Samstag, 24. Mai 2014

Tag 10: Engelgau - Waldorf

Wir haben unser erstes kleines Camino- Wunder erlebt!
Heute morgen haben wir gemütlich in unserer Ferienwohnung gefrühstückt und sind dann in den Regen aufgebrochen. Die ersten zwei Stunden plätscherte es ein bisschen, aber dann klarte der Himmel immer mehr auf. Wirklich warm wurde es zwar nicht, dafür aber windig.
In einer kleinen Kapelle im Wald, gleich hinter unserem Übernachtungsort, holten wir uns unseren Stempel für den Ausweis.
Im Gästebuch lasen wir von zwei Pilgerinnen, die vor uns laufen. Ob wir die noch kennenlernen werden? Wir trugen uns auch ein, damit die Pilger, die hinter uns laufen (sofern es welche gibt) von uns erfahren.
Danach ging es lange durch die Natur, bis wir Blankenheim erreichten.
Dort kauften wir in der Bäckerei Brot, Aufschnitt, Cola und süßes Gebäck. Morgen sind die Geschäfte geschlossen und wir müssen bis Montag damit auskommen. Im Ort machten wir dann eine Pause und 2 belgische (?) Paare standen minutenlang um ein Pilgerhinweisteil herum und diskutierten irgendetwas. Als sie weitergehen wollten sahen sie uns auf der Bank sitzen, zeigten auf das Teil, auf uns und wieder auf das Teil. Sichtlich überrascht, gleich Pilger zu entdecken. Wir haben uns auch noch kurz mit ihnen unterhalten.
In unserer Planung für die Übernachtung waren wir noch nicht weiter, deswegen fragten wir in der Touristeninfo nach Unterkünften und Campingplätzen in der Gegend, in der wir heute enden wollten und bekamen nur die Adressen von zwei Ferienwohnungen mit, die uns jedoch zu teuer waren. Uns wurde aber zugesichert, dass die Menschen in Waldorf alle ganz nett (und miteinander verwandt) sein sollen. Das würden wir schon was finden.
Durch den Schlenker über die Bäckerei haben wir uns den hohen und steilen Aufstieg zur Burg im Ort gespart und haben ihn auch nicht nachgeholt, weil wir dort wohl nichts (abgesehen von Schweißperlen) verpassten: Die Burg ist heute eine Jugendherberge und von einer tollen Aussicht hätte uns der Führer berichtet.
Hinter Blankenheim haben wir uns dann versehentlich gleich vor dem zweiten Aufstieg gedrückt, da wir eine Abzweigung verpasst haben (die Beschilderung ist hier zwar besser als bis Bonn, aber bei Weitem nicht lückenlos) und dann einen Kilometer später ohne Anstieg wieder auf dem richtigen Weg landeten.
Wir haben heute wieder viele Pferde gesehen und einige davon waren ganz neugierig und ließen sich anfassen. Die Tiere haben hier riesige Flächen zum austoben, richtig schön.
Weiter ging es über Feldwege und an der Landstraße entlang nach Waldorf und unsere Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit begann. Zuerst besuchten wir die kleine Kirche und versuchten, den Pfarrer zu erreichen. Der ging aber nicht ans Telefon. Danach nahmen wir uns vor, bei der Ferienwohnung anzufragen, ob wir im Garten zelten dürften und wenn das nicht ginge wollten wir erfragen, an wen wir uns wenden konnten.
Wir hatten großes Glück: Die Frau war zu Hause, was nicht selbstverständlich war und dann erlaubte sie uns auch sofort, in ihrem Garten zu zelten. Im Gespräch ergab es sich dann, dass sie uns die Ferienwohnung für nur 15€ anbot- Also für uns beide zusammen! Wenn wir in den Schlafsäcken schlafen würden. Da haben wir nicht lang gezögert und zugesagt.
Was wir nicht wussten: Die Ferienwohnung ist riesig. 80qm groß, ein riesiges Bad, Wohnzimmer, Küche, und und und. Normalerweise machen hier ganze Familien Urlaub. Und normalerweise vermietet sie die Wohnung auch nicht nur für eine Nacht.
Wir sind Glückskinder!
Als wir uns eingerichtet hatten, meinte ich zu Johannes, dass hier ja locker noch ein paar Pilger Platz hätten und dass es so schön wäre, wenn noch welche kommen würden. Da aber kein Pilger in einem solchen Haus mit uns rechnen würde, müsste man sich eigentlich auf den Balkon setzen, der zum Pilgerweg rausführt. Aber dazu war es heute zu kalt und zu windig.
Also sagte ich, dass ich jetzt immer an Fenster gucken würde. Habe ich aber natürlich nicht. Wir haben zu Abend gegessen und den Fernseher angeschaltet. Als gerade Werbung war, wollte ich etwas zu trinken holen (und jetzt kommt endlich das kleine Wunder) und ging vorher an der Balkontür vorbei und in dem Moment-kein Scherz!- lief eine Pilgerin vorbei.
Ich bin natürlich sofort auf den Balkon gegangen und habe sie gerufen und gefragt, ob sie nicht ein Nachtlager sucht. Es war inzwischen auch nach 19.30 Uhr, also wurde es langsam Zeit.
Und jaa, sie suchte! Da sie ohne Geld pilgert und zeltet, hätte sie noch etwa 5 km laufen müssen, bis sie den Wald erreicht hätte. Und eigentlich war sie fertig und wollte nicht mehr.
Die Hausbesitzerin erlaubte ihr, kostenlos im Garten zu zelten und auch, dass sie noch mit zu uns nach oben kam.
Ich war und bin ganz aus dem Häuschen. Sowas ist doch kein Zufall!
Wir leihten unserer ersten Pilgerbekanntschaft unsere Isomatten und sie wird heute wie auf Wolken schlafen, da sie selbst nur eine dünne Alumatte dabei hat.
Wir setzten uns in unser Wohnzimmer und unterhielten uns. Auf dem Balkon bemerkte ich einen bedröppelten Vogel (Amsel? Star?), der nicht wegfliegen konnte und schwer atmete.
Wir stellten ihm Wasser hin (einfach, um etwas zu tun) und ließen ihn erst mal in Ruhe. Vielleicht war er gegen die Scheibe geflogen und musste sich erst wieder sammeln?
Als ich nach einer Stunde noch mal auf den Balkon gehen wollte, flog er aber glücklicherweise weg. Wir hatten schon Angst, dass ihm ernsthaft etwas passiert war.
Da die Hausbesitzerin keinen eigenen Stempel für unseren Ausweis hat, organisierte sie extra für uns, dass der Stempel des Kirchenkreises hierhergefahren wurde. Wahnsinn, oder?!
Was für ein Tag!

1 Kommentar:

  1. Was für ein Tag! Schöne Erlebnisse! Und am Rande ein netter kleiner Verschreiber: "Dort kauften wir in der Bäckerei Brot, Ausschnitt, ..."
    ;-)) Weiterhin einen guten Weg!

    SanchoPansa

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