Donnerstag, 21. Februar 2013

21. Februar- Los Arcos (ca. 22 Km)


Heute sind wir erst um 9.10 Uhr losgekommen. Wie jeden Morgen brauchen die Männer etwas länger als ich, um aus den Federn zu kommen. Ich finde das aber ganz angenehm, so kann ich mich in Ruhe anziehen und meine Sachen sortieren. Der Rucksack will klug gepackt werden, damit ich unterwegs nicht viel herumwühlen muss.
Heute gab es ja Frühstück und da haben wir uns viel Zeit gelassen. Wir haben keine Eile.
Wir müssen nur ankommen und dafür haben wir den ganzen Tag zur Verfügung. Weil noch kein Sommer ist, gibt es auch keine Mittagshitze, die uns das Laufen verbietet. 

Heute lag ein erstes Highlight auf dem Weg: Eine Weinkellerei hat für Pilger an ihrem Haus 2 Hähne angebaut- Aus dem einen kommt Wasser und aus dem Anderen Wein!
Gestern erzählte man uns, dass man den Wein traditionell aus der Muschel trinken soll und das habe ich natürlich auch getestet. Ging ganz gut, aber da es noch früh am Tag war, haben wir uns natürlich nicht betrunken. Allan hatte extra für heute einen Weinschlauch mitgebracht, in den er einen Liter Wein abfüllte. Das ist eigentlich nicht erlaubt, man soll nur vor Ort trinken. Aber das kontrolliert keiner. Außer, ihr schaltet die Webcam ein und kontrolliert die Pilger. Wir haben mindestens eine halbe Stunde am Brunnen verbracht, Pause gemacht und den Wein genossen.
Dann ging es weiter, denn Frank hatte uns vor einem Berg gewarnt, der heute kommen sollte und der steil und hart sei. Schon von Weitem sahen wir die Burgruine von Villamayor de Monjardin und dachten, dass wir bis auf die Spitze müssten, weil wir anderswo keinen Ort sehen konnten. Mutig machten wir uns auf den Weg und zur Sicherheit noch eine Pause, um etwas zu essen. Bevor es wirklich anstrengend wurde (wir mussten nur 5 Minuten die Gespräche unterbrechen, weil wir nur keuchen statt reden konnten) waren wir auch schon im Ort und froh, dass wir nicht zur Aussicht auf dem Berg genötigt wurden.

Der Berg, auf den wir nicht mussten
Ab jetzt ging es nur noch mäßig bergauf- und ab. Nach einer Pause an einem Brunnen im Schatten der Bäume machten wir uns an die letzten 10 Km. Wir liefen durch eine schöne Landschaft und durch absolute Einsamkeit. Wir sahen nur Hügel mit Wäldern, Felder, schneebedeckte Berge in der Ferne und die wegweisenden Muscheln. Der Weg schlängelte sich durch die Landschaft und weil es keinen Schatten gab, verbrannte ich mir das Gesicht. Da wir gen Westen laufen, verbrenne ich auch hauptsächlich die linke Gesichtshälfte. Sieht total super aus.
Nach einiger Zeit kamen wir in Los Arcos an, wo uns Hogy plötzlich entgegenkam. Er hatte an einer Weggabelung einen anderen Weg gewählt und 2 Km abgekürzt.
Am Ortseingang war ein Gehege mit einigen Ziegen und Zicklein, wo wir eine gefühlte Ewigkeit verbrachten, um die Tiere durch den Zaun zu streicheln. Allan ist fast so in Tiere vernarrt wie ich und wir machen bei jeder Gelegenheit Halt, um Hunde oder Pferde zu streicheln. Hunde gibt es hier viele, besonders in den Dörfern gibt es Hunde, die total verschmust sind und einen schon mal ein paar hundert Meter begleiten. Die Katzen sind leider in der Regel sehr scheu und lassen sich nicht anfassen.

Ich freute mich heute besonders auf die Herberge, weil sie von Österreichern geführt werden soll und so grüßte ich natürlich auf deutsch. Leider konnte keiner der beiden Hospitaleros mich verstehen, weil die Herberge im Winter von Spaniern geführt wird. Erst im März wird man hier wieder meine Sprache hören.
Die Spanier sind aber sehr lustig und nett und reichen uns zur Begrüßung einen Becher heiße Suppe. Das Haus ist sehr gemütlich, es gibt einen großen Aufenthaltsraum mit vielen Büchern, Spielen, einem Ofen und vielem mehr. Hier kann man es sich richtig gutgehen lassen.
Wir duschten, wuschen die Wäsche von Hand (es gibt nicht immer Waschmaschinen und außerdem kosten die immer recht viel Geld).
Das Einkaufen gehen ist in Spanien immer ein kleines Abenteuer, wenn man in Dorfläden muss. Denn die Besitzer öffnen und schließen die Geschäfte, wie es ihnen gerade passt. Die Frau eines der Männer war zu Gast und antwortet uns auf die Frage, wann der Laden öffnet "Um 6. Oder um halb 7. Oder später, das weiß man nicht so genau."
Der Laden war relativ teuer und auf Nudeln hatte ich heute keine Lust, so gab es für mich so etwas wie Milchbrötchen.

Wir verbrachten einen schönen Abend im Wohnzimmer, René spielte Gitarre, die Jungs waren in ihre Smartphones versunken (gratis WLAN) und ich musste den PC nutzen, wo ich für 30 Minuten 1€ zahlen musste. Hätte ich doch bloß ein Smartphone… Hach.
Aber egal, so viel Lust habe ich ohnehin nicht auf Internet. Ich nutze es nur, um bei Facebook zu schreiben, wo ich gerade bin und wie es mir hier so ergeht und um mit Johannes zu chatten.
Die Tage sind sehr voll, so dass ich kaum hinterherkomme, Tagebuch zu schreiben. Wir sitzen viel zusammen, unterhalten uns oder liegen faul im Bett. Gestern kam mir der Gedanke, dass es vielleicht bei all den tollen Spezialprogrammen, die es so für straffällige und schwierige Jugendliche gibt, eine gute Sache sein könnte, mit einer kleinen Gruppe zu pilgern. Das ist im Prinzip nur eine Idee- Aber Potenzial hätte das schon.*
So könnte man den Jakobsweg mit der Arbeit verbinden. Wenn ich so etwas überhaupt wollte. Vielleicht will ich auch, wenn ich (endlich) angekommen bin, auch nie wieder hierher?

Heute gehen wir etwas früher ins Bett, weil wir morgen um 8 Uhr aufbrechen wollen. Duck muss ja weiter laufen als wir. Wir Anderen haben beschlossen, dass der Plan, nur bis nach Viana zu laufen, gut ist und es die beste Art ist, meinen Geburtstag zu feiern und in Ruhe Logroño zu besichtigen.
Der spanische Hospitalero hat ein tolles Hobby und Talent: Er verbiegt Draht zu kleinen Figuren und hat mir einen Pilger mit einer Schnecke gebogen. Total cool, was man so alles machen kann, wenn man kreativ ist und  so wurde aus dem Stück Draht in einer Minute ein kleines Kunstwerk.



*Normalerweise greife ich ja nicht vor, wenn ich Dinge erst nach der Pilgerreise erfahren habe, aber es sei gesagt, dass die Idee zwar gut, aber alles Andere als neu war.




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