Freitag, 20. Juni 2014

Tag 37:Dijon - Nuits-Saint-Georges

Heute ging es in die Weinberge. Dijon verließen wir über große Straßen und durch einen Vorort, in dem wir unser Frühstück kauften und auf einem total vermüllten Spielplatz aßen. Nach einigen Kilometern und an einem Hund vorbei, der gar nicht genug gestreichelt werden konnte, bogen wir in eine kleine Straße ein und landeten am ersten Weinberg. Acht Arbeiter schufteten zeitgleich, richteten Reben auf und nahmen alles genau unter die Lupe.
Den ganzen Tag sahen wir solche Gruppen. Wein muss echt einen Haufen Arbeit machen. Wir beobachteten auch immer wieder, wie Männer auf speziellen Geräten zwischen den Reben entlangfuhren und Pestizide oder so versprühten. Bald schon sahen wir nur noch Wein, Wein und Wein. Und dazwischen lagen im Abstand von wenigen Kilometern kleine Dörfer. Die Menschen hier verzichten sogar auf Rasen. Wo sonst Gras oder Blumen wachsen, stehen hier im Burgund Weinpflanzen.
Wir passierten die ersten Weinlokale und stiegen dann hoch auf einen Berg. Als wir auf der Ebene weiterliefen, mussten wir uns entscheiden: Links führte der neu ausgeschilderte Jakobsweg entlang und geradeaus durch den Wald führte der im Buch von 2009 beschriebene Weg, der auch als Wanderweg markiert ist.
Die Beschreibung des Waldes im Buch klang so, als sei dies der zauberhafteste Wald, den die Autorin je durchschritten hat (der Weg schlängelt sich idyllisch über die Höhen, in den Blumenwiesen tummeln sich Schmetterlinge, üppige Waldlandschaft,...) und wir überlegten, was wir tun sollten.
Wir wussten nicht, wo der neue Jakobsweg entlangführt und wie weit die Strecke sein würde. Wir schauten um die Kurve des Weges und es sah so aus, als führe er über die Landstraßen in den nächsten Ort.
Wir entschieden uns für den Waldweg, denn der würde sicher schöner sein.
Was wir nicht wussten war, dass es richtig steil bergauf gehen sollte. Also wirklich steil. Über Geröll und Wurzeln. Johannes nahm meinen Rucksack vor die Brust, denn dieser (steile) Anstieg war nicht besonders gut für mein schmerzendes Knie. Auch ohne Rucksack wurde es mächtig schmerzhaft, aber nicht mal so anstrengend wie ich dachte. Na ja, ohne Rucksack ist das auch kein Wunder. Wir hofften, oben in 8 km Höhe mit einer prächtigen Aussicht belohnt zu werden, aber daraus wurde nichts. Wir sahen zwar viele schöne Bäume und Lichtungen, aber das Tal konnten wir nicht sehen. Der Weg verlief einige Zeit oben auf dem Berg, dann machten wir uns an den Abstieg. Der war zum Glück nicht so steil, für das Knie aber auch ziemlich anstrengend. Als wir endlich wieder unten angekommen waren und aus dem Wald traten, starrten wir einen Augenblick fassungslos nach links.
Diese Kirche hatten wir vor dem Aufstieg schon gesehen, aber da waren wir wenige hundert Meter dichter dran!
Wenige hundert Meter! Wir konnten den Weg sehen, den wir hätten nehmen können und hätten uns 2,5- 3km Bergklettern erspart!
Warum schreibt dir Autorin nicht, dass man auch einfach 400 Meter um den Wald herumgehen kann?!
Ähnlich "lustig" ging es mit dem Führer heute weiter: "Nach einer Weile gemütlichen Höhenspaziergangs" sollte man ins Tal gehen. Wie lange dauert denn so eine Weile? Wir befürchten, die Autorin unserer Führers hat hier jeden Wein probiert, an dem sie vorbeigepilgert ist.
Im Örtchen nach dem Wald (den wir schon vor über einer Stunde hätten erreichen können) erholten wir uns erst einmal von dieser unnötigen Tour. Wie vielen Pilgern mag es vor uns so gegangen sein? Sind wir mit diesem Bogen in guter Gesellschaft?
Wir setzten unseren Weg durch die Weinberge fort und egal, wohin man sah, es gab wirklich nur Wein. Und bunte Dächer. Einige Häuser haben diese bunten Dächer, für die das Burgund bekannt ist. In einem Dort setzten wir uns vor ein Café und warten, bis die Mittagspause herum war. Wir tranken eine kalte Cola und spielten mit dem Hund der Besitzerin.
Wir liefen die letzten Kilometer nach Nuits-Saint-Georges und machten einen Abstecher in den Supermarkt. Danach liefen wir auf der Suche nach einer Toilette in die Innenstadt und fanden glücklicherweise offenes WLAN an der Touristeninformation. Denn unterwegs hatten wir kleine Schilder für ein "Chalet du pèlerins" wahrgenommen, aber unser Buch wusste noch nichts davon. Wir fanden die Telefonnummer heraus und wagten einen Anruf. Da wir nicht reserviert hatten, wollten wir nur um einen Platz für das Zelt bitten. Pierre, der Besitzer, sagte uns sofort zu und hätte uns auch ins Haus gelassen, aber da solle schon ein Pilger sein.
Aha? Da bin ich ja mal gespannt! Endlich ein Pilger!
Wir liefen zu der angegeben Adresse und fanden das Gartentor verschlossen und die Fensterläden verriegelt. Hier war bestimmt noch niemand. Es sieht aus wie ein Schrebergarten, das Häuschen steht für sich neben Gemüsebeeten und ich vermutete, dass der Schlüssel hier irgendwo versteckt sein würde. Aber wir fanden ihn nicht und beschlossen, erst einmal zu essen, denn Pierre wollte noch vorbeikommen.
5 Minuten später kam er schon und zeigte uns das Schlüsselversteck. Und es war so simpel! Ich hatte Johannes noch gesagt, er solle da gucken, aber na ja. Pierre weiß ja nicht, dass wir Geocacher sind. Dann wäre es nämlich peinlich gewesen.
Er schloss uns die Hütte auf und fuhr dann los, die drei Pilger einsammeln, denn die hatten sich verlaufen. Drei Pilger? Es wurde immer spannender.
Als ich aus der Dusche kam, waren diese bereits eingetroffen und es stellte sich heraus, dass wir die drei jungen Frauen bereits kannten. Sie kamen heute Mittag kurz nach uns aus dem Wald und wir machten lustige Fotos an einer Figur im Örtchen. Die Französinnen waren aber gar keine Pilger, sondern wandern für 3 Tage auf einem Weinbergwanderweg. Offiziell dürften sie hier also gar nicht schlafen, weil die Hütte ausdrücklich nur für Pilger mit Pilgerausweis ist.
Aber na ja, da wir unser Zelt haben, ist das kein Problem. Ansonsten wäre es ärgerlich gewesen. Aber wir haben hier einen Platz, eine Dusche und eine Toilette und schlafen hier gegen Donativo. Einen eigenen Stempel gibt es hier übrigens auch.
Es gibt sogar eine Küche, aber das wussten wir ja vor dem Einkauf noch nicht.
Im Kühlschrank fanden wir jedoch Butter und das war ein kleines Fest!
Es ist zu warm zum Butterpilgern, die würde uns im Rucksack sofort schmelzen. Deswegen freuen wir uns immer sehr, wenn wir mal welche essen können. Mit Butter schmeckt das Baguette nämlich gleich viel besser.
Ich konnte mir aus der Hütte sogar eine Wolldecke nehmen und habe heute Nacht somit Beinfreiheit. Das ist für mein Knie wichtig, weil ich nachts viel wach liege und im engen Schlafsack keine gute Position finde.
Die Situation meiner Schuhsohlen bereitet mir zusätzliche Sorgen. 200€ haben die gekostet und keine 700 km gehalten. Noch kann ich darin laufen, aber die Sohle kann ich auch schon gut hochziehen und es klemmen dauernd Steine zwischen Schuh und Außenkante.
Bald werde ich mir etwas überlegen müssen, aber wegwerfen will ich die Schuhe nicht gleich (ich hab die doch noch nicht lange) und schon gar nicht noch einmal so viel Geld investieren. Ob die Kniesache durch die Sohlen nicht auch noch verschlechtert wird, frage ich mich schon ein paar Tage, aber in den Ersatzschuhen geht es derzeit auch nicht besser.
Wie auch immer, heute Abend saßen wir noch etwas beieinander, unterhielten uns und genossen die Kirschen, die Pierre uns noch gepflückt und zusammen mit Sirup und Saft vorbeigebracht hatte.
Wir liefen auch noch kurz ins beschauliche Zentrum, um zu gucken, wie die Franzosen Fußball schauen. Es war ein guter Abend dazu, denn als wir aufbrachen stand es 3:0 gegen Schweiz.
Aber in der Stadt war nichts los. Nur eine Bar übertrug das Spiel und es guckten nur etwa 8 Leute zu. Davon waren mindestens 2 keine Franzosen. Traurig. Hoffentlich haben wir morgen mehr Glück, wenn wir das Deutschlandspiel gucken wollen. 

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