Dienstag, 26. Februar 2013

26. Februar- Belorado (ca. 24 Km)


Nachdem Scrat gestern Abend ganz gut am Rotwein genippt hat, lag er heute morgen verkatert auf dem Boden.
Außer Philippe und mir hat keiner der Pilger verstanden, dass die rot- karierte Decke auf den Betten eine TAGESdecke ist, die man runternehmen kann, um an Kissen und Laken zu kommen. Alle hatten sich mit ihren Schlafsäcken daraufgelegt und einer hatte sich getraut, das Kopfkissen rauszuholen.
Da wir die Herberge erst um 9 Uhr verlassen mussten, blieb ich auch bis 8 Uhr liegen und packte danach den Rucksack und checkte meine Finanzen.
Ich versuche, Geld zu sparen und trotzdem nicht großartig auf Dinge zu verzichten, ein bisschen was Gutes muss ich mir ja auch gönnen.
Bisher habe ich knapp 135€ ausgegeben, in 11 Tagen. Dafür, dass mein Pilgerführer sagt, ich solle mit 20-35€ proTag rechnen (manche sagen 1€/ Km), finde ich das ganz gut. Und da sind alle Übernachtungen und die Zugfahrt nach St. Jean mit drin. Ein Teil davon sind ja Lebensmittelkosten, die ich auch zu Hause hätte.

Heute Vormittag bemerkte ich, dass sich die Haut von meiner Nase und dem linken Ohr zu pellen beginnt. Das habe ich auch schon jahrelang nicht mehr gehabt. Rot ist mein Gesicht nicht mehr und ich creme mich ja auch jeden Morgen brav ein. Vor Allem, weil jedes Eincremen bedeutet, dass die Tube leichter wird.
Die erste richtige Pause machte ich heute mit Hogy und Andy (dem Australier) in Redecilla del Camino nach etwa 12 Km Fußmarsch. Wir setzten uns auf die Bänke, die links und rechts neben einer Kirchentür standen und  frühstückten und ich muss sagen, das mit der Schokosauce war eine gute Idee!
Nach gut 10 Minuten kam ein älterer Herr aus dem Haus gegenüber und schloss die Kirche auf. Er winkte uns rein und zeigte uns ein Taufbecken aus dem 12. Jahrhundert, von dem mein Pilgerführer mir bereits erzählt hatte. Den Mann haben wir nicht verstanden, aber er erzählte aufgeregt und wies uns wild gestikulierend an, das Prachtstück endlich zu fotografieren. Da er so stolz auf das Becken war, tat ich ihm den Gefallen und um ihn glücklich zu machen knipste ich auch noch andere Teile der kleinen Kirche.
Jetzt müsst ihr es auch sehen!

Heute haben wir die Rioja verlassen und sind jetzt in Kastilien, wo wir die nächsten Wochen auch bleiben werden. Die Meseta kommt näher… Ich bin ja mal gespannt, ob sich da eine gedankliche Hochphase einstellt, denn bisher lassen geistige Ergüsse und Erleuchtung auf sich warten.
Heute haben wir überall Katzen gesehen, mindestens 12 und eine davon ließ sich auch anfassen. Auf dem Platz in Villamayor, wo wir unsere Siesta hatten, liefen 3 kleine Hunde herum und 2 von ihnen waren total zutraulich und verschmust. Einer hat sich gewälzt und ist ausgeflippt vor Freude, dass ich ausgerechnet ihn streichelte. Wäre er eine Katze, so hätte er geschnurrt, aber Hunde halten ja mehr vom schlabbern und sabbern.
Über unseren Köpfen zogen 10 große Vögel ihre Kreise. Ob es Adler waren? Sie sahen eindrucksvoll aus mit ihren großen Schwingen.
Wir schaukelten auf dem Dorfspielplatz und liefen irgendwann weiter, um die letzten 5,7 Km zu bezwingen. Allan hat heute so große Probleme mit Blasen an den Füßen, dass er schwer humpelte. Ich habe derzeit keine Blasen und Wunden auch nichts am Fuß getaped.
Die ersten 10 Km waren super, da taten meine Füße gar nicht weh. Irgendwann merke ich sie und gegen Ende des Tages wird es unangenehm. Da tun meine Füße dann immer überall weh und zwar so, wie ich es von damals kenne, als ich mit meiner Mama und meiner Schwester in der Stadt Klamotten kaufen war. Nach ein paar Stunden herumlaufen tun einem die Füße weh und wir mussten am Ende immer noch mit in die Handarbeitsabteilung, Wolle und Nähmagazine angucken. Wahnsinnig aufregend für Teenies, denen die Füße wehtun und die zu Burger King wollen- Das war unsere Tradition: Nach einem langen Shoppingtag bei Burger King essen, denn weder wollte Mama kochen, noch wir aufs Essen warten. Und da wir da so selten hingingen, war es für uns immer ein echtes Highlight und ein toller Abschluss der langen Shoppingtour. Ja und so tun meine Füße also jeden Tag auf den letzten Km weh. Unangenehm, aber irgendwie gewöhnt man sich auch ein bisschen daran.
Ich passte mich auf dem letzten Stück Allan an, denn ich wollte ihn nicht allein zur Herberge humpeln lassen und ging auch gern mal etwas gemütlicher. Als wir uns in den Ort geschleppt hatten, saß auf dem PC im Eingangsbereich der Herberge… Ein Scrat!
Eine Nummer größer als mein Scraddy, aber auch etwas hässlicher. Natürlich habe ich die Beiden miteinander Bekanntgemacht und sie haben ein Foto machen lassen. Echte Pilgerfreundschaften gibt es eben nicht nur unter Menschen.

Heute habe ich mitten auf dem Weg einen Handschuh gefunden und mitgenommen. Ich war sicher, dass ihn einer unserer Begleiter verloren hat, denn er lag auf einem staubigen Weg und war weder sandig, noch feucht oder schmutzig. Er konnte noch nicht lange hier liegen. Die Anderen waren zwar der Meinung, dass er bestimmt schon lange da lag, aber was wiegt schon ein Handschuh? Also habe ich ihn eingesteckt, aber viele der anderen Pilger sind in der Herberge am Ortseingang gelandet und wir werden sie wohl erst morgen wieder treffen.
Allan war heute Abend mit Hogy noch in einer Bar zum Fußball gucken, während ich die Zeit fürs Tagebuch schreiben genutzt habe. Im Garten gab es einen Pool, der um diese Zeit natürlich nicht wirklich nutzbar war und ein Gehege mit einigen Kaninchen, wo ich eine Zeitlang gesessen und die Tiere beobachtet habe.
Als die Jungs wiederkamen, haben wir uns noch ein bisschen unterhalten und sind dann schlafen gegangen. Zu Essen gab es übrigens mal wieder Nudeln. 
"Sphinx" in Belorado

Angebliche Km bis Santiago



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