Montag, 26. Mai 2014

Tag 12: Wald- Nimsreuland

Heute morgen war ich früh wach. Erst konnte ich nicht schlafen, weil ich starke Schmerzen im linken Knie hatte und dann war die Nacht relativ warm und dann von ich irgendwie dauernd aufgewacht.
Gegen 7 Uhr standen wir auf und packten unsere Sachen.
Leider wurden wir dabei von einem leichten Nieselregen begleitet.
Also packten wir zügig, warfen uns die Ponchos über und starteten in einen neuen Pilgertag.
Nach etwa 7 km erreichten wir Prüm. Im Krankenhaus fragten wir in der Küche, ob sie noch etwas zu essen vom Frühstück übrig hätten. Sie hatten nicht nur das, sondern auch ein großes Herz für Pilger.
Alle Mitarbeiter grüßten uns, fragten ob wir noch etwas brauchen würden und interessierten sich für uns.
Der Vater einer Frau ist den Weg im letzten Jahr gepilgert und seine Tochter erzählte begeistert davon.
Wir bekamen Brote, Butter, Ausschnitt und Äpfel und Birnen.
Auch Kaffee und Tee wurden uns angeboten. WOW!
Wir zogen glücklich mit frischen Broten in der Hand los, um uns auf den folgenden Kilometern dauernd zu verlaufen.
Von dem tiefen Krater, den eine Explosion hinterlassen hat, sahen wir somit auch nichts.
In einem großen Bogen liefen wir in den Ort hinein und machten Stopp an der Jugendherberge, um unsere Telefone aufzutanken.
Wir durften uns setzen und versuchten, eine Unterkunft für die Nacht zu organisieren. Zuerst riefen wir einen Herren aus der Prümer Baptistengemeinde an, der mich aber unfreundlich abwimmelte. Mehr Glück hatten wir im Pfarramt der Katholiken. Die Frau am Telefon gab uns die Telefonnummer des Bürgermeisters von Nimsreuland (unser angestrebtes Etappenziel) und wenn der uns nicht weiterhelfen könne, würde sie sich darum kümmern, dass wir einen Ort vorher im Gemeindehaus unterkommen.
Den Bürgermeister erreichten wir leider nicht und machten erst einmal die Betten für morgen klar.
Nachdem die Akkus wieder ein bisschen voller waren, liefen wir ins Zentrum. Auf dem Weg hielt ein Auto an, der Fahrer lachte uns an und rief "Weit seid ihr ja noch nicht gekommen!"
Wir hatten ihn gestern Abend im Wald getroffen und er hatte und natürlich gleich wiedererkannt.
Wir besuchten die Kirche und holten uns den Stempel für den gestrigen Tag ab. Bevor wir uns an den steilen Aufstieg machten, gingen wir noch einkaufen und füllten unsere Vorräte ein klein wenig auf. Brot wollten weit ein paar Orte weiter besorgen. Oben auf dem Berg versuchten wir noch einmal, den Bürgermeister zu erreichen und hatten Glück: Er bot uns direkt das Dorfgemeinschaftshaus an, in dem wir gern schlafen könnten. Duschen gebe es zwar nicht, aber Waschbecken und eine Küche. Wir waren begeistert, denn mehr brauchen wir ja nicht.
Von dem Dorf trennten und jedoch noch einige Stunden Fußmarsch. Der Weg führte uns durch die Schönecker Schweiz, in der unglaublich viel Bärlauch wuchs. Sehr viel. Er war überall.
Daniela sammelte einiges für unseren Salat ein.
Wir wanderten lange an einem Flüsschen entlang und durch einen hübschen wilden Wald. Dieser Abschnitt war wirklich ein Genuss.
In Schönecken liefen wir an einem Haus vorbei, dass ein echter Lost place ist: Die Fenster waren völlig verschmutzt, es sah unbewohnt aus und die Tür war offen. Wir wagten einen Blick hinein und sahen eine verwüstete Wohnung. Überall lagen Sachen herum, alles hatte einen grauen Staubüberzug und wir wussten nicht, ob wir in einer Wohnung oder einem alten Geschäft standen, denn es lagen überall Farbtöpfchen und Bilder mit D-Mark-Preisschildern verstreut.
Es waren viele bemalte Kacheln mit Pferden drauf und die sahen echt gut aus.
Als ich hundert Meter weiter in der Tankstelle auf Toilette ging (hier ist das wohl beste Tankstellenklo Deutschlands), fragte ich in die Runde, ob jemand etwas über dieses Haus wisse. Ein Kunde erzählte, dass in der Wohnung ein alter Mann gelebt habe, der viel gemalt und gebastelt hat. Irgendwann vor 10-15 Jahren ist der Mann verstorben und weil sich kein Interessent für die Wohnung fand, kümmerte sich auch niemand darum.
Nachdem Johannes sich die Burg angeschaut hat, liefen wir zum Geschäft, um Brot zu kaufen.
Daniela fragte vorher in einer Bäckerei, kann aber erfolglos wieder.
Im Edeka entdeckte ich eine weitere Bäckerei und fragte, ob sie Brot hätten, das heute Abend weggeworfen würde. Die Verkäuferin verneinte. Sie hätten nur noch Brötchen, aber die lägen schon zum reduzierten Preis aus. Kurz danach kam eine andere Verkäuferin und drückte uns eine der Brötchentüten in die Hand. Wir kauften noch etwas Schokolade und versuchten dann, wieder auf den Jakobsweg zu finden. Den hatten wir verlassen um zum Laden zu kommen, der Führer schweigt aber über Wege zu Geschäften. Wer Hunger hat, muss den Weg allein finden.
Ich fragte drei Männer, die auf der anderen Straßenseite saßen und die konnten und helfen. Sie wollten ein bisschen was über unsere Reise wissen und Willi hätte uns gern zum Essen eingeladen, aber weil er noch im Dienst war, ging das nicht. Also schenkte er uns 10€ mit der Bitte, in Santiago für ihn zu beten. Zwar sagte er das mit einem "etwas Spaß muss sein", aber er gab mir auch seine Visitenkarte mit, damit ich mich an seinen Namen erinnere.
Als wir die letzten Kilometer des Tages antraten, ging es noch mal ordentlich bergauf und plötzlich erinnerte sich die Sonne daran, dass sie ja auch scheinen kann. Das tat sie dann so voller Inbrunst, dass wie anhalten und unsere Pullis ausziehen mussten.
Etwa 2,5 km vor dem Ziel riss der Riemen von Danielas Wandersandale und wir drosselten unser Tempo. Im Ort angekommen liefen wir zum Dorfgemeinschaftshaus, in dem gerade umgebaut wird. Dadurch waren einige Dorfbewohner da, um uns zu empfangen.
Alle waren sehr freundlich und locker drauf. Wir durften drinnen schlafen oder auf der Wiese zelten. Wir entschieden uns für drinnen.
Da es nur einen harten Kachelboden, aber weiche Stühle gab, schob ich dir Stühle aneinander und baute mir daraus ein Bett. Wir wuschen unsere Kleidung und hingen sie an Karussell zum trocknen auf. Daniela zauberte zum Abendessen einen leckeren Salat aus Eisbergsalat, Bärlauch, Gurken, Tomaten und Spargel. Sie hatte nur Meersalz zur Verfügung, nutzte aber noch unsere Nüsse mit Honig-Salz-Würzung und das ergab ein echt gutes Dressing.
Wir genossen unser Mahl im Garten und unser Glück.
Ein Nachbarskind spielte die ganze Zeit im Garten mit einigen Spielgeräten und brachte uns zwei kleine Molche aus seinem Gartenteich, die wir lange beobachteten und auf die Hand nehmen durften. Als die Kinder ins Bett mussten, bekam Daniela von der Mutter noch eine aufblasbare Matte für die Nacht.
Später saßen wir vor dem Haus am Tisch und als die Männer Feierabend machten, setzte sich einer noch zu uns und wir unterhielten uns. Er verabschiedete sich und ich ging mich am Waschbecken waschen. In der Zwischenzeit brachte der Mann Rhabarberkuchen, 3 Tafeln Schokolade und 3 Äpfel vorbei.
Was werden wir gut versorgt!

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