Sonntag, 24. August 2014

Tag 89: Utxiat - St.Jean-Pied-de-Port

Donibane Garazi!

Das ist der baskische Name für St.Jean-Pied-de-Port und das bedeutet,  dass wir angekommen sind!
(Ging ganz schön schnell,  oder?!)

Heute morgen brachen wir in aller Herrgottsfrühe auf. Es war noch dunkel und das hatten wir ja eigentlich nicht mehr gewollt, aber wir waren gestern so früh im Bett,  dass wir wach genug waren und wir wollten gern früh am Ziel ankommen, um genug Zeit zum Schuhkauf zu haben. Wir hatten nur etwa 14km vor uns und hofften,  zwischen 11 und 12  Uhr anzukommen.

Wir packten unsere Habseligkeiten im Licht der Taschenlampen und verließen unser Refuge, um die letzten Kilometer nach St.Jean-Pied-de-Port zu laufen.

Wir mussten gleich zu Beginn eine Weide überqueren und die Schafe schauten uns verwundert an, weil es gerade erst dämmerte und jetzt schon Pilger durch ihr Wohnzimmer liefen.

Es hat auch seinen eigenen Reiz, in den Sonnenaufgang hineinzuwandern, aber das Aufstehen und Packen im dunklen liegt uns einfach nicht so.
Die Welt erwachte langsam und der Morgen war neblig und wolkenverhangen. Leider änderte sich das auch nicht mehr und wir hatten keine Sicht auf die Berge,  an deren Füßen wir entlanggelaufen sein müssten.

Wir liefen durch einige kleine Orte- das Baskenland kann sich wirklich sehen lassen- und kamen an mehreren hübschen Kirchen vorbei.

Diese letzten Kilometer vor St.Jean-Pied-de-Port zogen sich und gingen gleichzeitig total schnell vorbei. Wir waren beide auf unsere Weise gespannt und aufgeregt.
Johannes, weil für ihn alles neu ist und für mich, weil ich heute an den Ort kommen würde, an dem vor 2,5 Jahren mein Pilgerweg begann.

Ich freue mich seit Monaten auf diesen Tag.
Ich habe mich schon vor Beginn der Reise darauf gefreut,  nach fast 2000 Kilometern in St.Jean einzulaufen. Ich habe mich auf das alte Tor gefreut und auf die alte Madame Jeanine in der Herberge, auf die Kirche,  auf die Aussicht und auf die Erinnerungen an diesen Ort.

Dass ich das heute hier bin ist nicht selbstverständlich und zwischendurch hat mein Knie es es auch spannend gemacht und offen gelassen, ob ich überhaupt hier ankommen werde. Inzwischen geht es übrigens ganz gut.  Die Wunde vom Sturz ist fast verheilt und die Schmerzen im Knie sind kaum noch nennenswert.

Viele Gedanken und Erinnerungen gingen mir durch den Kopf, als wir auf den Ort zuliefen und als wir (endlich) in St.Jean-Pied-de-Port ankamen und durch das Tor schritten, durch das vor uns schon so viele Pilger vor uns gelaufen waren,  war das ein ganz besonderer Moment.

Wir meldeten uns im Pilgerbüro an, mussten ein bisschen hin- und herüberlegen und ein klein wenig mit den Mitarbeitern diskutieren, wie wir das mit unseren Pilgerausweisen machen. Seit vorgestern ist unser zweiter Ausweis voll, für die Mühle von gestern wollen wir uns selbst einen "Stempel" malen und heute käme dann der Stempel aus St.Jean dazu. Nun haben die uns in Le Puy aber ihren Stempel schon in den Ausweis reingedrückt und mit dem können wir uns auch nach einem Monat nicht anfreunden.
Der Stempel gehört da einfach nicht hin.

Wir hatten uns also mehrere Möglichkeiten überlegt, unser Problem zu lösen und erst waren die Mitarbeiter im Büro gegen den einen Vorschlag, dann ging die andere Idee nicht,  weil die Ausweise von ihnen anders aussehen als die aus le Puy und so weiter.
Im Endeffekt werden wir zwei kopierte Seiten des alten Ausweises in den neuen Ausweis kleben (damit überkleben wir den Le Puy- Stempel) und gewinnen eine Seite,  denn die werden wir vermutlich brauchen.
Nachdem geklärt war,  wohin der St.Jean-Stempel kommt,  bekamen wir einen Platz in der städtischen Herberge zugewiesen, durften aber erst über zwei Stunden später hinein. Die Mitarbeiterin war eine ganz liebe Madame,  die (nachdem sie unser Credentialproblem verstanden hatte) sich noch mit uns unterhielt und erzählte, dass sie und einige der Mitarbeiter heute ihren letzten Tag hatten und sie nach 2 Wochen auch ganz schön ausgepowert ist. In den letzten Tagen sind immer um die 300 Pilger im Büro registriert worden worden,  es verspricht also recht voll zu werden ab morgen.

Wir stellten unsere Rucksäcke im Büro ab und gingen erst einmal einkaufen. Wir mussten ein paar Vorräte besorgen, da es morgen und evtl. übermorgen nicht so viele Möglichkeiten zum Einkaufen gibt. Wir besorgten noch ein Dankeschön für die freiwilligen Mitarbeiter im Pilgerbüro und erkundeten die Schuhgeschäftelage.

Als die Herberge öffnete, gingen wir duschen und machten uns dann auf eine etwa zweistündige erfolglose Suche nach neuen Schuhen. Der Laden,  der schon seit zig Kilometern für sich wirbt hat im Prinzip nur Schuhe von Salomon und die haben mir nicht gepasst.  Ich habe breite Füße und diese Schuhe sind alle recht schmal, das konnte der Verkäufer nicht schönreden, auch wenn er es natürlich versucht hat. Aber wir kauften ihm immerhin den Outdoorreiseführer ab.

Der Sport- und Outdoorladen der Stadt hatte fast nur Schuhe von einer billigen Marke,  die weder einigermaßen passten noch besonders haltbar aussahen. Also mussten wir aufgeben,  denn weder Johannes noch ich konnten Schuhe finden, mit denen wir es versuchen wollten.

Wir besichtigten den Ort ausgiebig und liefen sogar in den Nachbarort, um festzustellen,  dass die Kirche geschlossen war.
Der Ort war unglaublich voll, es waren sehr viele Touristen unterwegs. Pilger sahen wir erst einmal weniger als gedacht.
Auf einer Bank am Fluss genossen wir die Sonne, bis Johannes von einer Wespe gestochen wurde. Einmal in die linke und dann in die rechte Hand,  beim Versuch sie zu verscheuchen. Das arme Tier saß danach völlig geschwächt auf einer Blume und wusste bestimmt nicht,  was gerade genau passiert war.

Am Nachmittag klarte der Himmel etwas auf, aber besonders viel konnte man von den Bergen, die wir morgen überqueren wollen, nicht sehen. Dennoch hatten wir von der Zitadelle des Ortes eine hübsche Aussicht und wunderten uns über den Touristenansturm.

Am Abend gingen wir essen.  Das hatten wir uns ja schon vor einiger Zeit vorgenommen.  Wir gingen in das Restaurant,  das uns von der Mitarbeiterin im Pilgerbüro empfohlen wurde und nachdem wir mehrere Male vor verschlossener Tür standen,  war es irgendwann endlich offen. Plötzlich war es total voll und so bekamen wir nur noch einen Platz auf der Terrasse mit Plastikstühlen und in Windeseile war die Terrasse voller Kunden. Ein junger Kellner hetzte zwischen den Tischen hin und her und ließ sich deutlich anmerken, dass er überfordert und gestresst war.
Das Essen war nicht besonders aufregend, erwähnens- und lobenswert ist lediglich das leckere Mousse au chocolat, davon hätten wir uns gern noch einige Portionen einpacken lassen.

Es ist unglaublich,  dass wir es bereits bis hierher geschafft haben!
Morgen werden wir offiziell Spanien erreichen (inoffiziell bleiben wir erst noch im Baskenland).

Es ist wirklich nicht mehr weit bis zum Ziel.

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