Mittwoch, 11. Juni 2014

Tag 28: Taillancourt - Neufchâteau

Gestern Abend wurde es plötzlich sehr windig ums Zelt. Ein Blick nach draußen zeigte, dass sich tiefschwarze und hohe Wolken über uns aufgetürmt hatten. Es blitzte und wir sicherten das Zelt gewissenhafter als vorhin und warteten auf den Regen. Aber das Gewitter blieb aus. Vielleicht sparten die Wolken ihre Kräfte für die Deutschland-Tournee.
Es blieb also trocken und somit kühlte es leider auch nicht ab. Als wir am Morgen losliefen, war es schon wieder richtig heiß.
Wir pilgerten über offene Felder und fieberten dem Wald entgegen, in dem es hoffentlich Schatten geben würde. Die ersten Kilometer mussten wir jedoch im Sonnenschein verbringen, weil der Waldweg zu breit war. Unglaublich, wie man schon am frühen morgen so schwitzen kann...
Als das geschafft war, durften wir eine knappe Stunde im Schatten laufen, bis wir in einem Örtchen Pause machten, um uns etwas abzukühlen und die Schuhe auszuziehen. Die Schattenplätze sind heute glücklicherweise etwas kühler als die letzten letzten Tage. Und wir haben den zweiten Brunnen mit Trinkwasser in diesem Land entdeckt.
Wir liefen anschließend durch Domremy, dem Geburtsort von Jeanne D'Arc, der Jungfrau von Orléans. Praktischerweise liegt ihr Geburtshaus direkt neben der Kirche, da müssen die Tourismus nicht lange suchen. Hier trafen wir auf ein Ehepaar aus dem Westerwald, mit dem wir uns lange unterhielten.
Man merkt deutlich, wie stolz dieses Dorf auf ihren Sprössling ist, denn der ganze Ort dreht sich um sie und auch im Umland begegnet man ihr überall. Wenn es nach den Anwohnern geht, hat Jeanne vermutlich schon überall gesessen, gebetet und jemanden besucht.
Der weitere Weg führte uns auf einen Berg, wo die Basilika steht, in der Jeanne die Stimmen gehört haben will. Es war wirklich hübsch da oben und man hatte eine gute Aussicht ins Tal, aber durch die Hitze konnten wir das alles nicht so richtig genießen.
Nach einigen Kilometern hinab ins Tal kamen wir in einen Ort mit einem Brunnen (natürlich krönte die Jungfrau oben drauf), der ein großes Becken eiskaltes Wasser bereithielt. Wäre er nicht mitten auf dem Dorfplatz mit relativ viel Verkehr, hätte ich mich glatt reingesetzt und gebadet. So begnügte ich mich damit, den Kopf immer wieder hineinzutauchen und meine Arme komplett ins Wasser zu halten. Ich wiederholte diesen Vorhang jede Minute, da das Wasser auf dem Kopf zu verdampfen schien. Die Anzeige an der Apotheke zeigte und dann beim weiterlaufen schlappe 46 Grad an.
Die letzten Kilometer nach Neufchâteau mussten wir an einer Schnellstraße entlanglaufen und die Sonne gab alles. Es gab keinen Schatten und auch keine richtige Wolke, um sie etwas zu bremsen.
Ja, die Hitze ist krass. Und ja, ich meckere. Unter anderen Umständen würde ich sie ja auch lieben, aber unter ihrer gnadenlosen Art zu wandern ist nun mal kein Geschenk.
Das ganze wandern ist überhaupt kein Geschenk. Nicht dass hier jemand denkt, wir spazieren mal eben durch die Eifel und ganz Frankreich.
Es ist total anstrengend und macht nicht immer Spaß.
Johannes und ich finden beide, dass es in der letzten Zeit eigentlich recht wenig Freude macht.
Ich finde es langweilig, den ganzen Tag zu laufen, ohne Gesellschaft zu haben und die Gegend ist zwar hübsch, aber nicht besonders aufregend.
Es ist nicht so, dass es gar keinen Spaß macht, aber ich freue mich schon darauf, wenn wir mal wieder andere Pilger treffen.
Ich finde, das muss man auch mal sagen, weil man fast immer nur romanische Berichte liest und ich ja auch viel von den schönen Sachen berichte. Und bestimmt werde ich nach der Reise sagen, dass dieser Abschnitt gar nicht so schlimm war, sondern mich an die schönen Abende erinnern und denken, dass alles perfekt war.
Die Abende waren bisher auch wirklich immer schön und die will ich auch nicht missen. Das entspannen unter der Sonne, das genießen der Ruhe und und dir zahlreichen schönen Begegnungen mit den Franzosen, das ist schon was tolles.
Ich weiß jetzt jedenfalls, dass mir das einsame wandern nicht liegt. Das ist zwar keine Überraschung und das dachte ich ja bereits an der Ostsee, aber nun weiß ich es sicher.
Zum Glück habe ich meine Musik dabei. Ich lasse auch gern meine Gedanken schweifen, denke an meine Familie und meine berufliche Zukunft und daran, ob ich nach der Reise wohl an einen Pilgerweg ziehe und auch Pilger verwöhnen kann. Ich denke auch an meine Katzen, an Siegen und alle meine Freunde das oder schreibe einen furchtbar spannenden Krimi in meinem Kopf, der es wohl nie bis aufs Papier schaffen wird. Ich habe ja den ganzen Tag Zeit, meine Gedanken reisen zu lassen.
Nachdem wir wieder einen etwas größeren Einkauf in Neufchâteau hinter uns hatten (vieles ist aber auch einfach verlockend!) liefen wir zum kleinen Campingplatz, auf den wir für knapp 10€ schlafen.
Frisch geduscht und satt lagen wir später vor unserem Zelt und waren mit der Pilgerei wieder versöhnt.
Pilgerstempel bekommt man hier übrigens sehr schlecht. Die Kirchen sind fast immer verschlossen und selbst wenn sie offen sind, gibt es noch lange keinen Stempel darin. Ich glaube, wir haben in Frankreich nur in den großen Kirchen in Metz Stempel gesehen.
Dafür sind die Menschen hier einfach total freundlich. Ich wiederhole mich wahrscheinlich, aber es ist halt so. Wir sind noch an niemanden geraten, der unfreundlich gewesen wäre. Heute früh hat uns die Nachbarin sogar Kaffee angeboten, obwohl sie gestern nur gesehen haben, dass Fremde auf der Wiese vor ihrem Grundstück zelten.
Ich will nicht sagen, dass es in Deutschland anders wäre, auch da haben wir ja viele tolle Begegnungen gehabt.
Ich freue mich einfach über jeden, der uns freundlich begegnet und uneigennützig hilft. Danke an alle lieben Menschen!

1 Kommentar:

  1. Hallo,
    in Frankreich bekommt man die Pilgerstempel meist in der Touri-Info. In Kirchen eher nicht, auch wenn sie offen sind. Das ändert sich später, wo mehr Pilger unterwegs sind.
    Nach einer Zeltmöglichkeit fragt man am besten in der Mairie. Dort fühlt man sich dafür zuständig.
    Grüße Enja

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