Als ich heute früh
aufwachte, ging es mir schon besser. Fiebrig fühlte ich mich nicht mehr und ich
war kurz davor, nachdem ich lange im Buch gelesen hatte, 18 Km zu laufen, denn
ich wollte ungern einen Tag Pause machen und den Anschluss an die Freunde verlieren.
Allan überlegte aber selbst, einen Tag auszuruhen. Als wir uns das gegenseitig
erzählten, überlegten wir zusammen: Die Herberge war warm und gemütlich mit
Wohnzimmer und Sofa und sogar einen Fernseher gab es. Im Garten trocknete die
Wäsche gut (wir könnten die anderen Sachen also auch waschen), es gab eine
Apotheke und einen Supermarkt in der Nähe, wir hatten keinen Zeitdruck und es
würde uns Beiden gut tun. Mir wegen der Gesundheit und ihm wegen seiner Füße.
Also beschlossen
wir, zu bleiben. Der Hospitalero kommt immer abends zum Stempeln und Kassieren,
wir hätten die Herberge also den Tag über für uns.
Die Anderen brachen
auf, als die Putzfrau (die ihren Job nicht sehr ernst nahm) erschien und alle
sehr unfreundlich herauswarf. Ein Glück, dass Allan spanisch kann und unser
Bleiben erklären konnte, sonst wären wir womöglich auch vor die Tür gesetzt
worden.
Wir gingen in den
Supermarkt und kauften in Ruhe und ausgiebig ein. Bananen, Birnen, O- Saft, was
man halt so braucht, wenn man nicht ganz fit ist. Aber da es mir schon wieder
gut ging, gab es auch Schokolade und Nudeln. Als wir um 11 Uhr in Ruhe frühstückten
und die Anderen schon seit 2 Stunden weg waren, hörten wir jemanden in die
Herberge kommen, der hinter einer Tür verschwand. Nach einer halben Stunde
öffnete sich die Tür wieder und Hogy kam in den Aufenthaltsraum und erzählte,
dass er die letzten 1,5 Stunden in einer Bar auf dem Klo verbracht hätte, weil
ihn ein schlimmer Durchfall plagte. Er wollte dann bei uns noch einmal aufs
Klo, aber nicht hierbleiben, sondern die 18 Km laufen, um dann in 3 kurzen
Tagen nach Leon zu laufen. Allan und ich würden 2 lange Tag machen und dann
würden wir uns in Leon wiedertreffen. Er verabschiedete sich und ging. Nach 10
Minuten hörten wir eine Tür: Hogy hatte vorher noch den Umweg übers Töpfchen
genommen. Ob der so viel Spaß haben wird, wenn er unterwegs ständig aufs Klo
muss? Er traut sich auch nicht, in die Büsche zu gehen.
Allan und ich
machten uns einen richtigen entspannten Tag. Wir chillten, wuschen die
Klamotten und dann machte ich einen Mittagsschlaf. Ich wollte meinem Körper
viel Ruhe gönnen, damit er auskurieren konnte, was auch immer er auszukurieren
hatte. Vielleicht hatte ich etwas Falsches gegessen? Ich wüsste nur nicht, was
das gewesen sein sollte.
Um 16 Uhr wachte ich
auf und schrieb in Ruhe mein Tagebuch, ich musste einiges nachtragen und auch
den heutigen Tag zu Papier bringen. Ich habe nicht immer Zeit und Lust, am
selben Tag alles aufzuschreiben und freute mich über die Zeit, das Buch auf
Vordermann bringen zu können.
Ich bin natürlich
schon lange im Pilgeralltag angekommen und es ist herrlich!
Man muss sich um
kaum etwas sorgen. Kein Unistress, keine Behördensachen, nichts, was schon
lange liegengeblieben ist oder so.
Alles was zählt ist
der vor einem liegende Tag: Wie viele Km wird man laufen und wo schläft man?
Gibt es dort eine Küche? Wo kann ich einkaufen? Braucht man Waschmaschine,
Trockner, Internet (wenn man etwas davon braucht, sucht man die entsprechende
Herberge heraus)? Und die Frage, wie viel Wasser brauche ich und wo kann ich es
auffüllen.
Man muss auf seinen
Körper achten, aber kann sich den ganzen Tag Zeit lassen, das Ziel zu
erreichen.
Wir sind echt
entspannt, starten immer als Letztes, machen viele und lange Pausen und kommen
meistens als Letztes in der Herberge an. Aber wir müssen uns keine Gedanken um
die Betten machen, es ist immer mehr als genug Platz. Ein klarer Vorteil der
Nebensaison.
Das Laufen ist zum
Alltag geworden und mal mag man es, mal hasst man es. In manchen Augenblicken
liebe ich es auch, aber so oft kommt das bei mir nicht vor, zumindest nicht,
wenn ich schon einige Km hinter mir habe (dennoch liebe ich das Pilgern!)
Aber wenn man morgens aus der Herberge tritt und die Füße nicht schmerzen, die Sonne scheint und die Vögel singen, dann liebe ich es. Und wenn dann noch ein süßer Hund meinen Weg kreuzt und sich knuddeln lässt, ist mein Glück fast perfekt. Oft bedaure ich es, ohne meinen Freund unterwegs zu sein und all das nicht mit ihm teilen zu können. Kann jemand, der den Weg nicht gelaufen ist, nachfühlen, wie es ist? Kann er verstehen, was ich fühle? Ich weiß es nicht, ich glaube, ich habe es vor dem Weg nicht gekonnt.
Aber wenn man morgens aus der Herberge tritt und die Füße nicht schmerzen, die Sonne scheint und die Vögel singen, dann liebe ich es. Und wenn dann noch ein süßer Hund meinen Weg kreuzt und sich knuddeln lässt, ist mein Glück fast perfekt. Oft bedaure ich es, ohne meinen Freund unterwegs zu sein und all das nicht mit ihm teilen zu können. Kann jemand, der den Weg nicht gelaufen ist, nachfühlen, wie es ist? Kann er verstehen, was ich fühle? Ich weiß es nicht, ich glaube, ich habe es vor dem Weg nicht gekonnt.
Als Allan und ich
heute Abend anfingen zu kochen, kamen nach und nach neue Pilger an, die wir
noch nicht kannten. Sie kamen aus Rumänien, Irland und Brasilien und waren
einen Tag nach uns gestartet. Einer sogar an meinem Geburtstag, also 8 Tage
nach uns. Der muss echt gerannt sein. Die Jungs reißen nicht selten 40 Km am
Tag ab, das könnte ich nicht. Ich finde 32 Km schon genug. Mit den Blasen würde
ich ohnehin nicht weiter kommen und ich bin auch um jeden Tag froh, wo es nicht
so eine lange Strecke ist. Und ich habe keinen Zeitdruck, warum soll ich mich
über den Weg quälen? Davon habe ich nichts, mit der Kondition einiger Anderer
kann ich eben nicht mithalten und das will ich auch gar nicht.
Später lief ich mit
Allan zur Kirche im Ort, weil es da ein freies WLAN- Netz gab. Während Allan im
Netz surfte, telefonierte ich eine halbe Stunde mit Johannes. Das ist zwar
teuer, aber wir reden so selten, da darf das auch mal sein.
Da wir morgen 33 Km
vor uns haben, gingen wir zeitig ins Bett, um ausgeruht und fit zu sein für die
lange Etappe.
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