Dienstag, 12. März 2013

12. März- Villafranca del Bierzo (ca. 32 Km)


Muskelkater!
Das kommt wohl vom rasanten Abstieg gestern. Ich startete morgens allein mit Allan, Hogy brauchte noch ein bisschen Zeit und wollte in einer Bar den Tag mit Cola und Zigarette beginnen. Er wollte uns dann einholen und wir verabredeten, uns spätestens in Ponferrada zu treffen, weil dort der nächste Supermarkt war und wir alle dringend Essen kaufen mussten (gestern war ja Sonntag).
Wir liefen eine Abkürzung, da wir heute so viele Km vor uns hatten und wir auf der längeren Route nichts verpassen würden. Außerdem trieb uns der Hunger schnell nach Ponferrada.
Hogy würde wahrscheinlich den längeren Weg laufen und so hatten wir viel Zeit im Supermarkt. Wir frühstückten auf einem großen Platz, über den Hogy bald zu uns kommen müsste. Nach 40 Minuten war er aber immer noch nicht da. Oder war er doch schon vorbeigelaufen?
Templerburg in Ponferrada
 Wir liefen weiter und weil wir keinen Pfeil sahen, der uns von der Straße schickte, liefen wir weiter. Dummerweise bergauf und in die entgegengesetzte Richtung.
Wir fragten einen Polizisten, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen und als wir den Camino endlich wiedergefunden hatten, war sicher einer halbe Stunde verstrichen. Hogy hatte uns jetzt mit Sicherheit überholt. Wir liefen durch ein paar Vororte und trafen bei einer Pause auf Jonas, Alex und Richard. Richard war ein Spanier mit einer körperlichen und geistigen Behinderung, der nur Spanisch spricht. Er ist ein lustiger Kerl und hat herausgefunden, dass die Pilger immer lachen müssen, wenn er strahlend die Hände in Metalmanier erhebt und dabei "Fuck you!" ruft. Ich bin sicher, dass er keine Ahnung hat, was er da sagt, aber er bekommt Aufmerksamkeit und das scheint ihn immer aufs Neue zu motivieren.
 Wir liefen ein paar Km gemeinsam, vorbei an vielen Schafen mit Lämmern und dann kamen wir zu einer Weinkellerei, in der Pilger für einen Euro Wein und Empanada bekommen konnten. Die Jungs, die übrigens auch nicht wussten, wo Hogy abgeblieben war, kehrten dort ein und Allan und ich liefen weiter, denn wir wollten zwei Dörfer weiter den Gratiswein abholen. Dort muss der Pilger nur ein Sprüchlein aufsagen und bekommt dann ein Gläschen Wein.
Kurz vorher machten wir eine Pause und aßen etwas. Als wir in den Feinkostladen des Landgasthauses kamen, empfing uns eine Frau, die uns fragte, ob wir Wein haben wollen. Allan sagte aber erst den Spruch auf: "Tiene un poquito de Vino para un peregrino muerte de sed, por favor?" ("Haben sie ein bisschen Wein für einen zu Tode durstigen Pilger, bitte?") Die Frau lachte und fragte, ob er aus Deutschland wäre, da normalerweise nur die Deutschen von dem Satz wissen. Ich zeigte mein Buch und sagte den Spruch auf und dann bekamen wir Wein und Empanada, einfach so, kostenlos.

Heute musste ich nach der Hälfte des Weges die Stiefel ausziehen und gegen die Crocs tauschen, weil meine Füße wehtaten. Es ging eine endlos lange Zeit Hügelauf und Hügelab durch die Natur und ich brachte Allan ein bisschen deutsch bei. Es war so lustig und süß, wie er die Worte aussprach und wir haben sehr viel gelacht. Sein Lieblingswort war "Ellenbogen". Er findet, dass Deutsch die coolste Sprache der Welt ist.

Irgendwann kamen wir endlich in Villafranca an. In der Herberge trafen wir auf Nadja. Sie war heute den ganzen Tag allein unterwegs. Annegret muss in Molinaseca pausieren, da ihr Bein geschwollen war und sie Ruhe brauchte.
Nadja hatte heute einen Stalker am Hals. Er war mit seinem Auto immer einige hundert Meter vorausgefahren und hatte auf sie gewartet. Einmal stieg er sogar aus, kam auf sie zu und fasste ihr an die Brust. Sie war so überrascht, dass sie erst einmal nichts sagen konnte und dann war er auch schon wieder weg. Später sah sie den Wagen schon wieder, lief den Weg zurück und wartete, bis sie den Wagen wegfahren sah. Dann lief sie zackig weiter und besorgte sich einen Stock, mit dem sie sich zur Not zur Wehr setzen konnte. Zum Glück hat sie ihn aber nicht noch einmal wiedergesehen.

Allan und ich haben vergessen, rechtzeitig zum Supermarkt zu gehen und hatten morgens nur für das Frühstück eingekauft. Wir mussten unsere Reste zusammenkratzen und morgen gucken, wie wir über die Runden kommen, da wir viele Km vor uns haben und nicht auf die Öffnung des Ladens warten können.
Am Abend machten wir noch einmal unser Salz- Essigfußbad, das mittlerweile überhaupt nicht mehr brennt, und gingen dann, nachdem wir den Herbergshund lange belagert hatten, ins Bett.
Hogy kam übrigens eine Stunde nach uns in der Herberge an, er hatte uns also doch nicht überholt. Er kam mit Jonas und Kim in der Dunkelheit an. 

Netter Herr in Ponferrada

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