Sonntag, 24. März 2013

24.und 25. März- Rückreise


Als wir heute aufstanden, kam der Hospitalero und brachte Allan sein Portemonnaie. Einer der Hospitaleros hatte es gestern Abend gefunden und ihm vorbeigebracht. Wir waren echt froh, dass es wieder da war und es fehlte nichts!

Dann gab es ein Problem: You- Jin und Allan hatten eigentlich zugesagt, heute mit nach Santiago zu fahren, hatten sich aber beide dagegen entschieden. Für Allan hatten wir gestern schon einen "Ersatzmann" gefunden, der mit uns in der Herberge schlief, aber You- Jin hatte spontan abgesagt und das passte dem Hospitalero gar nicht. Es stellte sich heraus, dass es seine deutsche Frau war, die uns nach Santiago bringen würde und sie erklärte mir, dass sie eigentlich nur dann fahren, wenn mindestens 4 Pilger mitkommen. Sonst würden sie nicht genug Geld daran verdienen.
Sie nahm ihren kleinen Sohn mit und erledigte wohl in Santiago immer ein paar Besorgungen und finanziert sich die Fahrt mit den Pilgern. Keine schlechte Sache, denn wir alle profitieren davon.
Da You- Jin nun aber kurzfristig entschieden hatte, erst heute Nachmittag mit dem Bus zurückzufahren, klang es zuerst so, als wollte die Frau die Fahrt absagen. Ich hätte dann meinen Bus verpasst. Wir einigten uns darauf, dass wir ein bisschen mehr bezahlen und fuhren dann los (es war sogar immer noch ein klein wenig billiger als der Bus). Die Frau erzählte, dass sie sich nach ihrer Pilgerreise vor einigen Jahren in den Hospitalero verliebt hatte und dann ausgewandert war. Eine schöne Geschichte und ein schöner Ort, in dem sie gelandet ist. Ich könnte mir auch vorstellen, hier zu wohnen- Wenn es ein bisschen dichter an Hamburg liegen würde.
Es wurde ein schwerer Abschied von Allan. Wir wissen nicht, ob und wann wir uns wiedersehen werden und es war echt ein schwerer Moment für uns alle.

Alma musste mit aufs Gruppenfoto :)

Als wir am Busbahnhof in Santiago abgesetzt wurden, hatte ich noch über eine Stunde Zeit, bis der Bus kam. Ich kaufte die Postkarte, die ich wie versprochen an Serafin nach Boadilla del Camino schicken wollte (er hatte mir ja ein neues Handtuch geschenkt). Hogy würde die Karte später einwerfen.

Als es Zeit für meinen Bus wurde, liefen wir runter zum Abfahrtsort, an dem schon einige Leute warteten. Ich hatte eine Pappkiste mit allen Fressalien für die Fahrt, dem Kuchen für die Kollegen und einen Haufen Getränke. Ich könnte mit der Kiste 2 Wochen lang überleben und freute mich schon, sie neben mir auf den Sitz zu stellen. Daraus wurde aber nichts, denn der Busfahrer erlaubte nicht, dass ich die Kiste mit reinnahm. Essen sei im Bus verboten (das hatte ich auf der Hinfahrt nicht so erlebt, ist aber vielleicht Fahrerabhängig).
Ich musste sie unten ins Gepäckfach stellen und hatte keine Gelegenheit, etwas rauszuholen. Ich sehnte mich schon nach der ersten Pause. Da würde ich einiges in den Bus schmuggeln.

Unauffällige Fressalienkiste
Der Busfahrer kontrollierte die Passagierliste und fand meinen Namen nicht. Egal, in welcher Konstellation wir meinen Namen durchgingen, es gab keinen Eintrag, der meinem Namen ähnelte. Ich befürchtete, stehengelassen zu werden, wurde dann aber doch durchgewunken und konnte mitfahren.

Nach relativ kurzer Zeit (vielleicht 2 oder 3 Stunden) hielt der Bus an einer Straße vor einer Gaststätte für eine Pause an. Ich hatte leider niemanden, der mir die spanische Ansage übersetzen konnte, aber da alle den Bus verließen, stieg auch ich aus. Ich ließ mir meine Kiste geben und bekam große Angst, als der Bus plötzlich wegfuhr. Ich fand dann aber jemanden, der mir sagen konnte, dass wir eine Stunde Pause machen würden und der Bus deshalb irgendwo anders parken würde.

Ich sortierte meine Futterkiste und sammelte die Sachen, die ich während der Fahrt essen wollte, heraus, sowie die Getränke. Da ich die Jacke von Johannes dabeihatte und die mir zu groß ist, hatte ich genug Platz, um einiges an Proviant schmuggeln zu können. Ich lernte in der Pause eine Deutsche kennen, die auch nach dem Pilgern auf dem Weg nach Köln und in meinem Alter war. Wir unterhielten uns und verbrachten die kommenden Pausen zusammen.
Zufälligerweise hatte sie das gleiche Handy wie ich und passende Kopfhörer, die sie mir lieh, damit ich Musik hören konnte. Ich weiß nicht, warum ich keine Kopfhörer mitgenommen hatte. Vermutlich war ich wirklich viel zu geizig mit jedem Gramm Gewicht gewesen (was wiegen die, 10 Gramm?!) und hatte sie einsparen wollen oder es der Erleuchtung zuliebe gelassen. An die langen Busfahrten hatte ich gar nicht gedacht.
Muschelbastelei aus der Herberge
Irgendwann fuhren wir auf einen großen Rastplatz, an dem unzählige Reisebusse standen. Ein Mann lief durch den Bus und verteilte lauter bunte Kärtchen.
Ich erfuhr, dass das hier eine Art Umsteigeplatz war: Die Busse kamen aus verschiedenen Orten, trafen sich hier und mischten die Passagiere neu, bevor sie weiterfuhren. Ich bekam ein Kärtchen mit einer Busnummer, den wir draußen suchten. Erst einmal mussten wir aber lange warten.
Ich glaube 2 Stunden oder so mussten wir im Rasthof herumsitzen und warten, bis wir unser Gepäck aus dem alten Bus holen, in dem neuen verstauen und uns Plätze im Bus ergattern konnten. Es war furchtbar stressig, denn die Leute drängelten und schubsten einander herum und schmissen ihre Taschen unkontrolliert in das Gepäckfach, obwohl wir unsere Rucksäcke noch gar nicht rausgeholt hatten. Wir waren total genervt und froh, als wir endlich im Bus saßen und niemanden neben uns hatten. Wir hatten unsere Schlafsäcke mit reingenommen, um es uns für die Nacht so bequem wir möglich zu machen. Leider stiegen immer wieder Leute in den Bus dazu und bald hatten wir jeder jemanden neben uns. Wir bekamen 2 junge Spanier, die auf dem Weg nach Deutschland waren und sich dort Arbeit erhofften. Sie konnten kein deutsch und nur schlecht englisch- Ich hoffe, das sie Erfolg bei der Suche haben werden.

Im Bus wurde ein schlechter Film mit animierten Meerschweinchen gezeigt. Ich verstand zwar nichts, fand die Geschichte aber auch ohne Text doof. Als der Film endlich zu Ende war, wurde er direkt wieder abgespielt. Ich dachte, ich guck nicht richtig.
Aber als er dann ein drittes mal gestartet wurde, bin ich nach vorn und habe den Fahrer gebeten, den Film auszumachen. Ich habe ihm auf englisch und französisch gesagt, dass der Film jetzt zum dritten mal läuft es und es langsam nervt. Als ich wieder zu meinem Platz lief, bekam ich von vielen Fahrgästen zustimmende Blicke und Applaus. Na immerhin war ich nicht allein genervt. Dennoch lief er ein drittes mal durch.

Es wurde eine unbequeme und sehr lange Nacht. Der junge Mann neben mir sitzt offenbar gern breitbeinig, aber vielleicht geht es auch aufgrund seiner Beinlänge nicht anders. Es schläft sich natürlich auch nicht besonders entspannt, wenn man Angst haben muss, einem Fremden auf die Schulter zu rutschen und ihn vollzusabbern.
Ich versuchte, mich nur ans Fenster zu lehnen und bald tat mir alles weh. Die Fahrt zog sich ins Unendliche und gefühlt war sie das ja auch, immerhin würden wir gut 30 Stunden unterwegs sein.
Als es hell wurde, machten wir auch wieder etwas längere Pausen auf Rastplätzen und wir genossen es, uns die Beine vertreten zu können. So eine lange Busfahrt ist schon echt anstrengend.

Als wir wieder in Deutschland waren, landeten wir im Stau und so verzögerte sich unsere Ankunft am Hauptbahnhof um eine ganze Weile. Ich konnte langsam echt nicht mehr und wollte endlich aussteigen. Außerdem wartete Johannes bereits am Bahnhof und ich war schon ganz kribbelig, ihn endlich wiederzusehen.
Ich war richtig aufgeregt, als wir am Bahnhof einfuhren und ich ihn schon warten sah...

4 Kommentare:

  1. Liebe Frau Holle,

    ganz, ganz dickes Kompliment! Seit gestern lese ich mich hier durch, und habe so viele schöne Stellen entdeckt - tolle Schreibe, viel Humor, und die Fotos mit Scrat find ich klasse! Ich starte am 7. April in Richtung Spanien. Dafür ist dein Blog eine super Einstimmung!

    Liebe Grüße aus Wien

    Die Wahlwienerin

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  2. Liebe Frau Holle,

    vielen Dank für Deine schön geschriebenen Caminoerlebnisse. Bin in Gedanken etwas mitgelaufen und fand es schade, dass es dann auch schon zu Ende war. Ich hätte auch weiter gelesen.

    Lieben Gruß
    Berliner

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  3. Hallo Frau Holle,

    durch Zufall bin ich heute auf deinen Blog gestoßen und war so fasziniert, dass ich bin hierhin nicht aufhören konnte zu lesen!

    Ich möchte mich auch bald auf meine Pilgerreise begeben und habe hier einiges Erfahren können, was mir helfen kann! Danke!

    Ich hoffe du stehst noch in Kontakt zu deinen Pilgerfreunden, denn wer sowas gemeinsam erlebt, muss einfach weiter miteinander Befreundet sein!

    Liebe Güße aus Hessen und fröhliches weiter Pilgern
    Catrin

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  4. Absolut fesselnd!

    Vielen Dank das Du dir die Mühe gemacht hast, all Deine Erlebnisse hier für uns so liebevoll zu präsentieren.

    Noch knapp fünf Monate, bis es für mich so weit ist nach St. Jean zu reisen um den Camino zu gehen ...

    Dein Bericht hat mir die Wartezeit versüßt und mich mit nur noch mehr Neugierde und Abenteuerlust versehen.

    Vieln Dank!!!!

    Steffi aus Niedersachsen

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