ich rannten das letzte Stück,  rutschten den Hang herunter und erreichten das Gewächshaus gerade bevor der Regen sehr heftig wurde. Johannes durfte ein bisschen duschen, da er nicht rennen wollte.  Der Regen gab alles,  es war unheimlich laut im Gewächshaus und vielleicht wirkte der Regen durch diese Plastikdecke auch etwas heftiger als er war.
Als es eine Regenpause gab, eilten wir die letzten 500m zur heutigen Herberge,  auf die wir uns schon den ganzen Tag freuen.  Eine Bio-Herberge auf Spendenbasis mit italienischem Essen, geführt von einem italienischen Paar.
Vor dem Haus stand ein altes Fahrrad mit einem Schild "La vita é bella". Die Herberge ist nach meinem Lieblingsfilm "Das Leben ist schön" benannt und wir wurden herzlich empfangen mit Keksen und Getränken.
Der Herbergsleiter war ganz begeistert davon, dass ich den Film kenne und dass es mein Lieblingsfilm ist konnte er erst nicht glauben.
Thomas und Pierre (der von der Schweiz aus nach Santiago läuft) sind auch in dieser Herberge untergekommen,  obwohl sie nicht reserviert haben.
Sein Bett zu reservieren ist auf diesem Abschnitt des Weges leider oft nötig,  weil die Herbergen (vor allem die günstigeren) oft schon durch Telefonreservierungen voll sind und man nicht einfach vorbeikommen kann. Auch deswegen sind wir froh um unser Zelt und der damit verbundenen Flexibilität.
Wir bekamen das Haus gezeigt und uns wurde erklärt,  dass zur Deckung der Kosten 29€ pro Person gezahlt werden müssten. Das ist keine Vorgabe, aber die Gäste sollten das zur Orientierung wissen. Er ließ uns etwas schockiert zurück,  denn mit einem so hohen Preis hatten wir nicht gerechnet und wir wollen ja möglichst angemessen spenden. Hier sind allerdings auch Abendessen und Frühstück mit drin und das haben wir sonst ja nicht.
Nachdem wir uns mit unseren Begleitern beraten haben,  beschlossen wir, dass wir bleiben und dennoch nicht zu wenig gezahlt wird.
Wir installierten uns und deckten den Tisch.  Das Essen war kurz gesagt der Hammer.  Es gab einen unheimlich guten Auflauf und einen sehr liebevoll gestalteten Nachtisch.  Dazu Wein und gute Gespräche. Thomas ist Priester und Lydia, Johannes und ich diskutierten leidenschaftlich mit ihm über Heiligenverehrungen und andere Unterschiede zwischen evangelischen und katholischen Christen.
Nach dem Essen machten wir noch einen Verdauungsspaziergang durch den Ort und Thomas lud uns auf ein Getränk in der Bar des Ortes ein.  Es war ein schöner Abend und die Betten sahen bequem aus;  das wird eine gute Nacht!

Samstag, 19. Juli 2014

Tag 66: Golinhac - Conques

Ich habe kaum geschlafen in dieser Nacht und allen anderen, die im Zelt geschlafen haben, dürfte es ähnlich gehen.
Es war die ganze Nacht hindurch extrem windig und der Wind hat so oft so stark an Zelt gerüttelt, dass es mich aus dem Schlaf gerissen hat. Das sogar noch, als ich meine Ohrenstöpsel herausgekramt und in die Ohren gestopft hatte. In Kombination mit meinem Knie, das mich immer noch nachts aufwachen lässt, habe ich also nicht viel geschlafen.
Auch als wir losgingen war es noch stürmisch, aber immerhin hatte es die ganze Nacht nicht geregnet.
Heute morgen ging meine Kamera plötzlich nicht mehr an. Gestern Abend lief sie noch ganz normal und ist weder heruntergefallen noch nass geworden. Ich hoffe, dass sie nur ein bisschen spinnt und bald wieder funktioniert, immerhin habe ich sie erst vor der Reise und für die Reise gekauft.
Ausgerechnet heute, wo wir nach Conques laufen.
CONQUES. Von diesem Ort hören wir, seit wir in Frankreich sind. Jeder erzählt uns, wie schön dieser Ort ist (da kann man es auch ruhig mal groß schreiben).
Ja, und heute geht also meine Kamera nicht mehr. Ätzend.
Der Weg nach Conques verlief (wie immer) über Höhen, also bergauf und bergab mit einigen hübschen Ausblicken. Die Natur hier ist immer so schön und so abwechslungsreich, aber irgendwie auch schwer zu beschreiben, da würde ich gern Bilder sprechen lassen, aber die lassen sich unterwegs nicht richtig hochladen.
Wir liefen sehr lange bergab und trafen unterwegs wieder auf die beiden Langstreckenpilger. Wir liefen wieder ein Stück gemeinsam und tauschten Erfahrungen aus, die wir vor Le Puy gemacht hatten, denn da ist ja alles anders.
Im nächsten Ort machten Johannes und ich eine Pause und kauften uns (nachdem wir im Ort versehentlich im Kreis gelaufen sind, weil wir keine Wegweiser gesehen haben) etwas in der Boulangerie des Dorfes, bevor wir uns wieder auf den Weg machten.
Die Abreise verzögerte sich allerdings etwas, da ich kurz hinter dem Ort einen Esel streicheln musste und er mich nicht gehen ließ.
Als wir dann weiterliefen, ging es unspektakulär bis zu einem Kreuz mit Jakobsmuschel. Dieses hatte ein Herbergsvater aufgestellt, weil der Weg hier steil nach Conques führt, er aber vorschlägt, über die Straße zu laufen. Der Weg ist zwar 2km länger, aber man soll eine prächtige Sicht auf Conques haben.
Wir entschieden uns trotzdem für den kurzen Weg ohne Aussicht und der war zwar sehr steil und lief über Felsen, war aber sehr hübsch und führte uns durch einen hübschen, wilden Wald.
Ich mache es kurz: Conques ist hübsch, aber nicht ganz so umwerfend, wie uns alle erzählt haben. Es ist ein mittelalterlicher Ort, der viel Charme, aber noch viel mehr Tourismus hat.
Wir beschlossen, heute in der Herberge im Ort zu schlafen, da hier wohl alle Pilger unterkommen werden und sie auf Spendenbasis geführt werden soll.
Wir wurden freundlich empfangen und bekamen gleich etwas zu trinken. Wir entdeckten einige bekannte Gesichter und freuten uns darüber sehr.
Als wir uns anmeldeten hatten wir über 22€ zu zahlen, also keine Spende.
Wir hatten zwischen Ankunft und Anmeldung so viel Zeit verstreichen lassen, dass wir in das letzte Zimmer kamen. Ganz oben (62 Stufen und dann noch mehrere Huch und runter), ganz hinten im ganz verwinkelten Haus. Und es war ein 6er-Zimmer statt Schlafsaal. Also Glück gehabt.
Glück hatte ich auch, weil ein Monsieur uns nach oben brachte und meinen Rucksack trug. Das war nicht so leicht, da jeder Rucksack hier in einen Plastiksack gesteckt wird, um die Bettwanzen nicht raus- oder reinzulassen.
Wir schauten uns in Conques um und ich bedaure sehr, dass meine Kamera immer noch keine Reaktion zeigt. Dafür ist es ziemlich heiß und der Himmel strahlt.
Wir trafen immer wieder Pilgerbekanntschaften  und Freunde und verabredeten uns für den Abend mit Lydia und ein paar Anderen zum gemeinsamen Picknick. Wir duschten vorher und aßen dann in einer recht großen Runde. Es wurde viel geteilt und probiert und es war richtig gut.
Am Abend gingen wir noch zur Pilgermesse und danach war ein (kostenpflichtiges) Konzert in der großen Kirche. Aber auch auf der Straße wurde ein Konzert gegeben. Eine Gruppe Jugendlicher mit ihrem Pfarrer sang einige Lieder und weil es so gut ankam, hörten sie erst nach 2 Stunden oder so auf. Es hatte sich eine große Zuschauerzahl versammelt, aber auch dem Konzert in der Kirche konnte man lauschen, den e hinten stand eine Tür offen und von dort konnte man gut zuhören.
Ich war mal hier, mal da und genoss des schönen Abend. Der Ort wird abends hübsch beleuchtet und die Stimmung ist zauberhaft.
So ging ich erst um 23 Uhr ins Bett, denn zum Glück hatte die Herberge keine Sperrstunde.

Freitag, 18. Juli 2014

Tag 65: Espalion - Golinhac

Der Morgen begann mit dem Krach des Hochdruckreinigers aus dem benachbarten Klohäuschen. Die Mitarbeiter hier glauben wohl, dass die Besucher nicht viel schlafen. In unserem Fall stimmte dies zum Glück und so klingelte unser Wecker kurz vor dem Krach.
Da uns die teuren Dorfläden nerven, beschlossen wir, heute zu einem großen Supermarkt zu laufen und mal wieder richtig ausgiebig einzukaufen. In Frankreich ist ohnehin fast alles teurer als in Deutschland und im Dorfladen kommt dann immer noch ein hoher Aufschlag dazu.
Damit aus der Shoppingtour kein großer Umweg wird, beschlossen wir, danach an der Landstraße nach Estaing zu laufen. Das ist zwar weniger schön, aber sonst hätten wir etwa 4-5Km mehr laufen müssen. Durch das Tal sparen wir uns zudem zwei Berge.
Da wir vor der Öffnung am Laden ankamen, konnten wir beobachten, wie ein Haufen Rentner vor der Tür Stellung bezog, um pünktlich in den Laden zu flitzen. Wenn man am Nachmittag einen Rentner im Hypermarkt entdeckt ist es vermutlich einer, der seit der Öffnung am Morgen herumläuft und noch die letzten Artikel sucht, denn so ein Hypermarché ist riesig.
Die 8 km auf der Landstraße nach Estaing waren nicht die hübschesten unserer Reise, aber auch nicht die Schlimmsten. Die Hitze war das Störende, denn Schatten gab es hier nicht.
Als wir in Estaing einliefen, kam Jean-Pierre auch gerade an und hatte ein Mädchen aus seiner letzten Herberge dabei. Clemence wird aber hier übernachten, sie läuft nur kurze Etappen.
Wir begleiteten sie zu ihrer Herberge und machten uns nach einer knappen Besichtigung (dies ist mal wieder einer der schönsten Orte in Frankreich) auf den weiteren Weg.
Heute hatten wir wieder mal einen ordentlichen Berg zu besteigen und wir mussten dafür viel über Asphalt laufen.
Wir trafen nach einer kleinen Pause auf ein Paar, das auch von Deutschland aus läuft. Für ein paar Kilometer bildeten wir eine Langstreckenpilgergruppe. Jean-Pierre setzte sich bald ab, da er die Berge regelrecht hoch(und runter)rennt und uns stets abhängt.
Immer wieder führte uns der Weg von der kleinen Straße weg, um uns steiler, steiniger und kürzer den Berg heraufzujagen. Als wir nach so einem Abschnitt wieder auf die Straße kamen, zogen gerade ein Mann, drei Kinder, eine Kutsche und zwei Esel vorbei. Ein interessantes Gespann und wir sollten noch mehr staunen, als wir wenige hundert Meter weiter oben die dazugehörige Frau mit drei weiteren Kindern entdeckten. Mit sechs Kindern pilgern sie von Le Puy nach Lourdes, aber es ist nur die Hälfte- die sechs älteren Kinder sind nicht mit!
Die drei Kinder auf dem Berg waren jung (zwischen 3 und 7 denke ich) und hungrig. Jean-Pierre teilte großzügig sein Brot, seine Salami und das Wasser und die jüngste Tochter der Familie schenkte ihm das glücklichste Lächeln der Welt (vermutlich ist er jetzt ihre erste große Liebe).
Der Weg führte weiter bergauf und das nicht zu knapp. Oben gab es glücklicherweise einen Brunnen, denn mir war heiß und ich wollte meinen Kopf unter den Hahn halten und endlich wieder kaltes Wasser.
Während wir pausierten und im Schatten unsere Füße lüfteten, kam die Familie mit der Kutsche nach oben.
Sie wurden wieder fleißig fotografiert und viele tun das sicher auch, ohne vorher Hallo zu sagen. In so einem Gespann ist das natürlich abzusehen und man muss damit rechnen, dass es dauernd passiert, aber es ist sicher auch oft nervig.
Wir unterhielten uns wieder ein bisschen mit der Mutter und bekamen frische Pilze geschenkt, die sie im Wald gesammelt hatte. Sie zerschnitt extra noch einen großen Futterpappsack, damit wir sie transportieren können.
Leider schafft die Familie am Tag nicht mehr als 15-20km, da der Esel die Kutsche ja nicht ewig ziehen kann. Aber die kleine, die höchstens 4 Jahre alt ist, ist gestern 17km gelaufen. In der Kutsche fährt sie nur ganz selten mit. Wir hätten sie gern noch mal wiedergetroffen.
Wir machten uns auf zum Endspurt nach Golinhac. Immerhin wartete hier laut Miam Miam Dodo (unserem Reiseführer) ein Pool auf uns. Der Weg zog sich noch etwas bergauf und begab durch Wald und über Wege mit Weitblicken, aber als wir endlich angekommen waren, war ich mit allem versöhnt, denn eine niedliche Katze erwartete mich am Empfang und den Pool hatte ich auch schon entdeckt.
Der Platz sieht freundlich und gepflegt aus und die Madame, die uns empfing war sehr freundlich. Wir bekamen einen schönen Platz zugewiesen und gingen gleich duschen und baden.
Das Becken war nicht besonders tief und Johannes schlug beim Tauchen mit der Nase auf den Boden und so endete sein Badeausflug früher als meiner, weil er Nasenbluten bekommen hatte.
Dieser Campingplatz hat auch eine Gite und somit sind viele Pilger heute hier.
Ich genoss sie Nachmittagssonne mit meinem Buch am Pool und finde es einen guten Deal, zwar kein Bett, dafür aber den Luxus des Badens zu haben und dabei deutlich günstiger wegzukommen.
Da ich weiß, dass es in Spanien anders wird, genieße ich es, dass ich derzeit so oft baden kann.
Wir hatten heute ein gutes Abendessen, da wir Wraps an Bord haben und diese mit einigen Leckereien füllen und würzen konnten.
Es wurde jedoch immer windiger und so zogen wir uns ins Zelt zurück und hörten den Wind immer mehr zunehmen.
Johannes Nase ist übrigens okay.

Donnerstag, 17. Juli 2014

Tag 64:St. Chély - d'Aubrac - Espalion

Der heutige Tag begann mit Frühsport: So steil, wie wir gestern in den Ort hinabgestiegen waren, ging es heute wieder hoch. Der Abschnitt zwischen Le Puy und Spanien muss für seine Schönheit mehr als einmal gelobt werden, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass wir jeden Berg mitnehmen und diese auf schmalen und steinigen Wegen laufen, damit uns nicht langweilig wird.
Aber auch dieser Aufstieg wurde mit einer hübschen Aussicht belohnt.
Heute war es heiß und wir kamen bei den Anstiegen gut ins Schwitzen.
Heute trafen wir Jean-Pierre wieder, den wir länger nicht gesehen haben und liefen den Rest des Tages gemeinsam. Wir hatten uns viel zu erzählen. Da er ja ohne Geld läuft, ist es besonders spannend zu hören, wo er unterkommt, ob er satt wird und wie sich die Hilfsbereitschaft der Menschen seit Le Puy verändert hat.
Wir mussten heute zum Ende der Etappe noch einmal alles geben. Die angekündigten läppischen 100 Höhenmeter nahmen wir zuerst nicht besonders ernst, mussten aber bald feststellen, dass dieser Anstieg es mächtig in sich hatte.
Es ging sehr steil und erstaunlich lange bergauf und ein Ende kam nicht in Sicht.
Hinter jeder Kurve wartete nur ein noch steilerer Weg.
Als wir endlich oben ankamen, war ich ziemlich erschöpft, denn ich hatte meine Kraftreserven falsch eingeteilt, denn der Anstieg war viel länger als wir alle erwartet hatten. Wir pausierten ausgiebig an einem Plätzchen mit hübscher Aussicht hinab in den Ort, aus dem wir gerade herausgeklettert waren. Die Häuser sahen so klein aus, dass ich glaube, dass die Angaben im Heft falsch sind.
In der naiven Hoffnung, den Anstieg geschafft zu haben liefen wir nach der Pause weiter und merkten bald, dass wir uns getäuscht hatten. Es ging noch weiter hoch!
Steile Wege über Schotter, an einer Paintballarena an steilen Felswänden entlang und immer weiter hinauf. Ultreia und no pain, no glory.
Wir erreichten eine große Maria, die als Statue den höchsten Punkt markierte und unverschwitzt die Aussicht in das Tal genoss. Sie hatte sich aber auch einen hübschen Ort dafür ausgesucht!
Das Tal lag tief unter uns, der Fluss Lot fließt glitzernd hindurch und rundherum sind hübsche Berge.
Wir genossen diesen Anblick und sahen dem Endspurt entgegen. Jetzt ging es sehr steil hinab, wir liefen die ganzen Höhenmeter jetzt auf vielleicht 2 km verteilt hinunter. Manche Fels- und Wurzelstufen kam ich mit meinen kurzen Beinen und dem Knie nicht gut herunter.
Zudem habe ich seit 2 Tagen Schmerzen in der Achillessehne des rechten Fußes (mir soll ja nicht langweilig werden). Solche Abstiege erfordern viel Konzentration und Einsatz der Oberschenkel, weh tat es stellenweise dennoch.
Unten im Tal angekommen, liefen wir zum Campingplatz, der von oben viel dichter aussah als er ist.
Wir mussten ihn komplett umrunden, da es nur einen Eingang gab.
Endlich am Campingplatz ließen wir uns erst einmal in die Stühle fallen und genossen, dass es im Empfangsraum etwas kühler war als draußen. Wir waren durchgeschwitzt und tropften.
Beinahe wären wir nach der Preisansage dann in unsere Stühle zurückgekippt, 20,20€ mussten wir bezahlen. So teuer war es bisher noch nie!
Wäre im Preis nicht schon der Eintritt für das benachbarte Freibad mit drin, wäre ich in eine Herberge gegangen. Aber bei der Hitze zieht es mich dringend ins Wasser.
Wir liefen zum angegeben Platz (der direkt am Freibad liegt und dementsprechenden laut war es auch) und trafen nebenan unsere Pilgerbekanntschaften von gestern wieder. Der amerikanische Franzose ist heute wieder mit dem Taxi gefahren und hat immer noch heftige Schmerzen in der Achillessehne. Er wird morgen zum Arzt gehen und wohl abbrechen müssen. Er sagt selbst, dass es daran liegt, dass er ab den ersten Tagen übertrieben hat.
Ich bin froh, dass meine Schmerzen im Rahmen bleiben und werde aufpassen, dass es auch so bleibt.
Wir installierten uns (die Franzosen installieren sich ja immer) und nachdem Johannes lange überlegt hatte, beschloss er mit ins Wasser zu kommen und wir gingen hinüber.
Nach einem solchen Tag tut kühles Wasser und schwimmen einfach nur gut. Leider war es sehr voll und so trat Johannes beim Ausweichen mit großem Schwung an die schmerzhafteste Stelle meiner Achillessehne... (Es soll ja nicht langweilig werden, schon vergessen?)
Während Johannes irgendwann spazieren ging, genoss ich das Wasser, die Sonne und mein neues Buch.
Abends liefen wir noch in den Ort und gönnten uns ein warmes Essen. Danach unterhielten wir uns mit drei Österreichern, die wir auf dem Weg kennengelernt hatten und mit Jean-Pierre. Nach einer kleinen Flanierrunde durch den Ort marschierten wir im Dämmerlicht zurück zum Campingplatz und wollten die Ruhe genießen.
Allerdings mussten wir feststellen, dass man auf diesem Campingplatz für schlappe 20€ zwar kein Toilettenpapier bekommt, dafür aber bis 23.15 Uhr laute Animationsbeschallung. Es lief nämlich am Eingang ein Musikquiz und die Veranstalter interessieren sich offensichtlich nicht für Nachtruhe, sondern nur für Titelmelodien, Charthits und sehr laute Boxen.

Mittwoch, 16. Juli 2014

Tag 63: Nasbinals - St.chély d'Aubrac

Heute früh sind wir zurück zum Ort gelaufen,  um uns in der Bäckerei eine Kleinigkeit zum frühstücken zu kaufen, dann machten wir uns auf den Weg, der uns weiter über die Hochebene führte.
Wir stiegen immer weiter bergauf,  liefen durch zahlreiche Gatter und über Weiden. Immer wieder lagen Kuhfladen auf dem Weg und in jedem Fladen war ein Fußabdruck. Ich weiß nicht,  ob da einer absichtlich überall draufgetreten ist oder ob viele Pilger so unaufmerksam sind, dass sie die Fladen nicht rechtzeitig entdecken. 
Die Highlandrinder, durch deren Wohnzimmer wir wanderten, grasten friedlich in unserer Nähe oder lagen herum und beachteten uns kaum.  Die scheinen das gut zu kennen, dass hier Wanderer vorbeikommen. 
Wir erreichten nach einigen Kilometern den höchsten Punkt unseres Weges vor Spanien (in Spanien kommen wir dann noch höher).
Auf 1360m Höhe hatten wir durch die Hochebene allerdings nur eine begrenzte Aussicht, ea sah aus,  als hätten wir einen Hügel bezwungen.  Dennoch war ws wunderschön, weil die Gegend einfach hübsch ist.
Danach ging es bergab nach Aubrac, zumindest nachdem eine Kuh beschlossen hatte, den Weg freizugeben, den sie in voller Breite versperrt hatte. Wir waren froh,  dass sie schnell einsichtig war, denn mit einem Tier mit großen Hörnern legen wir uns lieber nicht an.
In Aubrac machten wir eine lange Pause im Schatten neben einer deutschen Familie, mit der wir uns lange unterhielten.  Es war heiß und wir genossen den Schatten, denn derzeit gibt es ja kaum Bäume auf dem Weg.
Nach Aubrac ging es einige Kilometer steil bergab durch den Wald.  Die Natur wurde wieder grüner und wir sahen am Horizont wieder Berge und Täler.
Am Ende der Etappe liefen wir einen steilen Weg in ein schmales Tal und zum Campingplatz, der direkt am Fluss lag. Da niemand da war,  suchten wir uns einen Platz am Fluss und bauten unser Zelt auf.
Wir kamen mit einem Amerikaner, der in Paris lebt, ins Gespräch. Er hat starke Schmerzen in der Achillessehne und ist heute mit dem Taxi hierhergefahren und wartet auf seinen Freund.
Als dieser etwa eine Stunde nach uns ankam unterhielten wir uns noch lange. Es ist schön,  andere Pilger auf den Campingplätzen zu treffen,  denn wir haben ja keine Herbergsgemeinschaft, wenn wir zelten.
Als wir Duschen und Wäsche waschen erledigt hatten liefen wir in den Ort, kauften ein und schauten uns um. Auf dem Campingplatz fand ich ein deutsches Buch,  das ich angefangen habe zu lesen: "Hectors Reise". Es geht um einen Psychiater, der das Glück sucht. Es ist schön,  mal wieder ein richtiges Buch in der Hand zu halten.
Abends schnitt ich Johannes die Haare. 
Mit einer Nagelschere.
Einer gebogenen Nagelschere.
Und ich musste die ganze Zeit dabei lachen und kichern.  Seine Haare sind einfach zu lang gewesen und hatten weder Form noch richtigen Schnitt. Nur ins Gesicht hängen konnten sie gut.
Das Ergebnis ist gar nicht mal so schlecht geworden, auch wenn Johannes am liebsten geweint hätte. Ich hatte gestern im Scherz (als er überlegte, zu einem Frisör zu gehen) gesagt,  dass ich ihm auch die Haare schneiden könnte und heute nahm er mich beim Wort.
Wenn wir wieder zu Hause sind,  sind die Haare auch wieder lang genug,  so dass ein Frisör wieder einen Schnitt hineinbringen kann.

Dienstag, 15. Juli 2014

Tag 62: Aumont Aubrac - Nasbinals

Da wir abseits des Weges geschlafen haben und keine unnötigen Umwege laufen wollen,  sind wir auf Nebenstraßen zum Jakobsweg zurückgekehrt. 
Ich vermisse die Muscheln, die uns den Weg weisen.  Da der Jakobsweg gleichzeitig auch ein Fernwanderweg (GR65) ist,  ist er nur als Wanderweg ausgeschildert.  Statt Muscheln laufen wir jetzt rot-weißen Streifen nach, die Markierung ist aber super.  Verlaufen ist hier fast ausgeschlossen- man merkt, dass der Weg deutlich mehr bewandert wird.
Auch an vielen anderen Dingen merkt man das.  Die Anwohner haben viele Privatwegschilder an ihren Grundstücken aufgestellt,  vermutlich lassen sich sonst immer wieder Pilger im Garten nieder. Teilweise hängen Schilder mit Informationen und Bitten an den Ortseingängen und überall hängt Werbung, um die Pilger und Wanderer zu locken. Die Dorfläden haben sich auch auf Pilger eingestellt und verkaufen Butter, Marmelade und co. in Portionsgrößen. Pilgern ist Business.
Wir durchquerten einen Ort,  als gerade eine Herde Kühe an uns vorbeigetrieben wurde und aßen in einem Dorf,  wo sich Hühner direkt vor uns stellten, weil sie hofften,  etwas von unserem Baguette zu bekommen.  Zu ihnen gesellte sich bald ein  Hund,  der es auf Johannes Fleischdose abgesehen hatte. Allerdings roch diese Pastete auch etwas nach Hundefutter.
Zahlreiche Pilger zogen an vorbei.  In den Pausen bekommt man einen kleinen Eindruck davon,  wie viele Pilger neben uns unterwegs sind.
Der weitere Weg führte zwischen Weiden auf Naturwegen entlang und ich bin dankbar,  dass ein lieber Mensch viele Paletten angeschleppt hat, um sie über die unzähligen Matschfelder zu legen.  So konnten wir trockenen Fußes über diesen Weg laufen. 
In einem Ort war es mit der Beschilderung besonders auffällig.  Es wurde darum gebeten,  die Stöcke hochzunehmen, ein Picknickplatz mit Wasser war ausgeschildert und jedes Haus hatte ein Schild,  dass es privat sei.  Offenbar sind die Menschen hier nicht so begeistert,l davon,  am Jakobsweg zu wohnen.
Wir machten eine Pause am ausgeschilderten Platz und trafen ein paar Pilger,  die wir vom Pilgerabend in le Puy kannten.
Danach ging es auf die Hochebene des Aubrac.  Viele Kilometer nur bergauf und das alles ohne große Aussicht,  weil kilometerweit eben alles hoch liegt.
Hier weiden überall die Highlandrinder und die Natur sieht karg und felsig aus. Bäume wachsen hier kaum noch, aber es ist wunderschön. 
Als wir oben einige Kilometer auf der Höhe liefen,  tauchte neben uns ein recht großer Fluss auf, der die Landschaft noch hübscher macht.
Die Sonne scheint wieder recht stark und es ist endlich wieder Kopf-unter-Wasser-halt-Wetter. Das zelebrierte ich auch im Dörfchen,  das wir durchquerten.  Wir machten eine Pause und liefen danach die letzten 3 km nach Nasbinals durch die Sonne.
In Nasbinals gab es einen Pilgerempfang in einem Raum an der Kirche. Wir bekamen Tee und Kekse und den Tipp, Rocamadour zu besuchen.  Das ist ein Ort, der sehr alt und sehr hübsch sein soll (noch schöner als Conques,  von dem uns jeder Franzose vorschwärmt) und der junge Mann zeigte uns Bilder und sprach so begeistert von diesem Ort, dass wir wirklich überlegen,  die 1-2 Tage mehr zu investieren.
In ein paar Tagen müssen wir uns erst entscheiden und wenn uns Conques gefällt,  sollten wir nach Rocamadour.
Wir gingen einkaufen und zum Campingplatz- wir schlafen heute wieder dort,  es ist einfach deutlich günstiger als in die Herbergen zu gehen und derzeit gibt es zahlreiche Campingplätze, so dass es kein Problem ist, zu zelten.
In Nasbinals, wo wir heute übernachten, zelten auch noch mindestens drei andere Pilger.Der Platz ist recht klein, aber gut. Es gibt sogar einen Aufenthaltsraum mit Steckdosen und Internetempfang.
Wir haben uns mit einem Pilger unterhalten und über den Weg ausgetauscht. Morgen müssen wir uns zwischen einem kurzen und einem recht langen Tag entscheiden, weil es dazwischen keine Unterkünfte gibt.  17 oder 33km.
Wir wissen noch nicht genau,  was wir machen werden.Wahrscheinlich werden wir aber eher die kurze Etappe wählen.

Montag, 14. Juli 2014

Tag 61: St. Alban - Aumont Aubrac

Hinter unserem Zelt steht ein Stacheldrahtzaun und dahinter ist ein Wald am Hang. Gestern Nacht entdeckte ich dort schon drei Pferde und sie waren heute morgen wieder da. Ob sie hier eine große Weide am Hang haben oder ob es Pferde in Freiheit sind weiß ich leider nicht.Wir haben auch schon oft Kühe und Schafe im  Wald gesehen,  ein ungewohnter Anblick für mich,  da ich das aus Deutschland nicht kenne.Hier haben die Tiere jetzt auch immer wieder Glocken um den Hals,  so dass man sie schon von Weitem hört.
Wir liefen heute wieder viel durch wunderschöne und wild aussehende Natur, über einige Hügel mit hübschen Weitblicken. Bei jedem Schritt kann man die Natur genießen,  das hatten wir vor le Puy nicht immer so intensiv.
Im Wald sahen wir noch liebevoll und aufwändig gebaute Hütten, mit Einrichtung und es sah so gemütlich aus,  dass ich fast eingezogen wäre,  wenn wir nicht mitten im Nichts gewesen wären (wir brauchen ja mindestens Wasser und ein bisschen essen).
Das Wetter wird auch wieder besser,  es war den Tag über fast warm und zum Nachmittag wurde es noch richtig sommerlich.
Wir liefen zum Campingplatz,  der eine ganze Ecke außerhalb und abseits des Weges liegt.  Wir waren früh da und nutzten den Nachmittag zum Entspannen, Wäsche waschen,  dösen und nichtstun. Wir haben Strom am Zelt,  was uns natürlich freut und es war ein sonniger Abend.
Nur eine Sache beunruhigte mich: Ich lief über den Platz und kontrollierte alle Wagen, es waren etwa 40 - aber kein einziger niederländischer Camper! Irgendetwas muss hier faul sein... 

Samstag, 12. Juli 2014

Tag60: Saugues - St. Alban sur Limagnole

Als wir heute morgen den Ort verließen,  sahen wir (wie bereits gestern) einige Holzskulpturen. Hübsche und kunstvolle Arbeiten. Hier lebt vermutlich jemand,  der seinen Ort verschönern wollte und das hat er auch geschafft.
Wir liefen wieder in die Natur,  auf einen Hügel,  von dem wir eine gute Aussicht hatten. Der Himmel sah heute wieder freundlicher aus,  aber es sollte noch nicht ganz überstanden sein mit dem Regen.
Heute liefen wir 35 Km und der Grund dafür war, dass wir das WM- Finale sehen wollten. Es kann ja schließlich sein, dass Deutschland gewinnt und ob wir das noch mal erleben werden, ist ja unklar. 
Die Herbergen haben keine Fernseher (das ist natürlich auch gut so) und wir kamen nur durch kleine Dörfer vorher. Ein Anruf beim Campingplatz ergab, dass sie das Spiel zeigen werden, also liefen wir heute eine ziemlich lange Etappe.
Natürlich können wir inzwischen gut über 30 km laufen, aber weniger ist uns trotzdem lieber und ich denke auch immer an mein Knie. Außerdem fühlen wir uns dann nicht so entspannt.
Heute ging es lange Zeit durch Wälder auf den Bergen,  in denen Pferde in Freiheit leben sollen. Ob sie hier einfach riesige Gehege haben oder Wildpferde sind, wissen wir nicht, denn die Gebiete sind stets umzäunt, es ist also ohnehin nur die halbe Freiheit. 
Irgendwann entdeckte ich sogar eine kleine Herde auf einem offenen Feld am Waldrand und später standen welche direkt am Zaun vor uns,  wobei wir bei denen nicht sicher waren, ob die noch zu den freien Pferden zählten, weil sogar die Fohlen zutraulich waren.
Johannes hat sich heute einen Stock gesucht,  er möchte das jetzt auch einmal probieren.
Leider fing es am frühen Nachmittag wieder zu regnen an und wir mussten uns unter unsere Ponchos verziehen.
Wir liefen an einer Quelle vorbei zu einer kleinen Kapelle mit einem Refuge und es ist schade,  dass nicht alle Schutzhütten  in unserem Buch aufgeführt sind,  wir würden gern noch einmal in einem übernachten. Dieses Refuge stand zwar drin, aber heute brauchen wir ja einen Fernseher und können deswegen nicht hierbleiben.
Wir warteten in dieser Hütte, bis der Regen aufhörte und setzten unseren Weg dann bergab fort. 
Es ging wieder recht steil den Berg herunter und wir mussten über einige Felsen klettern. Aber die Aussicht, die dabei hatten, war herrlich.
Die Gegend,  durch die wir wanderten ist wirklich hübsch und ich kann schon jetzt verstehen, dass uns jeder erzählt, der Abschnitt zwischen Le Puy und St.Jean-Pied-de-Port sei die schönste auf der gesamten Strecke.
Wir laufen so viel bergauf und bergab, dass wir natürlich auch viel mehr Aussichten haben als vorher.
Die letzten Kilometer liefen wir mit einem Franzosen, der überraschend gut englisch spricht für einen Franzosen.  Es ist nicht nur ein Vorurteil, die Franzosen sagen selbst von sich, schlecht englisch zu sprechen. Aber viele versuchen es dennoch und weigern sich nicht, wie man immer wieder hört.
In St.Alban fanden wir nichts zu essen, heute ist ja Sonntag und es gab nur ein offenes Restaurant, was man an den Preisen sicher gemerkt hätte. Wir hofften, dass es auf dem Campingplatz etwas zu essen gäbe und liefen die 2 Km zum Platz. 
Der Campingplatz liegt hübsch gelegen an einem Fluss und es gab sogar zwei Schwimmbecken, die wir aber nicht nutzen konnten, weil bei dem Wetter niemand ins Wasser will. Deswegen war er abgesperrt und bedeckt. 
Wir schafften es gerade noch, unser Zelt aufzustellen,  bevor es für einige Stunden zu regnen begann.
Glücklicherweise hat der Platz einen Imbiss und ein großes Zelt,  in dem der Fernseher stand. 
In unserem Zelt entdeckten wir, dass die Fliege, die seit vorgestern bei uns wohnt und die jetzt zweimal mit eingerollt und eingepackt wurde,  immer noch lebt. Ich setzte Charly (so heißt die Fliege) aus, er putzte seine krummen Flügel, konnte aber nicht wegfliegen, also ließ ich ihn wieder in unser Zelt. Hier kann er sich erholen und danach die neue Umgebung erkunden.
Wir bestellten  am Imbiss etwas zu essen und warteten im großen Zelt auf den Beginn des Fußballspieles. Leider nutzten die Franzosen die Zeit vor den Nationalhymnen für Werbung und wir sahen nichts vorher.
Im Laufe des Abends wurde es richtig kalt und ich fror, obwohl ich alle Klamotten übereinander trug.
Aber der Sieg der deutschen Mannschaft war es allemal wert.  Johannes hätte das Endspiel nicht verpassen wollen-Pilgerreise hin oder her. Für mich war es zwar nicht ganz so wichtig,  ich war aber auch froh, es gucken zu können. Wer weiß,  ob und wann ich wieder ein Finale sehe,  in dem Deutschland Weltmeister wird?!
Dennoch sind wir froh, unsere Etappen nicht mehr an den Spielplan anpassen zu müssen.

Freitag, 11. Juli 2014

Tag 59: St.Privat d'Allier - Saugues

Heute morgen bekamen wir ein richtiges Frühstück. Mit Getränken, Butter, frischem Baguette und einer richtigen Auswahl an Aufschnitt. Und das ganze am Tisch und mit Stühlen!
Wir genossen diesen Luxus und die Gemeinschaft.
Nach dem Frühstück ließen wir noch ein Foto schießen und machten uns auf den Weg, denn wir hatten heute wieder einige Anstiege vor uns und wollten nicht allzu spät los und unsere Freunde hatten auch noch über 400 Km vor sich.
Das Wetter soll heute besser werden als in den letzten Tagen und tatsächlich sahen wir heute morgen auch ein Stück vom blauen Himmel. Immerhin wissen wir jetzt, dass es ihn noch gibt.
Es ging gleich zu Beginn mächtig bergauf und wir erreichten bald ein Örtchen mit einer kleinen Kapelle und einem alten Turm. Im Gästebuch der Kapelle konnten wir lesen, dass Jean-Pierre und Josefine hier geschlafen hatten. Wir hoffen, dass wir sie noch einmal wiedersehen werden.
Nach dem Abstecher zu Kirche und Turm machten wir uns an einen sehr steilen und langen Abstieg und ich ahnte, dass die Besserung meines Knies heute Abend wieder dahin sein würde. Aber auch andere Pilger hatten ihre Mühe mit dem Abstieg. Dennes ging nicht nur steil begab, sondern über Steine und Geröll, durch Schlamm und immer wieder musste man fast klettern, um die Stein-und Wurzelstufen zu meistern. Unten angekommen waren alle Pilger froh, es geschafft zu haben.
Es sind wirklich viele Menschen unterwegs; in jeder Pause ziehen sie an uns vorüber. Aber es ist noch einsam genug, um immer wieder allein gehen zu können, ohne Pilger vor sich zu sehen und es ist auch lange nicht so viel los, dass wir es zu viel Funden würden.
Wir liefen herab nach Monistrol-d'Allier, das in einer Schlucht lag und machten eine Pause an der Kirche. Kurz bevor wir aufbrechen wollten, kamen Jean-Pierre und Josefine den Weg herauf. Sie hatten unter der Brücke an Ortseingang eine Pause gemacht, um sich im Fluss zu waschen. Wir setzten den weiteren Weg gemeinsam fort.
Und der hatte es in sich!
Es ging gewaltig bergauf. Wir passierten eine Kirche, die in einen Felsen gebaut wurde (vielmehr wurden einfach zwei Außenwände gezogen und der Rest ist die Höhle) und mussten einen Haufen Stufen heraufklettern, weil es fast zu steil war, um einen Weg zu gehen.
Ab und zu durften wir durchatmen, wenn der Weg auf einer Ebene verlief, aber es dauerte nie lange und wir mussten wieder bergauf laufen. Wenn wir das Höhenprofil richtig interpretiert haben, war das heute aber auch der längste und steilste Aufstieg bis St. Jean-Pied-de-Port.
Oben angekommen machten wir eine ausgiebige Pause, bevor wir weitere 4 km auf etwa einer Höhe liefen. Diese Strecke war wunderschön, es wuchsen so viele hübsche Pflanzen und Sträucher am Weg, von denen ich ausgiebig schwärmen würde, wenn ich ihre Namen wüsste. Es war jedenfalls herrlich, hier durchzuwandern.
Irgendwann lag Saugues vor uns und wir liefen ins Tal in den Ort hinein.
In der Kirche wurden wir von ein paar ehrenamtlich engagierten alten Damen empfangen und bekamen unseren Stempel und einige gute Worte. Inzwischen merkt man an fast jeder Ecke, dass wir auf dem Jakobsweg sind. Überall sieht man Muscheln, Werbeschilder und Wegweiser mit Entfernungsangaben nach Santiago. Ab Le Puy verdienen die Menschen am Weg auch Geld mit Pilgern, keine Frage.
Jean-Pierre und Josefine waren plötzlich verschwunden, sie waren von den Damen in der Kirche zum Pfarramt oder so geschickt worden, um eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit zu erfragen.
Johannes und ich liefen zum Supermarkt und danach zum Campingplatz, wo wir die Gruppe deutscher Abiturienten wiedersahen, die seit Le Puy auf den gleichen Plätzen schläft wie wir.
Der Lehrer geht jedes Jahr mit einer Gruppe eine Etappe. Am Ende ist er dann den gesamten Weg gelaufen und das ganze ist wohl eine beliebte Aktion.
Der Campingplatz hat ein Naturschwimmbad, aber leider war es zu kalt zum baden. Wir aßen also und verkrochen uns irgendwann ins Zelt, weil es so frisch war.

Donnerstag, 10. Juli 2014

Tag 58: Le Puy en Velay - St.Privat d'Allier

Heute früh mussten wir um halb 6 aufstehen,  um pünktlich um 7 zur Pilgermesse in der Kirche zu sein. Es war noch dunkel und wir mussten mit Taschenlampen unsere Sachen einpacken.  Das war nichts für uns und wir werden in Zukunft wohl wieder auf den Tag warten, ehe wir aufstehen.
Wir haben aber auch nicht viel geschlafen,  weil wir gestern noch eine Wanderung durch die Altstadt im dunklen gemacht haben.  Wir haben auf dem Campingplatz einen Flyer mit der Route bekommen und abends sind die Sehenswürdigkeiten so hübsch beleuchtet. Die Wanderung hat sich auch wirklich gelohnt,  auch wenn der eigentliche Grund das Internet an der Touristeninformation war. Wir mussten noch ein paar Sachen klären,  aber das Internet ist über Nacht ausgeschaltet.
In der Kirche war noch kaum jemand als wir um 6.50 Uhr ankamen. Wir setzten uns in die zweite Reihe hinter eine Nonne,  weil wir bei denen immer so gut abgucken können,  wann wir aufstehen und uns setzen müssen.
Zu Beginn der Messe war dann eine Handvoll Gäste da. Erst im Laufe der ersten 10 Minuten kamen noch viele Pilger dazu.
Nach der Messe wurden alle Pilger nach vorn zum Pilgersegen gebeten und erst jetzt begriffen wir,  wie viele Menschen hier starten. Wir standen mit fast 40 Pilgern da!
Jeder nannte seinen Namen und sein Land und dann verlas der Pfarrer zwei Gebete auf Französisch,  Englisch und Deutsch.
Da es einen Chinesen unter den Pilgern gab und der heutige Messdiener zufällig auch aus China kommt, ließ der Pfarrer ihn die Segensgebete extra in seiner Sprache vorlesen.
Wir bekamen einen der Segen auf einem Kärtchen mit, dazu einen Anhänger mit Muschel und Maria drauf und jeder konnte sich ein Gebet mitnehmen, welche die Gäste der Kirche vorher aufgeschrieben hatten, damit ein Pilger auf seinem Weg dafür betet.
Dann verlor sich die Gruppe und die ersten brachen auf. Johannes und ich blieben noch mit Jean-Pierre stehen und lernten eine deutsche Pilgerin kennen,  die heute ihre zweite Etappe hier beginnt. Wir beschlossen,  zusammen zu starten und gingen die Treppe herunter und zur Touristeninformation.  Wir klären die letzten Details für unser Rendezvous heute Abend. Eine befreundete Familie aus Siegen ist mit dem Wohnwagen auf dem Weg in den Spanienurlaub und wir schaffen es tatsächlich,  uns auf einem Campingplatz zu treffen!
Nachdem die Anderen alle Hefte aus der Touristeninformation bekommen hatten, die sie wollten, Jean-Pierre das Pilgerlied für uns kopieren ließ und wir einkaufen waren, versuchten wir Le Puy zu verlassen.Das war aber gar nicht so einfach,  weil uns eine Frau vehement in die falsche Richtung schickte, obwohl wir die Stadt ja verlassen wollten.  Wir fanden aber mit Hilfe einer freundlichen Madame den Weg zum Jakobsweg zurück und kletterten den ersten Berg des Tages herauf. 
Im Rückblick konnte man le Puy gut sehen und es ist zu schade,  dass das Wetter immer noch so mies ist. Wir hätten sonst den ganzen Tag schöne Aussichten gehabt.  Nach wenigen Kilometern kamen wir durch ein kleines Dörfchen,  an dessen Ausgang ein Teenie saß und kostenlose Getränke ausgab. Die Jugendlichen des Ortes bieten diesen Service täglich für 3 Stunden an.
Wir liefen in der 4er-Gruppe bis zu einem Rastplatz,  wo uns (neben einem Haufen anderer Pilger) Josefin aus Belgien einholte, die wir heute morgen an der Touristeninformation kennengelernt hatten.  Sie wusste da aber noch nicht,  ob sie einen Tag in der Stadt verbringen sollte oder nicht.  Nach unserer Einschätzung hatte sie sich offenbar dagegen entschieden und so liefen wir zu fünft weiter.
Der Weg verlief heute viel bergauf und bergab, über schöne Berge und durch Schluchten. Bei gutem Wetter hätten wir prächtige Aussichten genießen können,  so mussten wir uns vieles vorstellen. Es regnete zu allem Überfluss auch immer wieder etwas und die Wege waren schlammig und rutschig.
Ich fand heute am Weg ein vierblättriges Kleeblatt und bin sicher, dass das Glück mir weiterhin hold ist, vielleicht ja auch bald beim Wetter. Wir übten unterwegs immer wieder das Pilgerlied, das ich extra mit dem Handy aufgenommen habe,  damit wir die Melodie nicht vergessen. So konnte uns auch der Regen die Stimmung nicht verderben.
Lydia kehrte einige Kilometer vor unserem Tagesziel in eine Herberge ein, weil heute ihr erster Tag ist und sie sich nicht überanstrengen will. Eine gute Entscheidung, vor allem weil es heute viel bergauf und bergab ging.  Man lässt sich ja leicht von neuen Freunden mitziehen und achtet dabei zu wenig auf den eigenen Körper. Wir werden sie aber hoffentlich noch mal wiedersehen.
Die letzten Kilometer ging es nochmal stramm bergauf und bergab.  Wir sangen immer wieder das Pilgerlied, schmetterten das "ultreeeiiiaaa" und nachdem wir einen steilen Abstieg bewältigt hatten, ging es bergauf zu unserem Ziel. 
Unsere Freunde war schon angekommen und bereiteten gerade den Wohnwagen vor. Wir freuten uns sehr, sie wiederzusehen und wir wurden heute reich beschenkt.
Wir bekamen unter anderem gutes deutsches Brot und eine Gewürzbox mit verschiedenen Gewürzen.
Wir verbrachten einen wunderschönen Abend. Wir tranken einen warmen Tee und  wurden zum Essen eingeladen. Hinterher spielten wir noch Karten im Wohnwagen und unterhielten uns,  aber leider war der Abend viel zu schnell herum und wir mussten alle ins Bett. 

Mittwoch, 9. Juli 2014

Tag 57: Pausentag in Le Puy en Velay

Heute haben wir richtig ausgeschlafen und sind mittags zum Decathlon gelaufen, da wir ein paar Kleinigkeiten brauchten.
Meine Badehose hat zwar deutlich langer gehalten als die Wanderhose, ist aber auch schon seit einiger Zeit kaputt.
Auf dem Weg zum Outdoorgeschäft liefen wir durch einen sehr hübschen Park, in dem es einige Tiergehege gibt.
Ich brauchte zwei neue Hosen und hatte Glück: Die Hose, die mir am Besten passte, war mit 7,95€ auch noch die günstigste. Ich kaufte sie gleich zweimal und ab heute wird jeder denen, ich wechsle meine Hose nicht. Allerdings wird ab heute auch niemand mehr bemerken, wenn es tatsächlich so ist.
Wir kauften außerdem leichte Plastiklöffel und Gabel, denn die Göffel (Löffel mit Gabelzacken vorn) taugen nicht viel, es bleibt immer noch ganz schön was in dem auszulöffelnden Gefäß übrig. Auch wenn wir jetzt 1-2 Gramm mehr tragen, das ist es wert.
Ich kaufte mir einen zweiten Buff, da es in letzter Zeit so kalt ist, dass ich etwas mehr um meinen Hals brauche. Mein kaputtes aufblasbares Kissen wurde durch ein neues ersetzt und Johannes gönnte sich auch eines. Und ich kaufte mir eine leichte Kappe, den meinetwegen kann der heute heiße Sommer langsam kommen (ich klage lieber über Hitze).
Für den Rückweg nach Le Puy gönnten wir uns den Bus, denn wir hätten eine Stunde gebraucht, wollten aber noch etwas von der Stadt sehen.
Nachdem wir unsere Einkäufe ins Zelt gebracht und ein paar Minuten entspannt hatten, machten wir uns auf den Weg, die Kirche auf dem Berg zu besteigen.
268 Stufen stiegen wir bei schlechtem Wetter herauf und waren oben ganz schön erstaunt, wie klein die Kirche war. Die sah wirklich winzig aus, dabei wirkt sie vom Tal aus gesehen so groß.
Wir hatten einen tollen Überblick über die Stadt, nur in der Ferne konnte man nicht viel erkennen. Wir sahen, dass da wohl einige Berge sind, aber leider war das Wetter zu schlecht.
Nachdem wir die 268 Stufen wieder heruntergestiegen waren, kauften wie ein paar Postkarten und gingen dann zum Pilgercafé. Gestern wurde uns in der Kirche erzählt, dass sich hier die Pilger treffen, um sich kennenzulernen und Fragen zu stellen.
Wir waren gespannt, wie viele kommen würden, denn wir hatten gestern und heute schon viele Pilger entdeckt.
Wir bekamen neue Pilgerausweise, allerdings die Französischen- die sehen anders aus und sind etwas größer als unsere bisherigen.
Wir trafen heute Abend Pilger aus Frankreich, Kanada, China, den USA, Deutschland und Belgien. Wir bekamen reichlich Infomaterial und die Helfer versuchten jede Frage zu beantworten. Es war ein schön gestalteter Abend- schön, dass es solche engagierten Leute gibt, die das hier jeden Abend machen.
Und wir trafen Jean-Pierre, unseren Pilgerfreund, der einen Tag nach uns aus Taizé weitergelaufen ist. Das war eine besonders schöne Überraschung und wie verbrachten den Rest des Abends damit, unsere Erlebnisse der letzten Zeit auszutauschen.
Später brachte er uns noch zum Campingplatz und lief dann zurück zu seiner Herberge an der Kirche.
Wir werden uns morgen früh in der Pilgermesse wiedersehen.

Dienstag, 8. Juli 2014

Tag 56: St.Paulien - Le Puy en Velay

Wir haben wirklich sehr wenig geschlafen und das Haus um kurz vor 8 Uhr verlassen. Das Wetter war gewohnt schlecht und wir waren etwas traurig, einen so wichtigen Ort auf der Strecke bei miesem Wetter zu erleben.
Der Weg verlief durch die Natur und wir genossen die Ruhe vor dem Pilgersturm. Denn es scheint ab Le Puy spürbar voller zu werden. Wir wanderten über Hügel und vor einem kleinen Ort bestellte ich eine Katze zum streicheln. In Ort entdeckte ich dann das bestellte Tier und die kleine war richtig verschmust. So mag ich das.
Wir wanderten zum Nachbarort und damit zum letzten Örtchen vor Le Puy. Schon von Weitem sahen wir die prächtige Burg auf der Spitze des Berges thronen. Das sah zwar ganz großartig aus, aber wir mussten da hochlaufen und das machte den Berg gleich ziemlich unattraktiv.
Der Aufstieg war anstrengend, aber dennoch erstaunlich kurz und zum Glück regnete es gerade nicht, so dass wir nicht unter dem Poncho den Berg besteigen mussten.
Die Aussicht vom Ort aus war toll, auch wenn der Himmel sehr bewölkt war. Die Burg selbst haben wir uns nicht angeschaut, weil der Eintritt uns zu teuer war, aber wir sind trotzdem bis nach oben gelaufen und haben gepicknickt. Es war sehr kalt und windig und wir machten uns bald an die letzten Kilometer.
Wir liefen herab ins Tal und auf der anderen Seite des Berges wieder herauf und plötzlich endete die Markierung. Wir wussten nicht, wo wir langgehen sollen  liefen vermutlich falsch, fanden aber den Weg irgendwann auf dem Berg wieder.
Wir liefen eine steile Straße herunter und hinter einer Kurve lag plötzlich Le Puy vor uns.
Na ja, plötzlich wäre es gewesen, wenn wir nicht im Buch gelesen hätten, dass man es gleich sehen wird.
Dennoch, wie blickten in das Tal und sahen zwei Felsen, auf dem eine Kirche und eine Marienstatue thronten. Es sah schon mächtig imposant aus, vor allem als wir tiefer waren und an den Felsen hochblicken konnten.
Wir liefen zur Kathedrale und gingen in den integrierten Pilgerempfangsbereich. Dieser entpuppte sich als großer Raum mit sehr vielen Andenken. Viele Figuren, Ketten, Armbänder, Karten und Bücher gab es hier zu kaufen. Wir nahmen uns den "Miam Miam Dodo", den neuen Führer und holten uns den Stempel ab.
Danach liefen wir ein bisschen durch die Stadt und beschossen, einen Pausentag einzulegen. Wir haben die Zeit und diese Stadt scheint es wert zu sein.
Wir checkten im Campingplatz ein, gingen einkaufen und guckten abends das WM-Spiel der Niederlande gegen Argentinien.
Dass es in die Verlängerung ging und dann noch zum Elfmeterschießen kam, war uns egal, weil wir morgen ausschlafen können.

Montag, 7. Juli 2014

Tag 55: St.Georges Lagricole - St.Paulien

Heute früh sind wir mit Gefrierbeuteln an den Füßen losgelaufen.  Wir kauften uns im Laden ein Frühstück und suchten den Weg zurück zum Jakobsweg. 
Weil wir in das Buch gucken wollten fiel Johannes schnell auf,  dass er es in der Herberge vergessen hatte und lief zurück.
Ich wartete auf einer nassen Mauer im Nieselregen und fand es wirklich kalt.
Man sah aber ein paar blaue Flecken am Himmel,  die hoffentlich besseres Wetter ankündigten.
Wir liefen über hübsche Wege durch Felder und Wald und setzten uns zum Frühstück auf einen Haufen gefällter Bäume. Wir schoben uns Zartbitterschokolade in das Baguette und freuten uns,  dass es gerade einmal nicht regnete. Außerdem liefen wir über Wege ohne hohes Gras, die uns die Schuhe am meisten nassmachen.
Auf den Wegen standen, wie schon in den letzten Tagen,  einige Bäche über ihren Ufern.  Normalerweise fließen sie als schmale Bäche über den Weg, so dass man mit einem Schritt darübersteigen kann. Durch den vielen Regen aber waren sie teilweise fast 2 Meter breit und es war nicht immer leicht, sie zu überqueren.
Mittags hörte es endlich auf zu regnen und die Sonne zeigte sich ab und zu. Irgendwann entdeckte ich erste helle Stellen an den Schuhen,  sie schienen endlich zu trocknen!
Als wir über den letzten Berg des Tages stiegen,  konnten wir St. Paulien schon von Weitem sehen.  Le Puy sieht man von hier aber wohl nicht,  auch wenn man bei besseren Wetter sicher eine prächtige Weitsicht hat. Es fing leider wieder an zu tröpfeln und wir konnten uns nur ungefähr vorstellen, wie viele Berge vor uns lagen.  Die Wolken verdeckten vieles leider. Wir entdeckten eine Burg am Horizont, aber ob wir da vorbeikommen oder nicht,  wissen wir noch nicht.
Als wir den Ort erreichten suchten wir nach Schildern, die uns zur Gite führen sollten, aber wir fanden keine.
Also liefen wir erst einmal runter in das kleine Zentrum und fragten in der Touristeninformation.  Wir wurden zu einer anderen Adresse geschickt,  als im Buch angegeben war und waren nicht sicher,  ob alles klappen würde. Und das tat es auch nicht.  Johannes hatte die Nummer, die wir anrufen sollten falsch notiert und musste noch einmal zurück und die richtige Nummer herausfinden. Die Frau schickte ihn nach einem Telefonat mit dem Herbergsleiter wieder zurück zum Haus, wo irgendwann eine Frau auftauchte und sagte, dass die Dame in der Touristeninformation wohl neu sei,  da sie alles falsch gesagt hätte.  Wir mussten ganz woanders hin, wurden aber mitgenommen und zum Haus der Frau gefahren. Neben ihrem Haus stand die Herberge,  die sehr neu aussah.  Es gibt nur 4 Betten und eine wunderbare Dusche. Man kann das Wasser von oben kommen lassen oder aus der Handbrause und als Luxusmöglichkeit noch aus 6 Massagedüsen an der Wand. Die Frau sagte uns,  dass wir hier allein bleiben würden,  aber ich bat sie, Paul kommen zu lassen,  falls er noch anrufen sollte.
Und das tat er- um 18.30 Uhr.  Der hat die Ruhe weg.
Die Frau fuhr uns runter in den Ort,  wo wir am Laden rausgelassen wurden um einzukaufen und Paul hinterher zur Herberge zu bringen. 
Wir trafen uns im Laden und kauften für eine ausgiebige Mahlzeit ein und die wurde unheimlich lecker.  Es gab einen Salat aus dem Garten der Herbergsleiter und Kartoffeln mit Butter und irgendeine spezielle Wurst aus der Fleischerei.  Dazu gab es noch Möhren und Zwiebeln in Butter gegart und Bier.
Das WM-Spiel Deutschland gegen Brasilien durften wir freundlicherweise nebenan bei den Herbergsleitern gucken.  Und wir waren froh,  dass wir das nicht verpasst haben.  7:1, wahnsinn!
Hinterher unterhielten wir uns noch eine Weile mit den Herbergsleitern und Paul (der heute Geburtstag hat.  Ich hab zufällig am richtigen Tag nach seinem Alter gefragt) und fielen um halb 2 müde ins Bett.  Mal sehen,  ob wir morgen so früh rauskommen wie wir wollen,  denn wir wollen uns le Puy angucken und dafür genug Zeit haben.  Vielleicht machen wir auch einen Pausentag,  dass wissen wir noch nicht.