Heute sind wir erst
um 9.10 Uhr losgekommen. Wie jeden Morgen brauchen die Männer etwas länger als
ich, um aus den Federn zu kommen. Ich finde das aber ganz angenehm, so kann ich
mich in Ruhe anziehen und meine Sachen sortieren. Der Rucksack will klug gepackt
werden, damit ich unterwegs nicht viel herumwühlen muss.
Heute gab es ja
Frühstück und da haben wir uns viel Zeit gelassen. Wir haben keine Eile.
Wir müssen nur
ankommen und dafür haben wir den ganzen Tag zur Verfügung. Weil noch kein
Sommer ist, gibt es auch keine Mittagshitze, die uns das Laufen verbietet.
Heute lag ein erstes
Highlight auf dem Weg: Eine Weinkellerei hat für Pilger an ihrem Haus 2 Hähne
angebaut- Aus dem einen kommt Wasser und aus dem Anderen Wein!
Gestern erzählte man
uns, dass man den Wein traditionell aus der Muschel trinken soll und das habe
ich natürlich auch getestet. Ging ganz gut, aber da es noch früh am Tag war,
haben wir uns natürlich nicht betrunken. Allan hatte extra für heute einen Weinschlauch
mitgebracht, in den er einen Liter Wein abfüllte. Das ist eigentlich nicht
erlaubt, man soll nur vor Ort trinken. Aber das kontrolliert keiner. Außer, ihr
schaltet die Webcam ein und kontrolliert die Pilger. Wir haben mindestens eine
halbe Stunde am Brunnen verbracht, Pause gemacht und den Wein genossen.
Dann ging es weiter,
denn Frank hatte uns vor einem Berg gewarnt, der heute kommen sollte und der
steil und hart sei. Schon von Weitem sahen wir die Burgruine von Villamayor de
Monjardin und dachten, dass wir bis auf die Spitze müssten, weil wir anderswo
keinen Ort sehen konnten. Mutig machten wir uns auf den Weg und zur Sicherheit
noch eine Pause, um etwas zu essen. Bevor es wirklich anstrengend wurde (wir
mussten nur 5 Minuten die Gespräche unterbrechen, weil wir nur keuchen statt
reden konnten) waren wir auch schon im Ort und froh, dass wir nicht zur
Aussicht auf dem Berg genötigt wurden.
Der Berg, auf den wir nicht mussten |
Ab jetzt ging es nur
noch mäßig bergauf- und ab. Nach einer Pause an einem Brunnen im Schatten der
Bäume machten wir uns an die letzten 10 Km. Wir liefen durch eine schöne
Landschaft und durch absolute Einsamkeit. Wir sahen nur Hügel mit Wäldern,
Felder, schneebedeckte Berge in der Ferne und die wegweisenden Muscheln. Der
Weg schlängelte sich durch die Landschaft und weil es keinen Schatten gab,
verbrannte ich mir das Gesicht. Da wir gen Westen laufen, verbrenne ich auch
hauptsächlich die linke Gesichtshälfte. Sieht total super aus.
Nach einiger Zeit
kamen wir in Los Arcos an, wo uns Hogy plötzlich entgegenkam. Er hatte an einer
Weggabelung einen anderen Weg gewählt und 2 Km abgekürzt.
Am Ortseingang war
ein Gehege mit einigen Ziegen und Zicklein, wo wir eine gefühlte Ewigkeit
verbrachten, um die Tiere durch den Zaun zu streicheln. Allan ist fast so in
Tiere vernarrt wie ich und wir machen bei jeder Gelegenheit Halt, um Hunde oder
Pferde zu streicheln. Hunde gibt es hier viele, besonders in den Dörfern gibt
es Hunde, die total verschmust sind und einen schon mal ein paar hundert Meter
begleiten. Die Katzen sind leider in der Regel sehr scheu und lassen sich nicht
anfassen.
Ich freute mich
heute besonders auf die Herberge, weil sie von Österreichern geführt werden
soll und so grüßte ich natürlich auf deutsch. Leider konnte keiner der beiden
Hospitaleros mich verstehen, weil die Herberge im Winter von Spaniern geführt
wird. Erst im März wird man hier wieder meine Sprache hören.
Die Spanier sind
aber sehr lustig und nett und reichen uns zur Begrüßung einen Becher heiße
Suppe. Das Haus ist sehr gemütlich, es gibt einen großen Aufenthaltsraum mit
vielen Büchern, Spielen, einem Ofen und vielem mehr. Hier kann man es sich
richtig gutgehen lassen.
Wir duschten,
wuschen die Wäsche von Hand (es gibt nicht immer Waschmaschinen und außerdem
kosten die immer recht viel Geld).
Das Einkaufen gehen
ist in Spanien immer ein kleines Abenteuer, wenn man in Dorfläden muss. Denn
die Besitzer öffnen und schließen die Geschäfte, wie es ihnen gerade passt. Die
Frau eines der Männer war zu Gast und antwortet uns auf die Frage, wann der Laden
öffnet "Um 6. Oder um halb 7. Oder später, das weiß man nicht so
genau."
Der Laden war
relativ teuer und auf Nudeln hatte ich heute keine Lust, so gab es für mich so
etwas wie Milchbrötchen.
Wir verbrachten
einen schönen Abend im Wohnzimmer, René spielte Gitarre, die Jungs waren in
ihre Smartphones versunken (gratis WLAN) und ich musste den PC nutzen, wo ich
für 30 Minuten 1€ zahlen musste. Hätte ich doch bloß ein Smartphone… Hach.
Aber egal, so viel
Lust habe ich ohnehin nicht auf Internet. Ich nutze es nur, um bei Facebook zu
schreiben, wo ich gerade bin und wie es mir hier so ergeht und um mit Johannes
zu chatten.
Die Tage sind sehr
voll, so dass ich kaum hinterherkomme, Tagebuch zu schreiben. Wir sitzen viel
zusammen, unterhalten uns oder liegen faul im Bett. Gestern kam mir der
Gedanke, dass es vielleicht bei all den tollen Spezialprogrammen, die es so für
straffällige und schwierige Jugendliche gibt, eine gute Sache sein könnte, mit
einer kleinen Gruppe zu pilgern. Das ist im Prinzip nur eine Idee- Aber
Potenzial hätte das schon.*
So könnte man den
Jakobsweg mit der Arbeit verbinden. Wenn ich so etwas überhaupt wollte.
Vielleicht will ich auch, wenn ich (endlich) angekommen bin, auch nie wieder
hierher?
Heute gehen wir
etwas früher ins Bett, weil wir morgen um 8 Uhr aufbrechen wollen. Duck muss ja
weiter laufen als wir. Wir Anderen haben beschlossen, dass der Plan, nur bis
nach Viana zu laufen, gut ist und es die beste Art ist, meinen Geburtstag zu
feiern und in Ruhe Logroño zu besichtigen.
Der spanische
Hospitalero hat ein tolles Hobby und Talent: Er verbiegt Draht zu kleinen Figuren und hat mir einen Pilger mit einer Schnecke gebogen. Total cool, was
man so alles machen kann, wenn man kreativ ist und so wurde aus dem Stück Draht in einer Minute
ein kleines Kunstwerk.
*Normalerweise
greife ich ja nicht vor, wenn ich Dinge erst nach der Pilgerreise erfahren
habe, aber es sei gesagt, dass die Idee zwar gut, aber alles Andere als neu
war.
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